Regie: Sofia Bohdanowicz und Deragh Campbell
Original-Titel: MS Slavic 7
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Drama
IMDB-Link: MS Slavic 7
MS Slavic 7: Was nach einem ausgemustertem Ausflugsschiff der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft klingt, ist in Wahrheit jenes Verzeichnis, unter dem sich in einer Bibliothek der Harvard Universität der Briefverkehr zwischen den polnisch-stämmigen Dichtern Zofia Bohdanowiczowa und Józef Wittlin befindet. Und ja, ihr könnt die beiden googeln – die gab es wirklich. Bohdanowiczowa lebte im Exil in Toronto, Wittlin in New York. Und beide waren einander sehr zugeneigt. Jahrzehnte später wühlt sich Audrey (Deragh Campbell), eine Enkeltochter der Dichterin, durch das Archiv und den Briefnachlass. Warum sie das tut, wird nicht wirklich ausreichend erklärt. Die eigene Familie und Vergangenheit zu verstehen, ist aber sicherlich ein wichtiger Grund. Überhaupt wirkt die junge Frau eher verschlossen und abgewandt von der Welt. Beim Versuch, in einem Interview ihre Gedanken zu den Briefen (die für sie zunächst einmal vom Inhalt losgelöste Objekte sind) mitzuteilen, gerät sie ins Stocken. Sie sucht nach Worten und Formulierungen, findet sie aber nicht. Irgendwann muss sie beschämt abbrechen und wischt die Stille mit einem kräftigen Schluck Bier weg. Erst der Mann, der die Briefe und Gedichte ihrer Großmutter vom Polnischen ins Englische übersetzt hat, ermöglicht ihr eine Interaktion auf Augenhöhe. Das Interessanteste an „MS Slavic 7“ ist das Verweben von biografischem Material mit Fiktion. Denn Zofia Bohdanowiczowa war die Großmutter von Sofia Bohdanowicz, die diesen Film gedreht hat. Die Briefe gibt es wirklich, und man kann davon ausgehen, dass sich Sofia Bohdanowicz, so wie auch ihre Audrey im Film, durch das Archiv gewühlt hat und diese Gedanken formuliert hat, die sie nun Deragh Campbell in der Rolle der Audrey sprechen lässt. Die Vermischung von dokumentarischem Anstrich und dem Spielfilm geht so weit, dass die Szene, in der Audrey auf einer Familienfeier teilnimmt, nicht gestellt ist. Vielmehr tanzt da Sofia Bohdanowicz‘ Familie fröhlich durchs Bild, diese Feier fand tatsächlich statt. Doch so authentisch der Film damit wirkt, gut wird er dadurch noch nicht. Zu beliebig wirken viele Szenen, zu wenig zwingend, und auch dass man Audrey nicht wirklich näher kommt, trägt nicht zum Genuss bei. Am Ende denkt man sich: „So what?“ Immerhin dauert das ganze Drama gerade mal eine Stunde. Schnell gesehen und schnell wieder vergessen.
4,0
von 10 Kürbissen
(Foto: Lisa Pictures)
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