Regie: Cristina Gallego und Ciro Guerra
Original-Titel: Pájaros de verano
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Drama, Krimi, Thriller
IMDB-Link: Pájaros de verano
Gewalt erzeugt Gegengewalt. Actio = reactio. Man kennt das. Aber zunächst mal beginnt alles mit der Liebe. Einem Tanz. Dem Werben um die schöne Braut. Rapayet (José Acosta) vom indigenen Volk der Wayuu in Kolumbien bringt die geforderten 30 Ziegen, die Rinder, die Halsketten, und er bekommt dafür die schöne Zaida (Natalia Reyes) zur Frau. Ermöglicht wurde ihm dies durch ein im Jahr 1968 noch neues und sehr erträgliches Geschäft – nämlich jenes mit Marihuana, das gewinnbringend an die Gringos des Nordens verkauft wird. Und dieses Geschäft läuft sehr erfolgreich weiter und wird größer. Erste Komplikationen treten auf, als sich der Freund und Geschäftspartner Moisés (Jhon Narváez) als unberechenbar und gewalttätig herausstellt. Aber Drogenhandel ist schließlich kein Kindergeburtstag. Da wird selbst die Mutter der Braut, Úrsula (Carmina Martínez mit einer wundervoll ambivalenten Darstellung), zur pragmatischen Geschäftsfrau. Es ist allerdings schwer, in einer Welt, die von Kugeln und weniger von Regeln und Moral bestimmt wird, die Tradition des Volkes beizubehalten. Und wie das Geschäft größer wird, vergrößern sich auch die Probleme, bis die Situation schließlich eskaliert. „Birds of Passage – Das grüne Gold der Wayuu“ (den Zusatz hätte es echt nicht gebraucht) beginnt durchaus gemächlich, weiß aber mit jedem neuen Kapitel, das Tempo anzuziehen. Und die Gewaltspirale beginnt sich zu drehen. Begleitet ist diese Fahrt ins dunkle Herz des Drogenhandels von wunderschönen, surrealistisch anmutenden Bildern. Optisch kommt der Film nicht ganz an Ciro Guerras Vorgänger-Film „Der Schamane und die Schlange“ (nominiert für einen Oscar als bester fremdsprachiger Film) heran, bietet aber durchaus genug fürs Auge. Hier wird wortwörtlich in Schönheit gestorben, was die Gewalt nicht weniger drastisch macht. Überhaupt interessant: Die Gewalthandlung selbst wird oft nur indirekt gezeigt, die Auswirkungen der Gewalt hingegen dann jedoch klar und deutlich. In dieser Hinsicht erinnert der Film an Lynne Ramsays großartiges You Were Never Really Here aus dem Vorjahr, auch wenn „Birds of Passage“ weniger konsequent ist. Ein weiterer spannender Aspekt des Films ist, dass er sich weniger auf den Drogenhandel selbst konzentriert (der für Rapayet nur ein Mittel zum Zweck ist), sondern vielmehr auf die Auswirkungen dieser modernen, kriminellen Welt auf das Wertesystem der Wayuu. Und die sehen gar nicht gut aus. Der Film dafür schon. Daher gibt es eine klare Empfehlung von mir – allerdings mit dem Warnhinweis, dass man für die erste halbe Stunde schon Geduld aufbringen muss, da es der Film zu Beginn wirklich sehr gemütlich angeht.
7,5
von 10 Kürbissen
(Foto: Polyfilm Verleih)
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