Regie: Angela Schanelec
Original-Titel: Marseille
Erscheinungsjahr: 2004
Genre: Drama
IMDB-Link: Marseille
Die Berliner Schule. Zusammengefasst kann man die so beschreiben: Menschen gehen in Bars oder stehen am Fenster, schweigen sich minutenlang an, um dann einen höchst philosophischen Satz von sich zu geben, der von ihrem Gegenüber (in der Bar oder auf dem Nachbarbalkon) eine vielsagende Replik erfährt. Dann wird wieder geschwiegen, und gelegentlich rauscht der Wind durch die Blätter. Am Ende fährt jemand mit dem Auto. Angela Schanelec ist im besten wie im schlimmsten Sinne eine würdige Vertreterin dieser Filmströmung. Mal funktioniert das Konzept für mich (siehe Orly), mal nicht (siehe Mein langsames Leben). „Marseille“ aus dem Jahr 2004 gehört zu den Filmen, die mich interessiert haben und mein Interesse halten konnte, auch wenn 1,5 Stunden lang nichts passiert. Die Berliner Fotografin Sophie (Maren Eggert) fährt für zwei Wochen nach Marseille, weil sie mit einer Marseillerin die Wohnung getauscht hat. Sie trifft auf den charmanten Mechaniker Pierre (Alexis Loret) und spaziert durch die Stadt. Eine bloße Existenz ohne Verpflichtungen, aber auch ohne Antrieb. Schnitt. Zurück in Berlin schlägt sie sich mit dem Alltag herum, mit den Beziehungsproblemen ihrer besten Freundin (Marie-Lou Sellem) mit ihrem Freund (Devid Striesow). Der Alltag besteht aus Missverständnissen und Nichtigkeiten. Eine Sehnsucht schleicht sich auf leisen Füßen in die Szenerie. Und das wäre dann auch schon der ganze Film. Inszeniert ist das alles – wie für Schanelec üblich – in den Dialogen höchst artifiziell. Das Leben als Theater. Wenn man sich darauf einlassen kann, entdeckt man in den Zwischenräumen das, worauf Angela Schanelec (vielleicht) hinauswollte: Die Schwierigkeit, Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen und diesen zu halten, denn überall lauert das Missverständnis, die Nichtigkeit, der Alltag eben. Wenn man sich aber nicht darauf einlassen kann, wird so ein Film allerdings zu einer extrem mühsamen Angelegenheit.
6,0
von 10 Kürbissen
(Foto: Viennale)
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