Filmreisechallenge 2018

Filmreisechallenge 2018 – Alle Reiseziele, alle Filme

Das Jahr 2018 ist vorbei, und auch die Filmreisechallenge. 70 cineastische Destinationen wurden bereist und beschrieben. Hat Spaß gemacht! Gebucht wurde der Abenteuerurlaub, also die etwas anspruchsvollere Reise als der Pauschalurlaub. Meinen ersten Film der Filmreisechallenge habe ich am 8. Jänner gesehen, meinen letzten am 29. Dezember. Und hier sind sie nun, die 70 Destinationen:

Weltreise

1. Ein Film aus Australien oder Neuseeland: Das Piano (Neuseeland)
2. Ein Film aus einem südamerikanischen Land: The Bed (Chile)
3. Ein Film aus Fernost: Girls Always Happy (China)
4. Ein Film aus Südostasien: The Woman Who Left (Philippinen)
5. Ein Film aus dem Orient: Schwein (Iran)
6. Zwei afrikanische Filme (1): Maki’la (DR Kongo)
7. Zwei afrikanische Filme (2): The Wedding Party (Nigeria)
8. Ein Film aus Skandinavien: Gordon und Buffy (Schweden)
9. Ein Film aus Südeuropa: Meine Tochter (Italien)
10. Ein Film aus Osteuropa: November (Estland)

Zeitreise

11. Amerikanischer Stummfilm der 20er: The Blot
12. Film des deutschen Expressionismus der 20er: Das Cabinet des Dr. Caligari
13. Propagandafilm der 30er: Triumph des Willens
14. Hollywoodstudio-Großproduktion der 30er: Robin Hood, König der Vagabunden
15. Italienischer Neorealismus der 40er: Paisà
16. Film Noir der 40er: Briefe aus dem Jenseits
17. Deutscher Heimatfilm der 50er: Die Geierwally
18. Low Budget-B-Movie der 50er: Tarantula
19. Italowestern der 60er: Leichen pflastern seinen Weg
20. Film der europäischen „Neuen Welle“ der 60er: Mittwoch zwischen 5 und 7
21. Film des „Neuen Deutschen Films“ der 70er: Unter dem Pflaster ist der Strand
22. Ein Giallo der 70er: Der Killer von Wien

Fantasiereise

23. Zwei Filme, die auf fremden Planeten oder im All spielen (1): Ederlezi Rising
24. Zwei Filme, die auf fremden Planeten oder im All spielen (2): Der Wüstenplanet
25. Ein Film, in dem Träume ein zentrales Thema sind: Körper und Seele
26. Drei Filme, die in einer fernen Zukunft spielen (1): Mad Max
27. Drei Filme, die in einer fernen Zukunft spielen (2): Mad Max II – Der Vollstrecker
28. Drei Filme, die in einer fernen Zukunft spielen (3): Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel
29. Zwei Filme, die in einer Fantasiewelt spielen (1): Die Abenteuer des Prinzen Achmed
30. Zwei Filme, die in einer Fantasiewelt spielen (2): Das wandelnde Schloss

Aktivurlaub

31. Ein Film zum Thema Motorsport: Le Mans
32. Ein Film zum Thema Extremsport: Meru
33. Zwei Filme, in denen es um Teamsportarten geht (1): City of McFarland
34. Zwei Filme, in denen es um Teamsportarten geht (2): Back in the Game
35. Zwei Kampfsportfilme (1): Karate Kid
36. Zwei Kampfsportfilme (2): Ong-Bak
37. Zwei Filme über Einzelsportler/innen (keine Dokus) (1): Rocky
38. Zwei Filme über Einzelsportler/innen (keine Dokus) (2): The Rider
39. Ein Film, in dem hauptsächlich gewandert wird: Saint Jacques … Pilgern auf Französisch
40. Ein Film, in dem es um Wintersport geht: Eddie the Eagle – Alles ist möglich

Konzertreise

41. Oscar-Gewinner aus dem 21. Jh. für  beste Filmmusik: Frida
42. Oscar-Gewinner 1950-1999 für beste Filmmusik: Yentl
43. Oscar-Gewinner 1900-1949 für beste Filmmusik: Ringo
44. Zwei Musikverfilmungen (Musical, Oper) (1): Greatest Showman
45. Zwei Musikverfilmungen (Musical, Oper) (2): Mamma Mia!
46. Zwei Filme, in denen es ums Tanzen geht (1): Dance, Girl, Dance
47. Zwei Filme, in denen es ums Tanzen geht (2): Die roten Schuhe
48. Drei Filme über Musiker/Bands (keine Biopics) (1): Leningrad Cowboys Go America
49. Drei Filme über Musiker/Bands (keine Biopics) (2): A Star is Born
50. Drei Filme über Musiker/Bands (keine Biopics) (3): Vox Lux

Bildungsreise

51. Zwei Filme, in denen es um ein historisches Ereignis geht (1): Die dunkelste Stunde
52. Zwei Filme, in denen es um ein historisches Ereignis geht (2): Selma
53. Zwei Dokumentationsfilme zu zwei Themen (1): Infinite Football
54. Zwei Dokumentationsfilme zu zwei Themen (2): Draußen
55. Zwei Biopics über männliche Personen (1): Don’t worry, weglaufen geht nicht (über John Callahan)
56. Zwei Biopics über männliche Personen (2): Angelo (über Angelo Soliman)
57. Zwei Biopics über weibliche Personen (1): 3 Tage in Quibéron (über Romy Schneider)
58. Zwei Biopics über weibliche Personen (2): I, Tonya (über Tonya Harding)
59. Zwei Filme in einer dir fremden Sprache (1): Teheran Tabu (Persisch)
60. Zwei Filme in einer dir fremden Sprache (2): Hemel (Niederländisch)

Kunst- und Kulturreise

61. Verfilmung eines Stücks von Shakespeare: Ein Sommernachtstraum
62. Verfilmung eines internationalen postmodernen Dramas: Das Mörderspiel
63. Comic-Verfilmung: Black Panther
64. Manga-Verfilmung: Inuyashiki
65. Verfilmung eines britischen viktorianischen Romans: Wuthering Heights – Emily Brontës Sturmhöhe
66. Verfilmung eines Werks der deutschen Klassik/Romantik: Faust – Eine deutsche Volkssage
67. Ein Film, in dem es ums Essen/Kochen geht: Julie & Julia
68. Ein Film, in dem es um einen Film geht: The Disaster Artist
69. Ein Film, in dem es um bildende Kunst/Künstler geht: Loving Vincent
70. Ein Experimentalfilm: Manifesto

Leichen pflastern seinen Weg (1968)

Regie: Sergio Corbucci
Original-Titel: Il grande silenzio
Erscheinungsjahr: 1968
Genre: Western, Drama
IMDB-Link: Il grande silenzio


Vergesst Simmering gegen Kapfenberg. Kinski gegen Trintignant – das ist Brutalität! Inszeniert von Sergio Corbucci prallen die beiden schauspielerischen Schwergewichte in der eisigen Winterlandschaft in Utah aufeinander. Es sind harte Zeiten im Wilden Westen. Viele haben keine Arbeit und müssen sich daher als Banditen durchschlagen. Das wiederum bringt ruchlose Kopfgeldjäger auf den Plan, die armen Kerle wie räudige Hunde niederzuschießen. Vor allem Loco (Klaus Kinski) ist einer, dem nichts heilig ist. Überall im Schnee hat er Leichen konserviert, die er mit der Postkutsche ins nächste Örtchen Snow Hill bringt. Das schmeckt dem dortigen Sheriff zwar nicht, aber Gesetz ist Gesetz. Doch wenn schon dem Gesetz die Hände gebunden sind, muss halt einer eingreifen, der schnell ziehen kann. Und das ist der stumme Silence (Jean-Louis Trintignant), Rächer der ungerecht Behandelten. Sein Clou: Die bösen Jungs provozieren, bis sie ziehen, und sie dann über den Haufen knallen. Denn das ist vor dem Gesetz Notwehr. Das weiß auch Loco, und so entspinnt sich ein Psychospiel, als die Witwe eines durch Locos Hand Verblichenen Silence um Hilfe bittet. Und die Dinge werden allmählich persönlich. Lange Zeit war „Leichen pflastern seinen Weg“ für mich auf dem Weg zu einem durchschnittlichen, soliden Western-Beitrag mit manchmal etwas unbeholfenen Dialogen, aber insgesamt eben ganz gut gemacht. Dann kam das Ende. Und das Verständnis dafür, warum „Leichen pflastern seinen Weg“ heute zu den ganz großen Klassikern des Italo-Western, vielleicht sogar des Western-Genres insgesamt zählt. Der Weg dahin ist mitunter ein bisschen mühsam, aber er lohnt sich – denn am Ende sieht man etwas, was man selten sieht. Und mehr möchte ich eigentlich gar nicht verraten, denn jedes Wort mehr würde dem Film seine Kraft nehmen.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 19 Teil meiner Filmreisechallenge 2018 – und insgesamt auch der letzte Film meiner Reise. Mehr darüber hier.)


7,5
von 10 Kürbissen

Teheran Tabu (2017)

Regie: Ali Soozandeh
Original-Titel: Tehran Taboo
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Drama, Animation
IMDB-Link: Tehran Taboo


Es ist schon eine Weile her, dass ich „Teheran Tabu“ gesehen habe. Trotzdem ist er noch sehr präsent, und immer wieder denke ich über den Film nach. Das ist schon mal ein untrügliches Qualitätsmerkmal, und so wird es auch Zeit, dem Film auch hier ein paar Zeilen zu widmen. „Teheran Tabu“ ist tatsächlich eine außergewöhnliche Erfahrung. So wurde er in einer Mischung aus Motion Capture und Rotoskopie gedreht. Rotoskopie ist das Nachzeichen/Nach-Animieren von real gedrehten Filmszenen. Auf diese Weise wird ein hoher Grad an Realismus erzielt bei gleichzeitiger Verfremdung durch die Animation. Aber das allein macht den Film nicht aus. Denn die interessanteste technische Umsetzung allein trägt einen Film nicht, wenn der Inhalt nicht überzeugen kann. Doch gerade damit kann „Teheran Tabu“ punkten. Ali Soozandeh zeigt auf, wie das repressive politisch-gesellschaftliche Leben im modernen Teheran ganze Leben zerstört. In lose miteinander verwobenen Episoden werden einzelne Schicksale aufgezeigt – sei es jenes der allein erziehenden Mutter, die mit Prostitution über die Runden kommen muss, sei es das Schicksal der jungen Frau, die sich scheiden lassen möchte, das aber nicht tun kann, weil der Mann, der im Gefängnis sitzt, nicht zustimmt, sei es die Erzählung vom überforderten Jugendlichen, der mit einem Mädchen geschlafen hat, das verheiratet werden soll, und der nun Geld zusammentreiben muss für eine Rückoperation des Jungfernhäutchens. Vor allem das bittere Los und die geringe Stellung der Frauen werden erbarmungslos aufgezeigt. „Teheran Tabu“ ist ein Film, den man sich nur mit einer gefestigten Psyche geben sollte, der aber auch lange nachhallt.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 59 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


8,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Filmladen)

Julie & Julia (2009)

Regie: Nora Ephron
Original-Titel: Julie & Julia
Erscheinungsjahr: 2009
Genre: Biopic, Drama, Komödie
IMDB-Link: Julie & Julia


Gleich vorweg: Es gibt zwei gute Gründe, „Julie & Julia“ anzusehen. Der eine Grund ist Meryl Streep. Und der andere Amy Adams. Wenn die mitspielen, kann man eigentlich nichts falsch machen, zwei herausragende Größen ihrer Zunft (und auf Amy Adams habe ich zudem einen kleinen Crush, also, Amy, falls du meinen Blog lesen solltest: Darf ich dich zum Essen einladen?) Und schon wären wir beim Film selbst, denn in diesem geht es um kulinarische Kostbarkeiten, deren Zubereitungen und wie sie ein Leben (oder zwei) ändern können. Denn Julia Child (Meryl Streep) ist eine gelangweilte Amerikanerin in Paris, die als Zeitvertreib das Kochen für sich entdeckt, und gegen alle Widerstände und nur getragen vom Glauben an sich selbst und der Unterstützung ihres liebevollen Ehemanns (wunderbar warmherzig: Stanley Tucci) zu einer erfolgreichen Kochbuch-Autorin wird. Und Julie Powell (Amy Adams) ist eine etwas frustrierte Callcenter-Mitarbeiterin, die an ihrem Vorhaben, einen Roman zu schreiben, gescheitert ist, irgendwann aber die Idee hat, alle Rezepte aus Julia Childs Kochbuch innerhalb eines Jahres nachzukochen und darüber zu bloggen. So finden beide Frauen zu sich selbst. „Julie & Julia“ ist ein wirklich netter, leichtfüßiger Film, der den komödiantischen Anteil nicht übertreibt und das Drama nur subtil mitschwingen lässt. Eine ausgewogene Sache also, nicht unbedingt spektakulär, aber kurzweilig anzusehen. Ein Film, den man an einem verregneten Sonntagnachmittag auf der Couch gerne mal einlegen kann. Allerdings sollte das Telefon für die Bestellung beim Lieferservice griffbereit liegen, denn der Film macht tatsächlich Hunger. Und wenn es dann beim Abspann nicht gleich klingelt und keine dampfende Köstlichkeit in die Wohnung gebracht wird, schlägt sich das durchaus negativ aufs Gemüt. Man lädt den Ärger dann vielleicht sogar noch beim Film ab mit einer schlechten Bewertung – und das hat er sicher nicht verdient.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 67 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


6,0
von 10 Kürbissen

Greatest Showman (2017)

Regie: Michael Gracey
Original-Titel: The Greatest Showman
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Musical, Biopic, Drama
IMDB-Link: The Greatest Showman


Hollywood liebt Geschichten über das Showbusiness. Und wenn diese auch noch in Form eines Musicals erzählt werden, haben Produzenten feuchte Augen vor Freude. „The Greatest Showman“, der lose auf der Biographie von P.T. Barnum, einem Pionier des Zirkus, basiert, war auch ein großer Erfolg. Hugh Jackman darf mal wieder singen (und das tut er ja sehr gerne), Zac Efron darf zeigen, dass er nicht nur gelangweilt aussehen kann, Michelle Williams darf hingegen ausnahmsweise mal gelangweilt sein (und mit Handkuss den wohl beträchtlichen Scheck für ihre Nebenrolle, in der sie hoffnungslos unterfordert ist, einstreifen), und die Sängerin Keala Settle singt mit „This Is Me“ eine der großen Hymnen der vergangenen Filmjahre. Auch ist die Geschichte des Zirkus der Außenseiter unterhaltsam erzählt, und die Showeinlagen wissen durchaus zu überzeugen. So weit, so gut. Allerdings kümmert sich der Film nicht um historische Exaktheit, sondern trampelt sogar mit großen Elefantenfüßen (und das ist wortwörtlich gemeint) auf den historischen Begebenheiten herum. Das ist wahnsinnig schade und unnötig, denn so verkommt der Film zu einer Feelgood-Kitsch-Orgie, das viele ernste und gut gemeinte Themen mit einem Zuckerguss überstreut, der eine eingehendere Beschäftigung fast unmöglich macht. Es fehlen die leisen Zwischentöne. Für einen unterhaltsamen Filmabend reicht es allemal – dafür sorgen allein schon die Schauwerte des Films – aber richtig berühren konnte mich „The Greatest Showman“ nur selten, da er nur zu offensichtlich darauf abzielt, auf die Tränendrüsen zu drücken. Wer dafür empfänglich ist (und das ist völlig wertfrei gemeint), wird seine große Freude an diesem handwerklich gut gemachten und von den Darstellern mit viel Enthusiasmus gespieltem Film haben. Wer es allerdings etwas subtiler mag, wird wohl erschlagen vom Bombast.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 44 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)

 


5,5
von 10 Kürbissen

Yentl (1983)

Regie: Barbra Streisand
Original-Titel: Yentl
Erscheinungsjahr: 1983
Genre: Musical, Liebesfilm, Drama
IMDB-Link: Yentl


„Yentl“ ist die volle Dröhnung Barbra Streisand. Sie hat hier gleich alles gemacht, was man in einem Film so machen kann: Das Drehbuch geschrieben. Regie geführt. Die Hauptrolle übernommen – und zwar gleich die weibliche und männliche zusammen, wenn man so will. Und gesungen hat sie auch. Das sehr schön, aber etwas Anderes wird von Barbra Streisand auch nicht erwartet. Besungen hat sie eine etwas kitschige, aber doch sehr rührige und sensibel erzählte Feminismus-Geschichte. Osteuropa Anfang des 20. Jahrhunderts: Yentl ist eine junge Jüdin, die allein bei ihrem Vater aufwächst, der sie im Talmud und den Wissenschaften unterrichtet – heimlich, da dies Frauen verboten ist. Und als der alte Vater seinen letzten Atemzug getan hat, flüchtet Yentl aus dem Dorf, in dem sie nur Haushaltsarbeit und geschwätzige Weiber erwarten. Sie geht in die Stadt und schleicht sich, als Mann verkleidet unter dem Namen Anshel, in eine Religionsschule ein, wo sie schon bald zu den Besten gehört. Blöd, dass sie sich in ihren Mitstudenten Avigdor verschaut, der wiederum die schöne Hadass heiraten soll, was allerdings abgeblasen wird, als deren Familie vom Selbstmord von Avigdors Bruder erfährt. So einem potentiellen Melancholiker vertraut man den rothaarigen Augapfel der Familie, der noch dazu so gut backen und Tee servieren kann, nicht an. Das wiederum lässt in Avigdor einen verzweifelten Plan reifen, um seiner Hadass doch noch irgendwie nahe zu sein: Anshel soll sich nun um die offene Stelle als Bräutigam bewerben. Und da Anshel/Yentl wiederum selbst so sehr in Avidgor verknallt ist und fürchtet, dass er sich aus dem Staub macht, wenn sie in den aberwitzigen Plan nicht einwilligt, stimmt sie zu. Was macht man nicht alles für die Liebe? Und klar, dass dieses dreifache Versteckspiel nicht lange gut gehen kann. Was nach einer überdrehten Screwball-Komödie klingt, ist, wie schon erwähnt, ein feinfühlig erzähltes Musical-Drama, das seine Figuren ernst nimmt. Auch wenn sie schmachtend singen. (Gut, es singt eh nur die Streisand, das dafür umso öfter und inbrünstiger.) Wer sich am 90bisschen Herzschmerz und vielen schmalzigen Musical-Arien nicht stört, hat an dem Film sicher seine Freude. Unterhaltsam und interessant ist er allemal.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 42 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


6,5
von 10 Kürbissen

Faust – Eine deutsche Volkssage (1926)

Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Original-Titel: Faust – Eine deutsche Volkssage
Erscheinungsjahr: 1926
Genre: Drama, Fantasy, Horror
IMDB-Link: Faust – Eine deutsche Volkssage


Ich bin der Meinung, dass deutsche Kulturgeschichte auf drei Eckpfeilern beruht: Der Nibelungensage, dem Faust-Stoff und Wolfgang Petrys Freundschaftsbändchen. Das sind Dinge, die man einfach kennen muss, will man einen Blick auf die deutsche Seele erhaschen. Den Faust habe ich vor vielen Jahren mal (freiwillig!) gelesen. Da die Erinnerung daran aber weitestgehend verblasst ist (Patrick Süskind nannte diesen Prozess des Vergessens in einer Kurzgeschichte mal „Amnesia in Litteris“ – ich kann mich noch sehr gut an den Titel erinnern, habe aber leider keinen blassen Schimmer mehr, worum es in der Kurzgeschichte ging – q.e.d.), machte ich mich also mit frischer Neugier an die Verfilmung von Friedrich Wilhelm Murnau aus dem Jahr 1926. Und gleich die Einleitung hat es in sich. Da werden düstere Bilder an die Wand gemalt, dass es geradezu eine Freude ist! Frühes Horrorkino at its best! So richtig beginnt der Spaß aber erst, nachdem Gott und der Teufel ihre Wette (abgeschlossen nach dem Motto „Traust di‘ nie!“) besiegelt und Zweiterer als Mephisto auf die Erde herabgestiegen ist, um dem alten Gelehrten Faust ordentlich einzuheizen und seine Seele mit dem Versprechen der zurückgewonnenen Jugend zu verführen. Und da sich Emil Jannings als Mephisto darum kümmert, ist nicht nur bald des Faustens Seele in großer Not, sondern der Zuseher auch gebannt ob dieses dämonischen Spiels, das so wirkt, als hätte Jannings selbst dem Teufel seine Seele verkauft, um diese Rolle spielen zu können. Eine wortwörtliche Wahnsinnsleistung! Dagegen bleiben Camilla Horn als entzückendes Gretchen und Gösta Ekman als junger Faust eindeutig zurück. Doch so großartig die expressionistisch angehauchten Bilder und Jannings Darstellung auch sind – in der Mitte schleicht sich die eine oder andere Länge ein. Nichtsdestotrotz ist „Faust – Eine deutsche Volkssage“ völlig zurecht einer der großen Klassiker der deutschen Filmgeschichte. Kann man übrigens in voller Länge auf Youtube bewundern.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 66 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


7,5
von 10 Kürbissen

Briefe aus dem Jenseits (1947)

Regie: Martin Gabel
Original-Titel: The Lost Moment
Erscheinungsjahr: 1947
Genre: Drama, Thriller, Liebesfilm
IMDB-Link: The Lost Moment


Der Verleger Lewis Venable (Robert Cummings) kommt Anfang des 19. Jahrhunderts nach Venedig, um dort nach den Briefen eines berühmten Dichters an seine Geliebte zu suchen, die er dann für gutes Geld veröffentlichen möchte. Dafür quartiert er sich unter dem falschen Namen im Haus der ehemaligen Geliebten an. Diese ist nicht mehr ganz taufrisch, denn die Episode mit dem berühmten Dichter liegt nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert zurück. Ihre Nichte Tina (Susan Hayward) ist von dem Besuch weniger begeistert und lässt ihn das auch spüren. Zur Tante selbst entwickelt Lewis allerdings schon bald ein recht gutes Verhältnis, auch wenn die alte Dame, deren faltige Hände sich immer recht unentspannt an die Lehnen ihres Stuhls klammern, ein wenig creepy wirkt. So wie eigentlich auch das ganze Haus, das viel zu groß für die beiden Damen und ihre Haushälterin ist. Und das einige verwinkelte Ecken aufweist, in denen es sich nachts hervorragend herumschleichen lässt. Schon bald ist Lewis auf der Suche nach den verschollenen Briefen tiefer in die persönlichen Angelegenheiten der kleinen Damenrunde verwickelt, als es ihm lieb ist. Vor allem Tina gibt ihm so einiges zu denken auf. „The Lost Moment“ (der deutsche Titel „Briefe aus dem Jenseits“ ist eher irreführend) ist ein klassischer Film Noir. Die Gänge sind dunkel, die Mienen finster, die Schatten lang wie die Nächte, und hinter jeder Ecke lauert ein Geheimnis. Als Vorlage diente Henry James‘ Novelle „The Aspern Papers“, und man merkt dem Film den Geist der Vorlage aus dem 19. Jahrhundert durchaus an. Das erhöht durchaus die Eleganz und damit auch den Reiz des Films. Die Auflösung ist mir persönlich dann etwas zu einfach gestrickt geraten, aber dennoch unterhält der Film auch heute noch sehr gut mit seiner stimmungsvollen Atmosphäre, dem gelungenen Schauspiel und gut inszenierten Spannungsmomenten.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 16 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


6,5
von 10 Kürbissen

Der Killer von Wien (1971)

Regie: Sergio Martino
Original-Titel: Lo strano vizio della Signora Wardh
Erscheinungsjahr: 1971
Genre: Thriller, Krimi
IMDB-Link: Lo strano vizio della Signora Wardh


Ich muss gestehen: Vor meiner Teilnahme an der Filmreisechallenge war mir das Genre des „Giallo“ kein Begriff. Im Rahmen der Challenge wurde mir aber nun eben auch dieses italienische Filmgenre aufgedrückt, in dem unter anderem Dario Argento für Furore gesorgt hat. Ein Giallo ist ein Krimi/Thriller, in dem stimmungsvoll und stilistisch ansprechend Mordserien mit sehr viel Ketchup und Kunstblut inszeniert werden, die einen Mehrwert durch frei hängende Tutteln attraktiver Schauspielerinnen erfahren. Und wenn einer dieser Filme schon unter dem Titel „Der Killer von Wien“ läuft, ist klar, welcher meiner erster Giallo sein muss. In diesem Streifen kommt die attraktive Signora Wardh (Edwige Fenech, wahnsinnig attraktiv und vom Schöpfer wohlgeformt) mit ihrem Bürokratengatten nach Wien, wo sie auf ihren sadistischen Ex-Lover, einen mysteriösen Macho und eine Mordserie an jungen Damen stößt – Ersteres wie Letzteres zu ihrem Leidwesen, Zweiteres zur Freude der Zuseher, wenn sich Fenech und George Hilton in den Bettlaken wälzen. Schon bald wird klar, dass der Meuchelmörder, der seine Opfer mit einem Rasiermesser aufschlitzt, etwas mit Signora Wardh zu tun hat. Bis es zum Showdown kommt, dürfen sich einige ansehnliche Nebendarstellerinnen mit Kunstblut beschmieren, und Kellner wie Portiere mit einem sehr authentischen Wiener Zungenschlag parlieren. Hierbei hat sich die Synchronisation wirklich etwas gedacht in Sachen Lokalkolorit. All das reicht schon mal aus, um 1,5 Stunden lang vergnügt mitzurätseln, a) wer der Killer ist, b) was er mit Signora Wardh zu schaffen hat und c) wie hoch der Booby Count noch wird. Was die Freude hingegen ein wenig trübt, sind das hölzerne Schauspiel der meisten Beteiligten, die wohl genre-üblichen Logiklöcher und fetzendepperten Handlungen der Damen, denen nachgestellt wird, sowie das Ende selbst. Die Auflösung soll schockieren mit einem genialen Twist. Stattdessen sorgt sie nur für Stirnrunzeln und den Wunsch, dass der Drehbuchautor mittlerweile wieder weg ist von dem Zeug, das ihm dieses Ende eingegeben hat.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 22 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


5,5
von 10 Kürbissen

Ong-Bak (2003)

Regie: Prachya Pinkaew
Original-Titel: Ong-Bak
Erscheinungsjahr: 2003
Genre: Eastern, Action
IMDB-Link: Ong-Bak


Manchmal braucht es einfach den richtigen Anschub, um ein Land auf der cineastischen Weltkarte zu verankern. 2003 war für Thailand der Martial Arts-Film „Ong-Bak“ dieser Anschub. Dieser Film gilt mittlerweile als Klassiker der Haudrauf-Filme, und ganz ehrlich: Gegen Tony Jaa hätte sogar Bud Spencer (selig) seine liebe Not gehabt. Er hätte das schlaksige Springginkerl einfach nicht zwischen die Oberarme bekommen. Und im Grunde ist damit alles über den Film gesagt. Tony Jaa hüpft und läuft und springt und prügelt sich durch die Gegend. Von seinem Dorf wurde er beauftragt, den gestohlenen Kopf der heiligen Buddha-Statue des Ortes zurückzuholen aus Bangkok. Dabei helfen ihm seine Kenntnisse des Muay Thai, ein ehemaliger Dorfbewohner, der unter die Kleinkriminellen gegangen ist, sowie seine zierliche Kumpanin, die gut Motorrad fahren kann, aber ansonsten wenig zur Geschichte beiträgt. Am meisten hilft natürlich das Muay Thai. Damit machen Schurken, Drogenbosse, verrückte Amerikaner und jede Menge Tuk-Tuks unliebsame Bekanntschaft. Und die Kampfszenen und Stunts können wirklich beeindrucken. Denn hier werden keine halben Sachen gemacht: Wenn der Bösewicht eines zwischen die Rippen bekommt, hat es dem armen Kerl, der in dieses Kostüm gesteckt worden ist, mit Sicherheit weh getan. Denn hier wird tatsächlich auf den Körper gezielt und nicht einen halben Meter daneben geschlagen, sodass man noch den Luftzug hören kann. Und auch mit unsichtbaren Seilen und dergleichen ist nichts – die hüpfen tatsächlich wie Flummis durch die Gegend. Ich frage mich, was für einen Verschleiß an Schauspielern das Produktionsteam hatte. Immerhin hat Tony Jaa den ganzen Wahnsinn überlebt. Und war danach in Asien der neue Superstar. Als Fazit für den Film kann man gerne die Ärzte zitieren: „Immer mitten in die Fresse rein!“

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 36 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


6,5
von 10 Kürbissen