Regie: Todd Field
Original-Titel: Tár
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Drama, Musikfilm
IMDB-Link: Tár
Lydia Tár ist ein Superstar der Klassikszene. Die stets eloquente wie elegante Dirigentin leitet als einzige Frau weltweit ein renommiertes Philharmoniker-Orchester, nämlich in Berlin. Dazu unterrichtet sie auf Hochschulen, gibt gefeierte Interviews auf großen Bühnen und bringt auch noch ein neues Buch heraus, in dem sie ihre Sicht auf Musik teilt. Privat ist sie mit ihrer ersten Violinistin verheiratet, mit der sie auch eine Tochter hat. Alles fein also, wären da nicht seltsame E-Mails, die ihre sichtlich verunsicherte Assistentin von einem ehemaligen Orchestermitglied empfängt. Lydia Tár hat für derartige Belanglosigkeiten jedoch keine Zeit und keinen Nerv, sie hat Wichtigeres vor, nämlich Mahlers 5. Symphonie neu einzuspielen. Und darüber hinaus eine junge, knackige Cellistin zu protegieren, die neu ins Orchester gekommen ist. Doch dann entwickeln sich die Dinge allmählich so, dass Tár die Kontrolle darüber verliert. Plötzlich wird sie von einem selbst verursachten Strudel in Richtung Abgrund gezogen. „Tár“ von Todd Field ist ein intelligentes und perfides Stück Kino und eine weitere Meisterleistung von Cate Blanchett in der Hauptrolle. Ihre Lydia Tár ist eine Frau, die sich mit Ellbogen nach oben kämpfen musste und die Bodenhaftung verloren hat. Der große Erfolg verleitet sie zur Annahme, einen unsichtbaren Schutzschild zu besitzen, an dem alles abprallt, wie man es so oft bei Menschen sieht, die über lange Jahre in Machtpositionen sitzen. Erinnerungen an Harvey Weinstein und andere tief Gefallene werden wach. Perfid ist „Tár“, weil er den Machtmissbrauch dem für gewöhnlich in solchen Situationen Machtloseren umhängt und gerade dadurch ein grelles Licht darauf wirft. Streng durchkomponiert wie ein Stück klassischer Musik seziert Todd Field in seinem Film diese Machtgefälle in der Kunst (natürlich auch auf alle anderen Bereiche übertragbar) und verfremdet seine Beobachtungen mit leicht surrealen Momenten der Bedrohung, die das Innenleben der Protagonistin sichtbar machen. Um so einen Film zu tragen, braucht es schon ein Kaliber wie Cate Blanchett, die einmal mehr zeigt, warum sie als eine der besten Schauspielerinnen ihrer Zeit gehandelt wird. In allen Belangen ist „Tár“ ganz große Kunst.

8,5 Kürbisse
(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)