Sportfilm

Rocky II (1979)

Regie: Sylvester Stallone
Original-Titel: Rocky II
Erscheinungsjahr: 1979
Genre: Sportfilm, Drama
IMDB-Link: Rocky II


„Rocky II“ führt die Geschichte des ersten Films nahtlos fort. Er setzt ein, als die beiden schwer ramponierten Gegner Rocky Balboa und Apollo Creed im Krankenhaus gefahren werden. Das Adrenalin vom Kampf pulsiert noch rot blinkend im Körper, also zettelt Creed gleich mal einen kleinen Beef mit Rocky an, denn dass ihn dieser Amateur vor den Augen der Welt so vermöbelt hat (auch wenn Creed als Punktesieger Weltmeister blieb), kratzt am Ego. Rocky selbst will eigentlich nur seine Ruhe haben. Immerhin weiß er nun, dass er mithalten kann. Aber jetzt zählen erst einmal die Spaziergänge mit Adrian, die in einen Heiratsantrag münden (mit einem Tiger als Zeugen und ersten geladenen Gast) und schließlich in eine Hochzeit und Schwangerschaft. Das Familienglück wäre komplett, wenn nicht Rocky, der gutherzige Straßenproll, irgendwann einmal im Leben gelernt hätte, mit Geld anders umzugehen, als es für dubiose Halbkriminelle aus armen Schuldnern herauszuprügeln. Aber er macht halt den Fehler, den viele machen, die unverhofft zu etwas Kohle kommen: Er lebt nach dem George Best-Motto. „Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.“ Gut, Alkohol ist nicht Rockys Problem, aber er ist trotzdem schon bald pleite und muss wieder kleinere Brötchen backen. Kurzfristig findet er eine Anstellung im Schlachthaus, in dem auch sein Schwager Paulie arbeitet. In der Zwischenzeit plant der immer noch geladene Apollo Creed einen Rückkampf – und Rocky, der Kämpfer in Geldnöten, kann eigentlich gar nicht ausschlagen, auch wenn Adrian damit gar nicht einverstanden ist. Zudem kommt es kurz vor dem entscheidenden Kampf bei der Geburt des Nachwuchses noch zu Komplikationen. Auch wenn „Rocky II“ einiges richtig macht, in dem der Film vor allem seinem Hauptcharakter treu bleibt, der einfach keinen Dunst vom Leben der Reichen und Schönen hat, aber hier wäre etwas weniger Drama, Baby, Drama besser gewesen. Die Handlung ist teils schon sehr klischeehaft und vorhersehbar. Immerhin findet der Film auch immer wieder ruhigere Zwischentöne – immer dann, wenn er sich auf die unbeholfenen Versuche Rockys, seiner Adrian ein schönes Leben zu ermöglichen, konzentriert. Insofern hat auch die Fortsetzung ihre guten Momente. Der Endkampf ist dramatisch und visuell ansprechend inszeniert, auch wenn mir persönlich das Ende dann doch etwas zu viel des Guten war.


6,0
von 10 Kürbissen

Rocky (1976)

Regie: John G. Avildsen
Original-Titel: Rocky
Erscheinungsjahr: 1976
Genre: Sportfilm
IMDB-Link: Rocky


Nicht nur im Oktober hat ein Kürbis Lücken und Löcher, sondern auch unterjährig in cineastischen Belangen. Um eine davon zu schließen, habe ich mir also nun die gesamte Rocky-Filmreihe hineingezogen, wobei ich „Rocky Balboa“ und „Creed“ bereits kannte. Ich habe also das Pferd von hinten aufgesattelt. Nun also der erste Film, der zu den wohl einflussreichsten Filmen der Filmgeschichte gehört. Bei der Oscar-Verleihung schlug er „Taxi Driver“ von Martin Scorsese und wurde als bester Film ausgezeichnet. Und auch John G. Avildsen, der Regisseur, durfte sich, so wie seine Cutter, über einen Goldmann freuen. Der Mastermind von Rocky ist allerdings Sylvester Stallone, der nicht nur den Titelhelden auf eine Weise verkörpert, dass Filmfigur und Darsteller völlig miteinander verschmelzen, sondern auch das Drehbuch geschrieben hat. Für beide Leistungen wurde er (was vielleicht überraschend sein mag angesichts seiner späteren Filme) völlig zurecht für den Oscar nominiert. Sein Rocky ist eine fantastische Figur, das muss man einfach so sagen. Recht einfältig, aber mit dem Herz am rechten Fleck – ein Mann, der viel Gefühl und Empathie aufbringt, aber in den seltensten Fällen schafft, dies tatsächlich in Worte zu kleiden. Viel mehr drückt er über seine linkischen Bewegungen aus, sein Schulterzucken und dieses glückliche Lächeln, wenn er merkt, dass er verstanden wird. Gleichzeitig hat er ein Kämpferherz wie kein Anderer. Und dem ist es auch zu verdanken, dass er gegen den Weltmeister Apollo Creed (Carl Weathers) in den Ring steigen darf. Der Fokus des Films liegt allerdings weniger auf dem Boxkampf, sondern auf der Frage, was es bedeutet, eine einmalige Chance im Leben zu erhalten und was eine solche Chance aus einem Mann macht. Und vor allem auch, wie man Respekt vor sich selbst erarbeitet. Neben Stallone glänzen Talia Shire als Adrian, Burt Young als deren Bruder Paulie und Burgess Meredith als alter Boxtrainer Mickey. Alle drei wurden für ihre Leistungen mit einer Oscarnominierung belohnt. Ich halte es zwar nach wie vor für eine Sünde, „Taxi Driver“ nicht als besten Film ausgezeichnet zu haben, aber unabhängig davon, ob man mit dem Genre des Boxerfilms etwas anfangen kann, kann auch „Rocky“ sich sehen lassen – im Gegensatz zu den meisten Fortsetzungen dieser Filmreihe, aber darüber in den nächsten Tagen mehr.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 37 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


7,5
von 10 Kürbissen

Back in the Game (2012)

Regie: Robert Lorenz
Original-Titel: Trouble With the Curve
Erscheinungsjahr: 2012
Genre: Sportfilm
IMDB-Link: Trouble With the Curve


 

Eine kleine Sensation war es schon: Erstmals seit 1993 trat Clint Eastwood wieder als Schauspieler in einem Film auf, bei dem er nicht selbst Regie führte. Dafür zeichnete nämlich Robert Lorenz verantwortlich in seinem Filmdebüt „Back in the Game“ (im Original: „Trouble With the Curve“ – wie sehr ich diese englischen Alternativtitel für englische Titel liebe …). Immerhin: Man kennt sich. Robert Lorenz produzierte nämlich so ziemlich alle Clint Eastwood-Filme seit 2002. So darf man es als Gefallen werten, dass der alte Knochen für ihn noch mal in den Ring stieg, um die Geschichte des gealterten Baseball-Scouts Gus Lobel zu erzählen, der nicht nur Probleme mit seinem Chef (der ihn durch einen Computerfuzzi ersetzen will) und seinen Augen (was ja irgendwie blöd ist für einen Scout, der Talente sichten soll), sondern auch noch mit seiner Tochter Mickey (Amy Adams) hat. Die Beziehung zwischen den beiden ist ziemlich unterkühlt. Dennoch begleitet Mickey, die als erfolgreiche Anwältin kurz vor der Partnerschaft eigentlich eine Menge wichtigere Dinge um die Ohren hat, ihren alten Vater bei einer Tour durch die Provinz, wo er im Auftrag seines Teams ein großes Talent beobachten soll. Warum genau sie das macht, geht eigentlich nicht wirklich hervor. Nur weil der alte Kumpel der Familie (John Goodman) so nett gefragt hat? Na ja. Immerhin lernt sie auf dieser Reise nicht nur ihren Vater ein bisschen besser kennen, sondern auch den ehemaligen Baseball-Spieler Johnny (Justin Timberlake), der nach einer Verletzung nun ebenfalls als Scout tätig ist. So entwickelt sich eine völlig überraschungsfreie, aber zumeist charmante Geschichte, die für zwei Stunden nette Unterhaltung bietet, aber danach auch wieder sofort vergessen werden kann. Was schade ist, denn die Besetzung hätte deutlich mehr versprochen.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 34 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


5,5
von 10 Kürbissen

Karate Kid (1984)

Regie: John G. Avildsen
Original-Titel: The Karate Kid
Erscheinungsjahr: 1984
Genre: Action, Sportfilm
IMDB-Link: The Karate Kid


Wenn dich die Jungs an der neuen Schule ärgern, such dir einen väterlichen japanischen Freund, lass dir von ihm bei Hausarbeiten Karate beibringen, und dann vermöbele die bösen Jungs im Wettkampf. Damit sind alle Probleme gelöst. Dir gehört dann der neue Wagen, das hübsche Mädchen, der Respekt der Gegner und ein Bonsai-Baum. So jedenfalls wird es in „Karate Kid“ erzählt, ein Kultfilm der 80er, der – das muss man ihm anrechnen – mit einer recht sympathischen Besetzung (Ralph Macchio als Teenager Daniel, Pat Morita, für diese Rolle mit einer Oscarnominierung geehrt, als Mr. Miyagi) eine simple Geschichte erzählt. Im Gegensatz zu anderen Kampfsportfilmen (mir fallen hierzu spontan „Bloodsport“ oder „Mortal Combat“ ein) geht es nicht um den Kampf ums nackte Überleben und/oder gegen das ultimativ Böse, sondern einfach darum, in einer amerikanischen Highschool einigermaßen über die Runden zu kommen. Im Grunde ist „Karate Kid“ ein typischer Vertreter der Coming of Age-Filme. Familientauglich sind damit auch die Kampfszenen, die nie brutal wirken. Dennoch war ich nicht wirklich zufrieden mit der Umsetzung. Denn so sympathisch vor allem Pat Morita in der Rolle des ausgeglichenen Karatemeisters wirkt, so zweifelhaft ist dennoch die Botschaft, die der Film stellenweise vermittelt. Zwar wird „Gewalt ist vielleicht doch eine Lösung“ immer wieder relativiert, wenn beispielsweise betont wird, dass man Karate lernt, um eben nicht kämpfen zu müssen, aber irgendwie läuft es dann doch darauf hinaus, dass glücklicher ist, wer sich körperlich zur Wehr setzen kann. Und ja, ich weiß, das ist ein Film über Karate, ein Kampfsportfilm, aber ein bisschen mehrdimensionaler hätte man dennoch herangehen können. Zudem ist der Film die meiste Zeit über zwar ganz nett anzusehen, reißt aber kaum mit – und das Ende wirkt dann plötzlich extrem gehetzt. „Karate Kid“ hat ein massives Problem mit dem Timing. Warum sich dieser Film zum Kultfilm entwickelt konnte, erschließt sich mir nicht ganz – aber für einen netten Fernsehabend taugt er trotzdem.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 35 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


5,5
von 10 Kürbissen

City of McFarland (2015)

Regie: Niki Caro
Original-Titel: McFarland, USA
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Sportfilm
IMDB-Link: McFarland, USA


Das Narrativ des Sportfilms ist wohl eines der starrsten überhaupt. Außenseiter (meist aus prekären Verhältnissen), ob Einzeln oder als Team, wächst über sich hinaus und straft die Kritiker Lügen. Am Ende steht der Sieg oder zumindest das ehrenvolle Abschneiden im Wettkampf. „City of McFarland“ von Niki Caro reiht sich nahtlos ein in die Geschichte der Sportfilme. Diesmal geht es um den Football-Coach Jim White (Kevin Costner), dem sein Temperament zum Verhängnis wird. Er wird gefeuert und findet nur noch in der kalifornischen Kleinstadt McFarland eine Anstellung an der dortigen High School. Fast alle Bewohner sind mexikanischer Abstammung, und die weiße Muster-Familie von Jim White tut sich erst einmal schwer, hier ihren Platz zu finden. Zu tief sind Vorurteile verankert. Durch Zufall findet White heraus, dass die örtlichen Burschen, gestählt vom Obstpflücken am Feld, vielleicht keine grandiosen Football-Spieler sind, aber laufen können wie die Hasen. Also gründet er kurzerhand McFarlands erstes Crosscountry-Team, das sich fortan mit Eliteschulen aus Palo Alto & Co. misst. Die klassische Außenseitergeschichte eben der Working Class, die in die elitäre Bourgeoisie einbricht und dort erst einmal Ablehnung widerfährt. Doch Jim White und seine Burschen lassen nicht locker, und die Heldengeschichte spitzt sich zu. „City of McFarland“ ist Wohlfühlkino. Das zeigt sich auch daran, dass die örtlichen Probleme wie beispielsweise eine hohe Kriminalitätsrate und Bandenschlägereien zwar nicht verschwiegen werden, aber im Grunde ihres Herzens sind eh alle gut und haben sich lieb, wenn es die Einstellung auf das jubelnde Publikum am Ende verlangt. Da treten auch ökonomische Zwänge und dergleichen mal in den Hintergrund. Und ja, das ist erbaulich, das will man sehen, aber es wird eben doch ein Stück weit von der Realität entfernt sein, in der sich Probleme nicht immer lockig-flockig in Luft auflösen, wenn man ins letzte Drittel einbiegt. Da hätte dem Film etwas mehr Realismus gut getan. Seine frohe Kunde vom Aufstieg der Außenseiter hätte er dennoch vermitteln können. Dennoch ein Film, den man sich gerne mal anschauen kann.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 33 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


6,0
von 10 Kürbissen

Eddie the Eagle – Alles ist möglich (2016)

Regie: Dexter Fletcher
Original-Titel: Eddie the Eagle
Erscheinungsjahr: 2016
Genre: Komödie, Biopic, Sportfilm
IMDB-Link: Eddie the Eagle


Ich gebe zu: Ich habe ein Herz für Außenseiter-Geschichten über Menschen, die es vielleicht nicht ganz an die Spitze schaffen, aber mit Mut und Willensstärke der Welt beweisen, wie viel Größe in uns steckt, wenn wir an uns glauben. Ich liebe diese Momente des Triumphes und der Anerkennung. Und auch wenn ich kein leidenschaftlicher Skisprung-Fan bin, so verfolge ich diesen Sport doch schon seit meiner Kindheit mit Interesse und habe auch eine gewisse Ahnung davon. So gesehen war es klar, dass ich irgendwann „Eddie the Eagle“ sehen muss, die Biographie von Michael „Eddie“ Edwards, der 1988 Skisprung-Geschichte geschrieben hat als erster britischer Skispringer bei Olympia. Auch wenn ich mich selbst nicht mehr an Eddie the Eagle und seine legendären, viel umjubelten Sprünge erinnern kann, so ist mir seine Geschichte dennoch ein Begriff. Auf Youtube finden sich glücklicherweise einige Videos mit den besten Momenten in Eddies Karriere. Und was war das für eine faszinierende Persönlichkeit! Man muss sich das einmal vorstellen: Inmitten all der mageren, durchtrainierten Skisprung-Stars, die schon seit Kindesalter an diesen Sport leben, taucht ein leicht untersetzter Brite mit Brillengläsern so dick wie Aquarienbecken auf, der gerade einmal vor kurzem mit dem Sport begonnen hat, da er darin eine Chance gesehen hat, seinen Traum von den Olympischen Spielen zu verwirklichen – da es sonst innerhalb Großbritanniens keine Konkurrenz gab. Und dieser Mann nimmt sein Herz (und seine Cojones) in die Hand und schmeißt sich vom Bakken hinunter in dem Wissen, dass ihn der kleinste Fehler (und er ist weit davon entfernt, fehlerfrei springen zu können) ins Krankenhaus bringen wird. Herz, was willst du mehr? „Eddie the Eagle – Alles ist möglich“ zeichnet nun mit den klassischen (und überraschungsfreien) Mitteln eines Biopics diese unglaubliche Geschichte nach. Dass der Film trotz der guten Ausgangslage, den er bei mir hatte, bei mir dennoch nicht gezündet hat, ist einfach erklärt: Zum Einen ist die Geschichte zu frei interpretiert. Ja, man muss bei Verfilmungen biographischer Ereignisse immer zu dramaturgischen Kniffen greifen, um das Publikum nicht mit Redundanzen und Leerstellen, die ein Leben eben auch beinhaltet, zu langweilen und die Realität in das Spielfilmformat hineinzuschneiden. Aber wenn nur etwa 5% des Gezeigten mit der Realität übereinstimmen (dies eine Aussage von Eddie Edwards, nachdem er den Film gesehen hat), kann man nicht mehr von kleinen dramaturgischen Anpassungen sprechen, sondern schlicht einer Verfälschung der Ereignisse. Kann man ja machen, nur sollte man das dann nicht mehr als die wahre Geschichte von Eddie the Eagle vermarkten. Ein zweiter Faktor ist die Schauspielleistung. Taron Egerton bemüht sich sehr, diesen schrägen Typen Eddie the Eagle zu verkörpern, verzerrt ihn aber bis zur Karikatur. Und Hugh Jackman spielt routiniert und gelangweilt und fügt dem Film so keinen echten Mehrwert hinzu. (Davon abgesehen ist gerade seine rein fiktive Figur das für mich Problematischste an der Geschichtsverzerrung, denn plötzlich werden die Erfolge, die eine historische Person gefeiert hat, einem fiktiven Charakter mit zugeschrieben.) Natürlich kann man sich „Eddie the Eagle“ dennoch gut ansehen – es ist ein routiniert gemachtes Wohlfühlkino für einen entspannten Sonntagabend. Und das Ende sorgte bei mir für eine Gänsehaut – was eben auch daran liegt, dass ich ein Faible für diese Außenseiter wie Eddie the Eagle habe. Ein richtig guter Film ist das aber nicht geworden.

Übrigens scheint Calgary 1988 ein guter Nährboden gewesen zu sein für spektakuläre Außenseiter-Geschichten. „Das geht über eure Vorstellungskraft: Jamaica hat ’ne Bob-Mannschaft!“ Aber das ist eine andere Geschichte.

Dieser Film ist als Reiseetappe # 40 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


5,0
von 10 Kürbissen

Battle of the Sexes – Gegen jede Regel (2017)

Regie: Jonathan Dayton und Valerie Faris
Original-Titel: Battle of the Sexes
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Komödie, Sportfilm, Biopic
IMDB-Link: Battle of the Sexes


Der diesjährige Viennale-Überraschungsfilm war „Battle of the Sexes“, was mich sehr gefreut hat, denn diesen Film wollte ich definitiv sehen. Steve Carell und Emma Stone kommen ja, wie man im Vorfeld vor der Veröffentlichung des Films gehört hat, durchaus wieder für Oscarnominierungen in Frage mit ihren Darstellungen von Billie Jean King und Bobby Riggs, die Anfang der 70er im Tennis-Schaukampf „Battle of the Sexes“ gegeneinander angetreten sind. Mitten hinein also in den Kampf um Gleichberechtigung. Gerade sind die weltbeste Tennisspielerin Billie Jean King und einige ihrer Kolleginnen mehr oder weniger unfreiwillig aus der USLTA, der United States Lawn Tennis Association, ausgetreten und haben die WTA, die Women’s Tennis Association, gegründet, da sie für eine Gleichbezahlung von Männern und Frauen im Tennis eingetreten sind, was ihnen vom Verband schlicht verweigert wurde. Mitten in diesen gesellschaftlichen Wandel hinein platzt Bobby Riggs, ehemaliger Tennisprofi, der Wimbledon und die US Open gewonnen hat, allerdings nun im Alter von 55 Jahren schwer spielsüchtig ist und eine ungewöhnliche Wette vorschlägt: Ein Tennismatch Mann gegen Frau, oder, wie er es bezeichnet, männliches Chauvinisten-Schwein gegen weibliche Emanze. Bobby Riggs ist vor allem eins: Ein Show-Man, der seine Chance auf ein großes Publikum und das ganz große Geld wittert. Zunächst steigt Billie Jean King, die gerade auch persönlich einiges an verwirrender Veränderung durchläuft, als sie die attraktive Friseurin Marilyn kennenlernt, zu der sie sich – Ehemann Larry hin oder her – sehr hingezogen fühlt, auf Bobbys Vorschlag nicht ein. Sie weiß, dass die Öffentlichkeit, wenn sie verliert, ihren Kampf um Gleichberechtigung ins Lächerliche ziehen wird. Ihre Kollegin Margaret Court hingegen, die sie als Nummer 1 der Tenniswelt ablöst, hat hier allerdings keine Berührungsängste und stellt sich Bobby Riggs – mit fatalen Folgen, als er sie vernichtend schlägt. Nun ist doch Billie Jean King wieder gefordert, und sie nimmt den Kampf an.

„Battle of the Sexes“ ist unglaublicherweise heute fast relevanter denn je. Der Kampf um Gleichberechtigung, sei es um die Gleichberechtigung der Geschlechter, der sexuellen Ausrichtung, der ethnischen Herkunft, des Glaubens – all das wird in den Zeiten, in denen Populisten das Steuer übernehmen, neu ausgefochten. Der Film von Jonathan Dayton und Valerie Faris, der in anderen Zeiten vielleicht nicht mehr gewesen wäre als eine nette, harmlose Sportkomödie, die halt auf wahren Begebenheiten beruht, erhält so plötzlich eine große gesellschaftliche Relevanz und ist auch als Kommentar auf die Fehlentwicklungen der letzten Jahre zu sehen. Wenn man allerdings nur den Film für sich betrachtet, dann ist „Battle of the Sexes“ halt eben nur diese routinierte, solide Sportkomödie, gut gemacht und sehenswert, allerdings abgesehen von den darstellerischen Leistungen von Emma Stone und Steve Carell nirgends wirklich überdurchschnittlich. Vielleicht hätte dem wichtigen Thema ein etwas seriöserer Film gut getan – allerdings hat natürlich die Figur des Bobby Riggs, der sich selbst nicht ernst genommen hat, dazu eingeladen, eine leichte Komödie daraus zu basteln.


6,5
von 10 Kürbissen

Borg/McEnroe (2017)

Regie: Janus Metz
Original-Titel: Borg/McEnroe
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Biopic, Sportfilm
IMDB-Link: Borg/McEnroe


Stellan Skarsgård, nicht zu verwechseln mit Bill Skarsgård, der gerade Pennywise in „Es“ spielt, nicht zu verwechseln mit Miss Moneypenny aus den Bond-Filmen, nicht zu verwechseln mit Borg, dem Björn Borg nämlich, nicht zu verwechseln mit dem Borg-Kollektiv, spielt den Trainer des schon erwähnten Björn Borg (Sverrir Guðnason), nicht zu verwechseln mit Brant Bjork, dem Sänger von Kyuss, nicht zu verwechseln mit KISS, der Band von Gene Simmons, nicht zu verwechseln mit Paul Simon von Simon & Garfunkel, auch wenn Art Garfunkel eine ähnliche Frisur hatte wie der junge John McEnroe (Shia LaBeouf), womit sich dieser Kreis wieder schließt. Doch manchmal können die kompliziertesten Dinge auf einen einfachen Nenner heruntergebrochen werden, und das gilt vor allem fürs Tennis, wo es einfach zwei Männer auf einem Feld gibt, die beide den letzten Punkt des Turniers für sich entscheiden möchten – it’s as easy as that. Der Weg dahin kann aber recht interessant und sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Da ist zum Einen der vierfache Wimbledon-Champion Björn Borg, die Nummer 1 der Welt, der „Ice-Borg“, der stoisch Gegner für Gegner vom Platz schießt und mit 24 Jahren auf dem Zenit seines Könnens angekommen zu sein scheint. Da ist zum Anderen der Herausforderer, der junge Heißsport John McEnroe, die Nummer 2 der Welt, ein Rüpel auf dem Platz, der trotz unbestrittenen Talents immer das Publikum gegen sich hat. Es macht sich halt nicht gut, wenn man ständig auf den Platz rotzt und nicht FSK12-freie Nettigkeiten mit dem Stuhlschiedsrichter austauscht. Unaufhaltsam steuern die beiden aufeinander zu – man wird sich im Finale begegnen.

Eine klassische Heldensaga hätte sich wohl auf den emotionalen, aufstrebenden Widersacher konzentriert, der sein Temperament nicht unter Kontrolle hat, aber so viel Talent besitzt, dass man es ihm zutraut, den eiskalten, vierfachen Champion aus Schweden in die Knie zu zwingen, wenn er nur den Kampf gegen sich selbst gewinnt. Und da geht „Borg/McEnroe“ einen überraschenden, aber interessanten Weg: Der Film konzentriert sich nämlich auf Borg und den immensen Druck, den er, der Liebling der Nation, als vierfacher Titelträger verspürt. Alle erwarten den fünften Titel in Serie von ihm, und unter der stoischen Oberfläche brodelt es. Er ist der tragische Held, der fast nur verlieren kann, denn selbst, wenn er gewinnt, hat er nur das Minimum erreicht. In Rückblenden zeigt Janus Metz, der Regisseur, einen impulsiven, heißblütigen Borg und erzählt, wie er überhaupt zu diesem stoischen Siegertypen werden konnte. Sein Gegenüber, John McEnroe, muss sich daher mit der zweiten Reihe begnügen. Darüber hinaus ist „Borg/McEnroe“ aber ein klassischer Sportfilm, der in einem epischen Finale gipfelt, das auch heute noch als eines der besten Tennisspiele der Geschichte bezeichnet wird. Was ein wenig seltsam wirkt (und wo der Film für mich etwas unglaubwürdig ist): Die meiste Zeit agieren Borg und McEnroe völlig losgelöst voneinander, als würden sie sich gar nicht kennen. Faktisch war aber das Wimbledon-Finale nur eines von vielen Spielen, das sie gegeneinander bestritten haben. Hier wurde der Dramaturgie willen die Realität ein wenig arg verborgen. Trotzdem ist „Borg/McEnroe“ dank guter Darstellerleistungen und eines interessanten Einblicks in die Psychologie einer lebenden Legende ein sehenswerter Film, auch für Nicht-Tennis-Fans.


6,5
von 10 Kürbissen

(Foto: Filmladen)