Slash Festival 2020

The Old Man Movie (2019)

Regie: Oskar Lehemaa und Mikk Mägi
Original-Titel: Vanamehe film
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Animation, Komödie
IMDB-Link: Vanamehe film


Aino, Mart und Priidik sind alles andere als begeistert: Die verwöhnten Großstadtkinder werden über den Sommer zum Opa aufs Land abgeschoben. Der ist im Dorf ein Star, denn er versorgt die süchtigen Dorfbewohner mit Milch, die er frisch von seiner Kuh zapft. Aino, Mart und Priidik haben rasch Mitleid mit dem armen Tier, das in einem winzigen Stall gehalten wird und sich Tag um Tag abschuftet, ohne dafür Dank zu ernten. Doch das Tier freizulassen ist auch keine gute Ideen, wie sich zeigt. Denn einer Kuh, die 24 Stunden lang nicht gemolken wird, schwellen die Euter an, bis sie explodieren – und es zur Laktokalypse kommt. Um das zu verhindern, schwärmen Opa und die Kinder auf ihrem Traktor aus auf der Suche nach der Kuh. Ihnen auf den Fersen: Der alte Melker, der nach einer solchen Laktokalypse-Explosion vor vielen Jahren entstellt wurde. Der hat verständlicherweise einen ziemlichen Groll auf das Fleckvieh im Generellen und sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe dreier arbeitsloser Sägewerksangestellter Opas Kuh zu enthaupten. „The Old Man Movie“ ist ein völlig abgedrehtes Stop-Motion-Abenteuer, das nicht mit Fäkalhumor spart, dabei aber eine wunderbare kindliche Naivität an den Tag legt, dass man jede Szene feiern möchte. Eine schräge Situation folgt auf die nächste, und wenn man denkt, dass der Gipfel der Absurdität erreicht wurde, kommt die nächste Szene, die dann doch noch mal eins draufsetzt. Ein herrlicher Spaß: derb, eigenwillig, überdreht, schwarzhumorig und garantiert nicht laktosefrei. Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Film nicht jedermanns bzw. jederfraus Sache ist, aber wer offen ist für Filme, die sich selbst nicht ernst nehmen und einfach nur derb-charmant und auf möglichst originelle Weise unterhalten möchten, wird mit „The Old Man Movie“ von Oskar Lehemaa und Mikk Jägi, beides übrigens sehr lockere und witzige Typen, voll auf seine Kosten kommen.


7,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © BOP Animation, Quelle imdb.com)

Schlaf (2020)

Regie: Michael Venus
Original-Titel: Schlaf
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Thriller, Horror
IMDB-Link: Schlaf


Ein gesunder Schlaf ist so wichtig! Es gibt doch nichts Schöneres, als morgens rundum erfrischt in seinem Bett aufzuwachen und den Tag voller Energie zu beginnen. Blöd also, wenn das mit dem Schlaf nicht so klappt wie gewünscht. Sandra Hüller kann ein Lied davon singen. Ihre überspannte Marlene, Mutter einer etwa sechzehnjährigen Tochter, schläft nämlich schon seit einiger Zeit nicht mehr so toll. Dementsprechend tief sind die Augenringe. Doch seltsamerweise ist das Hotel mit den drei toten Männern, von denen sie regelmäßig träumt, höchst real. Und dass es keine besonders gute Idee ist, an den Ort seiner Träume zu reisen, wissen wir erfahrenen Kinohasen aus hundert Jahren Horrorfilmgeschichte. Um die ganze Chose abzukürzen: Die Tochter (Gro Swantje Kohlhof mit einer souveränen Darstellung) muss in die Bresche springen und einem alten Familiengeheimnis auf die Spur kommen. Michael Venus‘ Filmdebüt „Schlaf“ mag nicht unbedingt Preise für die originellste Story einheimsen, verpackt aber die ländliche Kleinstadtidylle in ein finsteres Horrorsujet, das dank famoser Darstellerleistungen und einer schwarzhumorigen Erzählung nicht fad wird. Und manchmal haben die Geister der Vergangenheit durchaus ihre guten Gründe, uns Lebenden auf den Nerv zu gehen. Auch der zweite Film, den ich im Rahmen des diesjährigen Slash-Festivals zusammen mit einem halben Kinosaal voller Papp-Skelette, die penibel auf den Sicherheitsabstand achten, gesehen habe, ist durchaus sehenswert. So läuft das Festival dieses Jahr zwar etwas schaumgebremst, aber in unvermindert guter Qualität.


6,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle imdb.com)

Pelikanblut (2019)

Regie: Katrin Gebbe
Original-Titel: Pelikanblut
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Drama, Thriller, Horror
IMDB-Link: Pelikanblut


Kinder als Satansbraten haben eine lange Tradition in der Filmgeschichte. Die kleine Raya (Katerina Lipovska mit einer beängstigend authentischen Darstellung) passt gut in diesen Kreis. Sie wurde von Reitstallbesitzerin und Pferdeflüsterin Wiebke (Nina Hoss) adaptiert. Die hat schon eine Adoptivtochter, warum also nicht zwei? Aber bald muss Wiebke feststellen, dass sie sich mit Raya eine Menge Probleme ins Haus geholt hat. So eine traumatisierte Fünfjährige ist eben nicht ständig auf Kuschelkurs. Und allmählich wächst in Wiebke der Verdacht, dass die Wutausbrüche von Raya sich auch einmal gegen sie selbst richten könnten. „Pelikanblut“ von Katrin Gebbe ist handwerklich ausgezeichnet gemachtes Erzählkino mit dem gewissen Unwohlsein-Faktor. Ohne dass Gebbe die Daumenschrauben ständig nachdrehen muss, entwickelt der Zuseher eine tief liegende Grundskepsis gegenüber allem und jedem – die Basis für subtilen Horror. Das ist verflucht gut gemacht, vor allem, wenn diese Geschichte von interessanten, ambivalenten Figuren getragen wird, die von Profis wie Nina Hoss exzellent gespielt werden. Ähnliches hat man zuletzt gesehen in Nora Fingscheidts Systemsprenger, der insgesamt auch noch leicht die Nase vorne behält. Denn gelegentlich weist „Pelikanblut“ Längen auf, die nach einem geduldigen Zuseher verlangen. Die Laufzeit ist mit knapp über zwei Stunden für die Story dann auch recht üppig geraten. Andererseits tragen auch die kleinen, nicht sonderlich relevant wirkenden Szenen zur Entwicklung der Charaktere bei, haben also ihre Berechtigung. Das Ende lädt dann zum gemeinsamen Diskutieren ein. Schön, dass man nicht alles am Silbertablett serviert bekommt, sondern den Film weiterdenken kann. „Pelikanblut“ ist eine Mischung Thriller und Horrordrama, das den Zuseher ernst nimmt, und damit trotz kleinerer Schwächen eine runde, lohnenswerte Sache.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © Miramar Film, Quelle imdb.com)