1944

Ministerium der Angst (1944)

Regie: Fritz Lang
Original-Titel: Ministry of Fear
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Thriller, Drama, Krimi
IMDB-Link: Ministry of Fear


Oft hast ein Pech. Da bist du großer Fan von Graham Greene und bekommst die Möglichkeit, einen seiner Romane zu verfilmen, und dann stellst du bei der Lektüre des Drehbuchs fest, dass du eigentlich gar keinen Bock darauf hast, musst das Ding aber jetzt trotzdem durchziehen. So ging’s Regiegigant Fritz Lang mit „Ministerium der Angst“, einem Spionagethriller, der leider an einer reichlich konfusen Story krankt. Aber Fritz Lang wäre nicht Fritz Lang, wenn es ihm nicht gelänge, auch aus dem halbseidenen Stoff einen packenden Thriller mit denkwürdigen Szenen zu schaffen. Die Story: Der eben aus einer Nervenheilanstalt entlassene Stephen Neale (Ray Milland) gewinnt durch Zufall bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung eine Torte. Diese wird ihm im Zug von einem angeblich Blinden abgenommen, der wiederum bei einem Bombenangriff der Deutschen auf Großbritannien getötet wird. Fortan sind Neale allerlei suspekte Gestalten auf den Fersen, und ihm wird auch noch ein Mord angedichtet. Um sich zu retten, muss er also selbst die Ermittlungen aufnehmen und das Komplott, in das er hineingezogen wurde, aufdecken – klassischer Film Noir-Stoff eben. Zugegeben, es ist nicht leicht, den Kapriolen der Geschichte zu folgen. Heute würde man einen solchen Stoff wohl in eine Miniserie verpacken und sich ausreichend Zeit nehmen, alle Verwicklungen sauber aufzubereiten und zu verarbeiten. Der Pluspunkt des Films ist eindeutig die spannungsgeladene Inszenierung, die von gelungenen Bildern begleitet wird. Insgesamt kein Höhepunkt in Fritz Langs Schaffen, aber auch nichts, weswegen er sich schämen müsste.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Unter Verdacht (1944)

Regie: Robert Siodmak
Original-Titel: The Suspect
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Thriller, Drama, Krimi, Liebesfilm
IMDB-Link: The Suspect


London um die Jahrhundertwende. Gentlemen wie Philip Marshall (Charles Laughton) haben es nicht einfach. Einerseits erfüllen sie mit ihrem höflichen Gehabe perfekt die Anforderungen ihrer Zeit, auf der anderen Seite hingegen führen diese oft zu privaten Zwängen, die einem das Leben arg erschweren – vor allem, wenn man unglücklich mit seiner Ehe ist und sich in ein junges Mädel (Ella Raines) verschaut. Die Ehegattin ist ebenfalls kreuzunglücklich und in den Jahren äußerst gehässig geworden, doch allein schon der Vorschlag einer Scheidung ist für sie ein Affront, der auf das Entschiedenste zurückgewiesen wird. ‚Bis dass der Tod uns scheidet‘, heißt es in der Bibel. Also gut, da kann Philip Marshall nachhelfen, und dem frischen Glück steht nichts mehr im Wege – außer einem besonders neugierigen Inspektor und dem versoffenen und bestechlichen Nachbarn. Und so zieht sich die Schlinge enger und enger um den stattlichen Hals des höflichen Tabakwarenverkäufers. „Unter Verdacht“ von Robert Siodmak ist ein Meisterstück herausragender Schauspielkunst. Die Leistung von Charles Laughton kann man ohne Übertreibung als phänomenal bezeichnen – man fiebert mit dem armen Tor, der wider seine Natur zum Mörder wurde, auf das Herzlichste mit. Gleichzeitig versteht es Robert Siodmak, subtil die Spannung anzuziehen. Die düstere Stimmung eines nebligen Londons der Jahrhundertwende untermalt das Geschehen perfekt, wirklich jede Einstellung ist gelungen und zeugt von technisch höchster Fertigkeit. Der Mix aus Krimi, Liebesgeschichte und Moralstück ist ausgewogen dosiert, da ist gefühlt kein Gramm Fett am Gerüst des Films, und dennoch wirkt er zu keinem Zeitpunkt gehetzt. „Unter Verdacht“ ist ein zeitloser Klassiker, der heute noch so gut funktioniert wie vor acht Jahrzehnten. Ein Film für die Ewigkeit.


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der unheimliche Gast (1944)

Regie: Lewis Allen
Original-Titel: The Uninvited
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Thriller, Drama, Horror
IMDB-Link: The Uninvited


Das Setting klingt sehr vertraut: Ein einsames Haus an der Küste mit einer rätselhaften Vergangenheit und einem tragischen Todesfall, ein Paar (in diesem Fall: ein Geschwisterpaar), das sich in dieses Haus verliebt und das Hals über Kopf kauft, und schon geht der ganze Spuk los. Im Dachzimmer ist es seltsam kalt, Blumen verwelken, der Hund traut sich nicht die Stiegen hoch, und in der Nacht hört man ein fürchterliches Wimmern. „Der unheimliche Gast“ ist so etwas wie die Großmutter aller Spukhaus-Filme. Und bei Oma geht es eben ein bisschen gemütlicher zu. Heutzutage kann der Film nicht mehr schocken, dazu sind wir erstens zu abgebrüht, zweitens ein schnelleres Storytelling gewöhnt und drittens haben die Experten für Spezialeffekte mehr Tricks drauf als damals. Dennoch muss am Lewis Allen und seinem Team zu Gute halten, dass sie aus den geringen Möglichkeiten, die sie damals hatten, wohl ein Maximum herausgeholt haben. Da schwebt dann auch schon mal ein nebelhafter Geist durch das Haus, und Buchseiten blättern sich von selbst um. Soweit, so gut. Das eigentlich Bedauerliche an diesem Film ist aber, dass die Geschichte selbst unnötig kompliziert erzählt wird und gegen Ende hin – wie es so oft in diesem Genre passiert – die eine oder andere Kapriole zu viel schlägt. Damit nimmt sich der Film selbst einiges an Wirkungskraft. Nicht immer ist es kompliziert besser. Gerade im Horrorgenre hat sich gezeigt, dass die einfachen Storys oft die gruseligsten sind – wenn man das Grauen sieht und auch weiß, woher es kommt, es aber dennoch nicht aufhalten kann.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Zeuge gesucht (1944)

Regie: Robert Siodmak
Original-Titel: Phantom Lady
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Thriller, Krimi
IMDB-Link: Phantom Lady


Ein Thema zieht sich beim Film Noir durch: Die Handlung wird häufig durch Ehezwistigkeiten in Gang gesetzt – oft sehr zum Schaden der Ehepartnerin, die dann tot auf dem Diwan liegt, während der Gatte Hals über Kopf die Flucht ergreift. Das ist auch das Thema von „Zeuge gesucht“, dem ersten einer Reihe von Film Noirs, die Robert Siodmak für Universal drehte. In diesem Fall gelingt die Flucht nicht, und der Göttergatte (Alan Curtis) sitzt bald ein. Sein Alibi, dass er nach einem Ehestreit in einer Bar eine mysteriöse Frau aufgerissen hat, von der er nicht einmal mehr den Namen weiß, und den Abend mit ihr verbracht hat, glaubt ihm niemand – mit Ausnahme seiner Mitarbeiterin Carol „Kansas“ Richman (Ella Raines), die sich mit detektivischem Spürsinn an die Arbeit macht, ihren Chef zu entlasten und die unbekannte Dame, die als einzige das Alibi bezeugen kann, zu finden. Ihr zur Seite stehen ein Polizist und der Freund des Verdächtigen, der eigens seine Südamerika-Reise unterbrochen hat, um zu helfen. Etwas boshaft gesagt könnte man meinen, dass Alan Curtis am schwersten an seiner Rolle zu tragen hat, muss er doch in jeder Szene ungefähr 15 Kilogramm Pomade auf seinem Kopf stemmen. Aber es ist Ella Raines, die die Show rockt. Das ist dann auch der erfrischende Aspekt an „Zeuge gesucht“ – die Handlung wird von der jungen Dame mit eisernem Willen und Köpfchen in Gang gesetzt, und auch wenn sie sich gegen Ende hin wieder in klassischen Klischees verlieren muss, die man Frauen jener Zeit so zugedacht hat, behält sie zumindest für den größten Teil des Films die Hosen an. Was hier nicht mithalten kann, ist die Logik bzw. Unlogik der Handlung. Die ist mit Brachialgewalt auf schauderhafte Plot-Twists gebürstet. Allzu intensiv nachdenken sollte man darüber nicht. Wenn man sich aber darauf einlässt, dann kann man zumindest eine couragierte Leistung von Ella Raines sowie eine hintergründig kontrollierte Darbietung von Franchot Tone als Freund und einige hübsche Spannungsmomente genießen.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Universal Pictures/Photofest – © Universal Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Johnny Doesn’t Live Here Anymore (1944)

Regie: Joe May
Original-Titel: Johnny Doesn’t Live Here Anymore
Erscheinungsjahr: 1944
Genre: Komödie
IMDB-Link: Johnny Doesn’t Live Here Anymore


Es ist Krieg, von überall kommen Arbeiterinnen und Arbeiter in die Städte, um in der Rüstungsindustrie Arbeit zu finden. Was dadurch natürlich Mangelware wird: Wohnungen. Glücklicherweise lernt die junge Kathie Aumont (Simone Simon) durch Zufall den Marine Johnny kennen, der ihr kurzerhand ihre Wohnung überlässt, während er im Einsatz ist. Blöderweise hat Kathie aber auf der Zugfahrt in die Stadt unliebsame Bekanntschaft mit Rumpelstilzchen gemacht, als sie versehentlich einen Salzstreuer vom Tisch gestoßen hat. Sieben Wochen Pech, verspricht ihr der transluzente Gnom. Und so erweist sich der Glücksfall der freien Wohnung schon bald als ziemlich herausfordernd, da Johnny offenbar recht freigiebig mit seinen Wohnungsschlüsseln war, weshalb allerlei Volk in seiner Wohnung ein und aus geht, zumeist knackige Seemänner, was die misstrauische Nachbarin mit Argusaugen beobachtet. „Johnny Doesn’t Live Here Anymore“ ist eine wirklich amüsante Screwball-Komödie mit teils großartigem Wortwitz, wenn beispielsweise zwei neu angekommene und ziemlich ausgelassene Matrosen sich bei der entnervten Kathie vorstellen: „I’m Jack!“ – „I’m Mike!“, und sie darauf lapidar und mit einem charmanten Lächeln antwortet: „I’m going …“ Der ganze Cast ist gut aufgelegt, die Chemie zwischen allen Darstellern ist grandios. Und irgendwann darf auch noch der junge Robert Mitchum mitmischen, und sich vor fliegenden Torten in Sicherheit bringen. Ich musste mehrmals laut auflachen. Natürlich, irgendwie ist das alles schon sehr leichtgewichtig und ohne hintersinniger Botschaft (Witz schlägt Inhalt), aber der Film macht einfach Spaß, auch fast 75 Jahre nach seinem Erscheinen. Und mehr braucht es eigentlich nicht.


7,0
von 10 Kürbissen

(Foto: Norwegian Film Institute)