1963

The Demon (1963)

Regie: Brunello Rondi
Original-Titel: Il demonio
Erscheinungsjahr: 1963
Genre: Drama
IMDB-Link: Il demonio


Was Katholizismus mit armen Seelen anrichten kann, will man sich ja gar nicht ausmalen. Am eigenen Leib bekommt dies jedenfalls Purif (Daliah Lavi) zu spüren, die in einem kleinen süditalienischen Dorf aufwächst und die durch unerwiderte Liebe zu erratischem Verhalten neigt. Damit muss sie in den Augen der Dorfbewohner von einem Dämonen besessen sein, geht ja nicht anders. Was soll einer jungen Frau mit fleischlichen Gelüsten schon auch anderes widerfahren? „Il demonio“ von Brunello Rondi baut auf einem sehr klassischen Topos auf – die besessene Frau, die so nicht sein kann, nicht sein darf. Das ewig lockende Weib. Dabei macht Rondi aber nicht den Fehler, einen üblichen Horrorfilm daraus zu basteln, sondern kommentiert vielmehr in einem reduzierten Drama die absurden Verhältnisse am Land und die Irrationalität, die durch zu starken Glauben hervorgerufen wird. Die mystische Ebene existiert zwar, aber sie steht nicht im Vordergrund, und es ist am Ende dem Zuseher selbst überlassen, wie er das Werk interpretieren möchte. Das ist klug gemacht. Allerdings muss der Film schon mit recht einfachen Mitteln auskommen, und Spannung will sich nicht wirklich einstellen. Stellenweise ist „Il demonio“ damit eine zähe Angelegenheit. Dennoch eine interessante Erfahrung im Rahmen der Slash Festival-Retrospektive.


6,0 Kürbisse

(Foto: Slash Filmfestival)

The Cool World (1963)

Regie: Shirley Clarke
Original-Titel: The Cool World
Erscheinungsjahr: 1963
Genre: Drama, Krimi
IMDB-Link: The Cool World


Unbestritten ist „The Cool World“ von Shirley Clarke aus dem Jahr 1963 ein ausgezeichnet gemachter und relevanter Film. Unbestritten ist aber auch, dass es angesichts der Tonqualität und des Slangs ohne Untertitel für Filmkürbisse manchmal schwer sein kann, der Handlung wirklich zu folgen. Bei diesem Film bin ich an meine linguistischen Grenzen gestoßen – und dass ich in weiterer Folge dem Film nicht mehr Kürbisse zugestehe, hat vielleicht auch ein Stück weit damit zu tun, dass ich schlicht nicht immer den Durchblick hatte, was gerade passiert. Jedenfalls folgt der Film in einer Art semidokumentarischen Stil (der Produzent Frederick Wiseman tat sich später selbst als bedeutender Dokumentarfilmer hervor) dem fünfzehnjährigen Gangleader Duke (Hampton Clanton), der beim dubiosen „Priest“ einen Revolver erwerben möchte, um endlich mal aufzuräumen mit der feindlichen Gang. Was dabei interessant zu beobachten ist, ist das Leben in Harlem, dieser Geburtsstätte der Black Culture. Auch ist es interessant zu sehen, wie Duke feststeckt zwischen Teenager mit Teenager-Bedürfnissen und auf sich selbst gestellten Zampano und Möchtegern-Boss. Die Kameraarbeit ist elektrisierend und fängt das vibrierende Leben auf der Straße gut ein. Allein dafür lohnt es sich schon, den Film anzusehen. Allerdings ist er mit einer Laufzeit von etwa zwei Stunden und diesem Gerippe von einer Story auch eine echte Herausforderung für die Geduld des Publikums. Wenn dann noch Sprachprobleme hinzukommen wie in meinem Fall, muss man sich selbst nachmittags ordentlich anstrengen, um wach zu bleiben.


6,0
von 10 Kürbissen

 

Die Hexe und der Zauberer (1963)

Regie: Wolfgang Reitherman
Original-Titel: The Sword in the Stone
Erscheinungsjahr: 1963
Genre: Animation
IMDB-Link: The Sword in the Stone


Eintauchen in Kindheitserinnerungen. Ein Disney-Klassiker, den ich immer wieder sehen konnte, ist „Die Hexe und der Zauberer“, auch bekannt als „Merlin und Mim“. Über den kauzigen Kauz Archimedes konnte ich mich jedes Mal wegschießen. Der kleine Floh, der später zum großen König Arthur werden sollte, bot eine spannende Identifikationsfigur, Merlin war einfach der coole Onkel oder Opa, den jeder gerne gehabt hätte, und der hungrige Wolf stahl allen die Show. Doch oft entpuppen sich die Lieblinge der Kindheit zwanzig (na gut, dreißig) Jahre später als lahme Enten. Eines wird bei der Sichtung von „Die Hexe und der Zauberer“ drei Jahrzehnte später deutlich: Der Aufbau der Geschichte, die Szenenfolge, der Humor richten sich ganz klar an ein sehr junges Publikum. Allzu viele zusätzliche Ebenen, auf denen auch Erwachsene etwas aus der Story für sich herausziehen können, gibt es nicht. Dennoch gelingt es dem Film, auch mich als Erwachsenen mitzunehmen und königlich zu unterhalten. Wenn Archimedes seinen Lachflash bekommt und fast aus dem Turm fällt, kann ich auch heute noch von Herzen mitlachen. Merlins Zaubereien, die vielleicht nicht immer so glücklich enden, wie er sich das erhofft, sind auch jetzt noch liebevoll gestaltet und unterhaltsam anzusehen. Und was die Artus-Sage betrifft: Der Stoff geht bei mir immer, auch wenn am Ende ein kleiner Junge namens Floh, der zuvor ein Fisch, ein Eichhörnchen und ein Vogel gewesen ist, am Thron sitzt und von einem weißbärtigen Zauberer in Bermuda-Shorts beraten wird. Manch ein Zauber hält auch lange nach der Kindheit an.


7,5
von 10 Kürbissen

Flaming Creatures (1963)

Regie: Jack Smith
Original-Titel: Flaming Creatures
Erscheinungsjahr: 1963
Genre: Experimentalfilm, Kurzfilm
IMDB-Link: Flaming Creatures


Ich muss zugeben: Für diese Art von avantgardistischem Experimentalfilm fehlen mir die Antennen. Godards „Adieu au Langage“ verursachte bei mir Kopfschmerzen, und Jack Smiths „Flaming Creatures“ hinterlässt mich zumindest ratlos und genervt. Aber gut, wenn ich das Ding schon gesehen habe, kann ich auch darüber schreiben. Zunächst einmal muss man das Werk zeitlich einordnen. 1963. Die sexuelle Revolution ist noch ein Stück weit entfernt, aber die Libido macht natürlich, was sie will, ohne sich an Zeitpläne zu halten. Insofern ist „Flaming Creatures“ immerhin ein sehr gewagtes Experiment – kein Wunder, dass er bei seinem Erscheinen einen großen Aufschrei verursachte und sich sogar die Gerichte damit beschäftigten. Gezeigt wird nämlich explizit ein fröhliches Mit- und Durcheinander von eigenartigen Kreaturen, Frauen und Transvestiten. Auch eine seltsame mehrminütige Vergewaltigungsszene hat Smith im Repertoire. Eines kann der Film unbestritten: Aufmerksamkeit erregen. Und wenn er nur eine zehnminütige Sequenz geblieben wäre, dann hätte ich das als interessante Erfahrung ablegen können (ohne darüber in Begeisterungsstürme zu verfallen – das überlasse ich lieber Susan Sontag, die ein großer Fan des Films ist). Aber wenn sich diese wahllos aneinandergereihten Tanz- und Vögel-Sequenzen, unterbrochen durch wackelige Großaufnahmen beliebiger Körperteile, über 40 Minuten lang hinziehen, läuft irgendwann jeder Kürbis orangen an und entwickelt ausgefeilte Fluchtpläne. Es wird eine Menge Leute da draußen geben, die den Film richtig feiern können, denn er ist originell und schreit geradezu danach, Kunst zu sein, aber für mich ist das nichts, außer ich möchte mich mal wieder in Zen-mäßiger Gleichmütigkeit üben. Wer sich dennoch dafür interessiert, kann sich den kompletten Film auf Youtube ansehen.


2,0
von 10 Kürbissen

Cleopatra (1963)

Regie: Joseph L. Mankiewicz
Original-Titel: Cleopatra
Erscheinungsjahr: 1963
Genre: Historienfilm
IMDB-Link: Cleopatra


Vier Stunden. Darauf muss man sich einstellen, wenn man die DVD oder Blu-Ray von „Cleopatra“ einwirft oder auf sonstigen dubiosen Kanälen diesen Historienschinken startet. Man hat wahrlich nicht gekleckert – weder bei den farbenprächtigen Kostümen noch bei den imposanten Bauten noch eben bei der Laufzeit. Als cineastische Zwischenjause ist das Werk von Joseph L. Mankiewicz, zum Zeitpunkt des Entstehens der teuerste Film aller Zeiten, nicht geeignet. Die Geschichte sollte bekannt sein, wenn nicht in der Schule jede Geschichtsstunde den schülerautonom freien Tagen zum Opfer gefallen ist. Für alle, die eine Auffrischung brauchen: Cäsar (der Julius, wie man aus den Asterix-Comics weiß) bandelt mit Cleopatra an (die mit der schönen Nase, ebendort), Julius wird gemeuchelt, Cleopatra bandelt mit Marcus Antonius an, der sucht Zoff mit Cäsars Nachfolger Octavian, doch seine Schiffe werden im Meer versenkt, er stürzt sich ins Schwert, Cleopatra spielt mit ihrem Haustier, Ende gut, alle tot. Gleich mal ein erster Hinweis auf die Filmabendtauglichkeit des Historienschinkens: Ich habe keine vier Stunden gebraucht, um diese Geschichte zu erzählen. Sprich: Was „Cleopatra“ vor allen Dingen ist, das ist lang. Um historische Genauigkeit bemüht, erzählt der Film die Handlungen seiner Figuren wirklich sehr exakt nach, bis zur Ermüdung teilweise. Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass die handelnden Figuren eben nur handeln, aber sie lassen Tiefe, innere Motivation und wahre Konflikte vermissen. So ist „Cleopatra“ bei allen Bemühungen um monumentale Unterhaltung im Grunde nur eine Nacherzählung der historischen Ereignisse. Allein Rex Harrison als Cäsar kann hin und wieder so etwas wie Tiefe erkennen lassen. Liz Taylor ist zwar eine Augenweide, aber ihre Cleopatra ist (charakterlich) so flach wie ein Papyrus, und was Richard Burton dazu befähigen soll, einen interessanten Marcus Antonius darzustellen, darüber wird wohl heute noch in Fachkreisen gerätselt. Und habe ich schon einmal erwähnt, dass der Film lang ist? Also so richtig, richtig lang? Unterm Strich ist „Cleopatra“ zwar ein beachtlicher Versuch, etwas Großes auf die Beine zu stellen, und man merkt dem Film in vielen Aspekten wie eben der Ausstattung an, dass da richtig viel Kohle hineingesteckt wurde, und diese Aspekte unterhalten auch, aber man darf halt nicht auf das Wichtigste vergessen – interessante Charaktere. Und so wird sich wohl kaum jemand diese vier Stunden noch einmal gönnen, wenn er erst einmal durch ist. Dann also doch lieber Asterix.


5,5
von 10 Kürbissen