1996

Matilda (1996)

Regie: Danny DeVito
Original-Titel: Matilda
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Komödie, Fantasy
IMDB-Link: Matilda


Kinderfilme, die man als Kind nie gesehen hat, später zum ersten Mal als Erwachsener zu sichten, kann zuweilen eine etwas schwierige Angelegenheit sein. Das liegt vorrangig daran, dass das Kind über andere Dinge lacht als der zynische bis misanthropische Erwachsene, dem es peinlich ist, wenn mal bei einem infantilen Witz der Mundwinkel leicht nach oben zuckt. Darauf gleich einen kräftigen Schluck Chateau Haut-Brion 1988 und eine sarkastische Bemerkung in der Hoffnung, niemand hätte diesen kurzfristigen Verlust der Impulskontrolle mitbekommen. Aber irgendwie sträubt sich das innere Kind dann doch recht vehement gegen die zur Schau gestellte, fadisierende Noblesse, und plötzlich bricht man in ein Kichern aus, wenn die misshandelte Schülerin, die von der bösartigen Direktorin Knüppelkuh per Hammerwurftechnik aus dem Fenster geschleudert wird, von Matildas Zauberkräften gerettet wird und eine astreine Landung im Blumenfeld hinlegt. „Matilda“ nach einem Kinderbuch des in diesem Genres omnipräsenten Roald Dahl unter der Regie von Danny DeVito (der sich nicht das Vergnügen nehmen ließ, selbst in die Rolle des ungustiösen Vaters mit dem Hang zur Kleinkriminalität zu schlüpfen) mag sich vielleicht an ein sehr junges Publikum wenden, ist aber mit genug Charme, Fantasie und Esprit umgesetzt, um auch ältere Semester zu unterhalten. Die Geschichte um ein junges, von den Eltern vernachlässigtes Mädchen, das eines Tages magische Kräfte an sich entdeckt, bietet genügend Gelegenheiten für absurd-komische Momente, die DeVito auch genüsslich zelebriert. Mara Wilson in der Hauptrolle der jungen Matilda macht ihre Sache sehr sympathisch, und es ist schade, dass ihre Karriere nie über den Status des Kinderstars hinauskam. Danny DeVito und seine Frau (auch im echten Leben) Rhea Perlman haben sichtlich Spaß an ihren Rollen, Embeth Davitz fällt der etwas undankbare Part zu, einfach nur entzückend zu sein, ohne allzu viel Tiefgang aufbauen zu können, und Pam Ferris in der Rolle der sadistischen Schuldirektorin hat körperlich einiges zu leisten. Meine Frau hat schon angekündigt: Wenn wir mal Kinder haben, wird „Matilda“ fest ins Filmprogramm aufgenommen. Ganz ehrlich: Ich habe nichts dagegen.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Columbia TriStar – © 1996 TriStar Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Mars Attacks! (1996)

Regie: Tim Burton
Original-Titel: Mars Attacks!
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Science Fiction,Komödie, Satire
IMDB-Link: Mars Attacks!


Die frohe Kunde: Wir sind nicht allein im Weltall! Preiset die Marsianer, die sich herablassen zu uns Erdlingen und uns Erleuchtung bringen. Zu Ehren dieser weitgereisten Weisen gibt es den Rest meiner Rezension auf Marsianisch: Ack ack ack ack! Ack! Ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack ack ack! Ack ack! Ack ack ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack! Ack ack ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack! Ack! Ack ack! Ack ack ack ack ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack ack! Ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack ack ack ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack! Ack! Ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack! Ack ack! Ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack ack ack ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack ack! Ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack ack ack ack ack ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack! Ack ack ack ack! Ack ack ack! Noch Fragen? Ja? Nein? Auf jeden Fall einfach mal Film ab und Tim Burton dabei zusehen, wie er genüsslich zu unserem größten Vergnügen seine grünen Männchen Chaos stiften lässt und fast seinen gesamten Cast wortwörtlich verpulvert. Der Cast hat es überhaupt in sich. Nicht weniger als 31 Oscar-Nominierungen für Schauspiel finden sich darunter, die prominentesten davon sicherlich Jack Nicholson, Glenn Close, Natalie Portman, Pierce Brosnan, Annette Bening, Sarah Jessica Parker, Michael J. Fox, Danny DeVito, Rod Steiger, Christina Applegate, Jack Black, Pam Grier, Martin Short und nicht zuletzt Tom Jones, der die Ehre hat, am Ende eine neue Ära einzusingen. Und was man auch noch festhalten muss: Selbst Jodeln hat seine Daseinsberechtigung. Ack ack ack!


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Independence Day (1996)

Regie: Roland Emmerich
Original-Titel: Independence Day
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Science Fiction, Action
IMDB-Link: Independence Day


Der erste Film, den ich zweimal im Kino gesehen habe, war Roland Emmerichs Science Fiction-Kracher „Independence Day“, der sogar in die Liste der 1001 Filme, die man gesehen haben sollte, bevor das Leben vorbei ist, geschafft hat. Ein saucooler Will Smith, der den Aliens mit lässigen Sprüchen eine reinbetoniert, ein sympathischer Bill Pullman, der als US-Präsident selbst in den Kampfflieger steigt, um den bösen Aliens, die die Erde auslöschen wollen, in den Hintern zu treten, Jeff Goldblum als verhuschter Wissenschaftler (wie immer), Randy Quaid als dauerbesoffener Agrarpilot, der noch mal einen Sinn in seinem Leben findet, Margaret Colin als Pressesprecherin mit Nerven aus Drahtseilen, Vivica A. Fox als toughe Stripperin und Mutter mit einem bewundernswerten Überlebenswillen, Judd Hirsch als besorgter Vater und White House-Fanboy – ganz ehrlich: Der Film ist ein einziges Klischee! Allerdings macht er auch 25 Jahre später noch Laune. Die Effekte sehen gar nicht mal so übel aus, die Story ist immer noch spannend erzählt, auch wenn aus jeder Ecke des Bildschirms US-amerikanischer Militärpathos tropft, die Charaktere mögen zwar eindimensional und stereotypisch gezeichnet sein, werden aber von den Schauspielerinnen und Schauspielern mit sichtlicher Lust und grundsympathisch dargestellt, und wer freut sich nicht diebisch, wenn Will Smith dem aufsässigen Alien, das all seine Freunde vom Himmel geschossen hat, per waghalsigem Manöver zu einer Bruchlandung zwingt und ihn mit einem launigen „Willkommen auf der Erde!“ eine Betonwatschen verpasst, bei der selbst Bud Spencer interessiert hingeguckt hätte? Mit Sicherheit auch heute noch einer von Emmerichs besten Filmen – was jetzt per se nicht unbedingt viel heißt, aber es ist schon okay, dass „Independence Day“ so erfolgreich war und auch heute noch seine Fans hat.


6,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Versprochen ist versprochen (1996)

Regie: Brian Levant
Original-Titel: Jingle All the Way
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Komödie, Weihnachtsfilm
IMDB-Link: Jingle All the Way


„Versprochen ist versprochen“ von Brian Levant erzählt die tragische Geschichte, wie der junge Anakin Skywalker (Jake Lloyd) von seinem Vater (Arnold Schwarzenegger) so lange verarscht wird, bis er zu Darth Vader wird und die Sünden des Vaters an seinen eigenen Kindern wiederholt. Der originelle Zugang des Films ist hierbei, dass sich die Geschichte auf den Vater konzentriert und der kleine Anakin, der hier seltsamerweise Jamie heißt, nur am Rande vorkommt. Auch das mit den Jedi-Kräften haben sie bei dieser Star Wars-Origins-Story sträflich vernachlässigt, was den eingeschworenen Fans natürlich sauer aufstößt. Gut, der in diesem Film verzweifelt gesuchte „Turbo-Man“ hat Kräfte, die an einen Jedi erinnern, und des Vaters Nemesis, der Postbote Myron (Sindbad) gehört definitiv zur dunklen Seite der Macht. Einen Millennium Falken gibt es aber nicht, dafür aber ein aggressives Rentier. Man muss eben die Viecher nehmen, die man bei der Hand hat. Ein wenig mehr Gravitas hätte dem Film sicherlich gut getan, aber George Lucas war wohl gerade anderweitig beschäftigt, und Harrison Ford bereitete sich auf seine Rolle als US-Präsident in „Air Force One“ vor. So setzten die Drehbuchautoren und Produzenten sowie Regisseur Brian Levant voll auf den Klamauk-Faktor nach dem Motto „Wenn uns die Zuseher schon die Ewoks abgekauft haben, dann funktioniert das Ding hier auch“. Und natürlich gibt’s ein Happy End, die dunkle Seite wird besiegt, und es bleibt dem Junior der Familie überlassen, später in Form von Hayden Christensen auf die dunkle Seite der Macht zu wechseln, während ein Darth Arnie gerade noch verhindert wird. Ende gut, alles gut. „Rogue One“ war aber besser.


5,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Daylight (1996)

Regie: Rob Cohen
Original-Titel: Daylight
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Action, Thriller
IMDB-Link: Daylight


Hach, die 90er. Die coolen Kids trugen Flanellhemden, Gitarren waren als solche erkennbar, und am Actionolymp prügelten sich Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone um die Vorherrschaft. „Daylight“ von 1996 war so eine Gnackwatschn, mit der Sly unsere steirischen Eiche mal wieder zurechtstutzen wollte. Das Perfide an Stallones Plan: Ausnahmsweise waren es keine stereotypischen Russen, die den Helden ins Schwitzen bringen, sondern schlicht und ergreifend Physik und Statik. Gegen solche mächtigen Feinde zu bestehen ist dann noch mal eine Nummer größer als die ewiggleichen Watschengesichter zurück nach Moskau zu schießen. Was ist passiert? Ein paar depperte Punks (merke: Punks waren in den Hollywood-Produktionen der 80er und 90er immer deppert) verursachen einen Unfall mit einem Chemietransporter im Tunnel zwischen New York und New Jersey. Dieser bricht daraufhin ein, und die paar Überlebenden, die nicht von der Feuerwalze geröstet wurden, können nicht mehr raus. Was natürlich suboptimal ist, denn über ihnen bahnt sich der Hudson River allmählich seinen Weg in den Tunnel. Auftritt Sylvester Stallone, der als Taxifahrer Kit Latura und ehemaliger Tunnelbauexperte zufälligerweise gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Der dringt in einer waghalsigen Aktion zu den Überlebenden vor und versucht, mit ihnen einen Weg nach draußen zu finden. Natürlich ist das alles inszeniert mit dem typischen Action-Bombast der 90er – viel Kitsch, Dramatik, Explosionen, brennende Müllfässer & Co. –  und die Effekte reißen heute niemanden mehr vom Hocker, aber insgesamt funktioniert der Film auch heute noch überraschend gut. Kann man sich nach wie vor ansehen, wenn man einen spannenden No-Brainer sucht und Stallone mal wieder schwitzen und fluchen sehen möchte. 


6,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Archive Photos/Getty Images – © 2012 Getty Images, Quelle imdb.com)

Liebe hat zwei Gesichter (1996)

Regie: Barbra Streisand
Original-Titel: The Mirror Has Two Faces
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Komödie, Liebesfilm, Rom-Com
IMDB-Link: The Mirror Has Two Faces


Im Grunde meines Herzens bin ich ein Romantiker. Auch bei Pornos warte ich immer darauf, dass die beiden heiraten und miteinander glücklich werden. Scheint daher einfach nicht mein Genre zu sein. Hin und wieder darf es also auch eine Herz erwärmende Rom-Com sein, und wenn die mit so intelligenten Dialogen und charmant aufspielenden Darsteller/innen wie „Liebe hat zwei Gesichtern“ gespickt ist, dann garantiert mir das schon mal einen vergnüglichen Filmabend. Mit Barbra Streisand am Ruder kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Die Dame hat einfach Niveau. Dazu kommen ein hintersinniger Wortwitz und ein Gespür für Timing. All das spielt sie in „Liebe hat zwei Gesichter“ aus. Da geht es um die intelligente, humorvolle Literaturdozentin Rose, die sich fast schon damit abgefunden hat, unverheiratet zu bleiben. Doch dann trifft sie auf ihren Universitätskollegen Gregory, gespielt von Jeff Bridges. Gregory ist Professor für Mathematik und schwer gezeichnet von seinen  früheren Beziehungen. Er entschließt sich dazu, seinem (Liebes-)Leben eine drastische Wendung zu geben: Eine Beziehung sollte nicht durch Sex oder körperliche Anziehung gestört werden. Nein, Intellekt und gemeinsame Interessen sind das Ideal, auf dem sich etwas Langfristiges aufbauen lässt. Da kommt ihm das optische Mauerblümchen Rose gerade recht. Und als er ihr, ohne sie vorher jemals auch nur geküsst zu haben, einen Antrag macht, ist sie zwar nicht begeistert – aber besser, als allein übrig zu bleiben, ist das allemal. Also wird geheiratet. Und erwartungsgemäß fangen damit die Probleme erst an. Denn die Libido lässt sich nicht einfach abschalten wie ein schlechter Porno. Das alles ist dermaßen charmant und mit solch erfrischenden Dialogen vorgetragen, dass nur arge Misanthropen mit dem Film so rein gar nichts anfangen können.


7,5
von 10 Kürbissen

Wolken ziehen vorüber (1996)

Regie: Aki Kaurismäki
Original-Titel: Kauas Pilvet Karkaavat
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Drama, Komödie
IMDB-Link: Kauas Pilvet Karkaavat


Die Kunst des Aki Kaurismäki besteht darin, dass er völlig banale, alltägliche Geschichten mit völlig banalen, alltäglichen Problemen erzählt, die durch seinen lakonischen Blick plötzlich sichtbar werden – und interessant. Man findet als Zuseher rasch eine Verbindung zu den Problemen, mit denen sich die Protagonisten herumschlagen müssen. In „Wolken ziehen vorüber“ ist es die Arbeitslosigkeit, die am verheirateten Paar Ilona (Kati Outinen) und Lauri (Kari Väänänen) nagt. Ilona war Kellnerin im Dubrovnik, einem altehrwürdigen Nobelrestaurant, das schon etwas in die Jahre gekommen ist und nun schließen musste, und Lauri, den Straßenbahnfahrer, treffen die Sparmaßnahmen der städtischen Verkehrsbetriebe. Die Aussichten sind nicht besonders rosig. Ilona ist mit fast 40 für viele potentielle Arbeitgeber zu alt, um noch im Service zu arbeiten, Lauri, der eigentlich zum Busfahrer umsatteln wollte, wird der Führerschein abgenommen. Es folgt der vorhersehbare, aber dennoch unaufhaltsame Fall. Alkohol. Eheprobleme. Diese Themen schneidet Kaurismäki an, und er beschönigt dabei nichts, wirft aber auch keinen voyeuristischen Blick darauf. Vielmehr sind Kaurismäkis Bilder immer mitfühlend. Und seine Helden wissen sich am Ende dann doch immer zu helfen. Sie nehmen ihr Leben in die Hand, manchmal mit ungeschickten Mitteln, manchmal impulsiv, aber am Ende sind es dann doch zumeist positive Beispiele, die uns Kaurismäki gibt. So auch Ilona und Lauri, die nach ihrer Fahrt durch die Hölle von Depression und Arbeitslosigkeit beschließen, ein eigenes Restaurant zu eröffnen und ihr Glück in die eigene Hand zu nehmen. „Wolken ziehen vorüber“ ist die Geschichte eines Falls und einer Wiederauferstehung. Diese Geschichte ist schmerzhaft und schön, traurig und witzig zugleich. Kaurismäki eben.


8,0
von 10 Kürbissen

The Portrait of a Lady (1996)

Regie: Jane Campion
Original-Titel: The Portrait of a Lady
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Drama, Historienfilm
IMDB-Link: The Portrait of a Lady


„The Portrait of a Lady“, Jane Campions opulente Verfilmung des Romans von Henry James, erhielt nur gemischte Kritiken. Und ja, es ist immer ein schwieriges Unterfangen, wenn man ein 600 Seiten starkes Buch auf Filmlänge zusammendampfen muss, zumal Henry James für das präzise Herausarbeiten sehr feiner psychologischer Nuancen bekannt war, die sich filmisch halt auch nur schwer darstellen lassen. So schreibt das Lexikon des internationalen Films zum Beispiel: „Gediegene Adaption eines Romans von Henry James, der es jedoch nicht ganz gelingt, die Beweggründe ihrer Protagonisten zu verdeutlichen […].“ Doch gerade darin liegt für mich der ganz große Reiz des Films, der seine Figuren eben nicht erklärt. Sie bleiben rätselhaft und in ihren Handlungen zuweilen auch unverständlich. Aber sind wir Menschen nicht so? Die Figuren in James‘ Roman sind ja auch extrem ambivalent angelegt, und dem wird Jane Campions Umsetzung gerecht. Isabel Archer (eine hinreißende Nicole Kidman) versteht ihre eigenen Entscheidungen oft nicht, sie folgt einem Gefühl, einem Impuls, immer aus ihren eigenen Vorstellungen von Freiheit und Unabhängigkeit heraus. Doch genau diese Vorstellungen und Ideen können sie aber auch in die Irre führen. So schlägt sie die Heiratsanträge der noblen Verehrer Lord Warburton (Richard E. Grant) und Caspar Goodwood (Viggo Mortensen) aus, nur um sich in die Arme des egozentrischen Gilbert Osmond (John Malkovich, undurchschaubar bis dämonisch wie immer) zu werfen, mit dem sie fortan eine unglückselige Ehe führt. Macht das Sinn? Nein. Aber manchmal trifft man eben mit vollem Bewusstsein und aus eigenem Antrieb heraus depperte Entscheidungen. Wenn das noch dazu so herausragend gespielt ist wie in „The Portrait of a Lady“, dann besteht die große Chance, dass man gefesselt am Bildschirm kleben bleibt. Zu nennen sind da neben dem Hauptcast noch die oscarnominierte Barbara Hershey sowie Martin Donovan, die extrem facettenreiche und interessante Nebenfiguren spielen.  Und zu nennen ist natürlich Mr. Henry James himself, der mit seinem Roman die Vorlage für die scharfzüngigen und hintersinnigen Dialoge geschaffen hat, die hier so geschliffen vorgetragen werden. Ein Film, der mehr wie ein Theaterstück wirkt, und genau das muss man eben nicht mögen, aber man kann, wenn man eine Antenne für diese Art von Geschichten hat.


8,0
von 10 Kürbissen

Du bist nicht allein – Die Roy Black Story (1996)

Regie: Peter Keglevic
Original-Titel: Du bist nicht allein – Die Roy Black Story
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Biopic, Drama, Musikfilm
IMDB-Link: Du bist nicht allein – Die Roy Black Story


Roy Black war tatsächlich ein Held meiner Kindheit. „Ein Schloss am Wörthersee“, dieser Straßenfeger, lief auch bei uns im Fernsehen rauf und runter. Meine allererste Schallplatte, die ich mir als Knirps von meinem eigenen Taschengeld gekauft habe, war eine von Roy Black. Das hat sich mittlerweile ausgewachsen, zum Glück, aber ja, das waren meine musikalischen Anfänge. Und Roy Black war gewissermaßen auch Christoph Waltz‘ Anfang, jedenfalls war das eine der ersten Rollen, für die er vielfach beachtet wurde. Und ich muss sagen: Waltz spielt nicht Roy Black, er ist Roy Black. Seine darstellerische Leistung in diesem Biopic von Peter Keglevic ist schlicht herausragend. Die Qualität seiner Arbeit wird nur noch sichtbarer, wenn man den Rest des Casts durch den Film stümpern sieht. Ganz schlimm ist Wolfgang Bathke als Roy Blacks Manager Bertram. Ich weiß ja nicht, was Bathke hauptberuflich so gemacht hat, aber mit Schauspiel hatte das jedenfalls nichts zu tun. Und dieser Dilettantismus, dieses Überdrüber-Pathos im Spiel, im Drehbuch, in der Musik, zieht sich durch den ganzen Film. Er hat auch seine Momente, keine Frage, so bemüht sich der Film, ein ungeschöntes Bild des Schlagerhelden zu zeichnen und gewinnt dabei gegen Ende hin, als es in Richtung Absturz geht, auch eine gewisse Dringlichkeit, aber da ist der Karren schon längst an die Wand gefahren. Wäre da nicht eben der mittlerweile zweifache Oscar-Preisträger Christoph Waltz, der mit seinem Charisma und seinem feinen, nuancierten Spiel so ziemlich jede schlechte Szene rettet und die guten Szenen zur Denkwürdigkeit führt. So gibt’s höchstens (und auch nur dank des recht eindringlichen letzten Drittels) vier Punkte für den Film selbst, aber mindestens einen Waltz-Punkt obendrauf.


5,0
von 10 Kürbissen

Hard Core Logo (1996)

Regie: Bruce McDonald
Original-Titel: Hard Core Logo
Erscheinungsjahr: 1996
Genre: Drama, Komödie, Musical/Musikfilm, Roadmovie, Satire
IMDB-Link: Hard Core Logo


Hard Core Logo – so heißt die Band von Leadsänger Joe Dick, Gitarrist Billy Tallent, Bassist John Oxenberger und Drummer Pipefitter. In den 80ern hatte die kanadische Punkrockband große Erfolge, dann lösten sie sich auf. Mitte der 90er bringt Joe Dick die Band wieder zusammen, um ein Benefizkonzert zu Ehren des auf seiner Ranch angeschossenen Mentors Bucky Haight zu spielen. Daraus wird eine kleine Tour durch Westkanada. Der Filmemacher Bruce McDonald begleitet die Band auf ihrer Tour und ist live dabei, wenn die zwischenmenschlichen Abgründe, die einst zur Auflösung der Band geführt haben, zwischen Tourbus und Bühne sichtbar werden. Joe Dick, nur auf den ersten Blick geläutert, ist auf einem Egotrip durch die glorreichen Jahre der Vergangenheit, Billy Tallent möchte endlich die große Karriere machen, John Oxenberger ist nur ein buddhistisch angehauchter Literat, solange die Medikamente wirken, und Pipefitter hat keinen Plan. Der Clou an der ganzen Sache: Es handelt sich dabei um eine Mockumentary. Band und Musiker gibt es nicht wirklich. Bruce McDonald gelingt es aber (anders als beim glasklar satirisch aufgezogenen „This Is Spinal Tap“), nie den Bogen zu überspannen und bei allem Augenzwinkern die Musiker und deren Probleme lebensecht und nachvollziehbar darzustellen. „Hard Core Logo“ ist gleichzeitig eine Verbeugung vor dem Spirit des Punkrocks und dessen Abgesang. Ein ernster Spaß.


7,0
von 10 Kürbissen