Biopic

Everest (2015)

Regie: Baltasar Kormákur
Original-Titel: Everest
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Abenteuerfilm, Drama, Biopic
IMDB-Link: Everest


Das totale Desaster am Mt. Everest im Mai 1996, das später vom Journalisten Jon Krakauer, der selbst dabei war, aufgearbeitet wurde unter dem Titel „In eisige Höhen“, hat mich immer schon fasziniert, seit ich als Jugendlicher im GEO Magazin einen Bericht über eben jene gescheiterte Expedition gelesen habe. Nicht weniger als 8 Bergsteiger ließen am Gipfel der Welt ihr Leben – aufgrund von katastrophalen Fehlern in der Planung, mörderischen Fehleinschätzungen und Selbstüberschätzung. Baltasar Kormákurs Verfilmung der Ereignisse hält sich dabei recht nah an die Berichte der Überlebenden. Er macht nicht den Fehler, die Ereignisse allzu dramatisch zu überhöhen, um den Zusehern mehr Thrill zu bieten. Das, was damals geschehen ist, war dramatisch genug. Natürlich hilft es, wenn man eine gewisse Faszination fürs Bergsteigen mitbringt. Wenn dem nicht so ist, denkt man sich wohl zwei Stunden lang nur: „Ihr Trotteln! Das habt ihr davon, wenn ihr so deppert seid, auf einen Berg raufzukraxeln, wenn es unten doch viel schöner ist.“ Gut, das denkt man sich in jedem Fall irgendwann im Laufe dieser zwei Stunden – ganz gleich, ob man sich fürs Bergsteigen erwärmen kann oder nicht. Aber genießen kann man den Film mit seinen beeindruckenden Panoramaaufnahmen und dem gelungenen Transfer der Kälte und des Windes auf dem Berg in die Wohnzimmer und Kinosäle noch mehr, wenn man sich eben denkt: „Ja, Trotteln allesamt, aber irgendwie schon arg, was die leisten!“. Das macht den emotionalen Fall nur umso tiefer. Unsympathisch sind sie ja alle nicht, weder der von Jason Clarke gespielte Rob Hall noch der von Jake Gyllenhaal verkörperte Scott Fischer – die beiden Anführer der Expeditionen, auf deren Mist das folgende Chaos entstanden ist. Dazu gibt es noch viel Prominenz in den weiteren Rollen: Josh Brolin, John Hawkes, Emily Watson, Keira Knightley, Sam Worthington, Robin Wright – sie alle machen ihre Sache gut. Und ohne jetzt ein Meilenstein der Filmgeschichte zu sein, funktioniert der Film als Abenteuerdrama in klirrender Kälte auf eine perfide, mitreißende Weise. Vor allem in 3D. Nur Höhenangst sollte man dann keine haben.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © 2015 – Universal Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Sieben Jahre in Tibet (1997)

Regie: Jean-Jacques Annaud
Original-Titel: Seven Years in Tibet
Erscheinungsjahr: 1997
Genre: Drama, Abenteuerfilm, Biopic
IMDB-Link: Seven Years in Tibet


Das Wandern ist des Harrers Lust … Und weil das so ist und weil die Nazis ein paar Erfolgsmeldungen brauchen können, wird eben jener (Brad Pitt) zusammen mit einigen anderen erfahrenen Bergsteigern, darunter Peter Aufschnaiter (David Thewlis), zum Nanga Parbat geschickt, um den „Schicksalsberg“ der Deutschen ein für alle Mal in die Knie zu zwingen. Nun kommt ihnen eine Kleinigkeit dazwischen, ein Weltkrieg nämlich. Und die Briten, die ebenfalls gerade in der Gegend der Welt herumturnen, sacken die deutsch-österreichische Expedition gleich mal fröhlich ein und kerkern sie in Britisch-Indien ein. Nach Jahren können Heinrich Harrer und Peter Aufschnaiter flüchten und schlagen sich über den Himalaya bis ins ferne Tibet durch. Dort wurde gerade ein junges Bürschli (Jamyang Jamtsho Wangchuk) zum neuen Dalai Lama erkoren – eben jener, dessen Lebensweisheiten heute auf allen Zitate-Kalendern zu finden sind. Und weil das Leben manchmal die besten Geschichten schreibt, erfährt der arrogante Pimpf Harrer dort am Dach der Welt seine Läuterung, die in einer tiefen Freundschaft zum Dalai Lama mündet, die bis ans Lebensende von Harrer gehalten hat. Doch das Leben ist eben nicht nur bunter Fernsehkitsch, und die Spannungen zwischen China und dem friedliebenden, buddhistischen Tibet nehmen zu. Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt, und die zeigt Jean-Jacques Annaud in seinem Monumentalepos auch in aller Brutalität. Insgesamt kann man am Film durchaus seine Einseitigkeit und Parteinahme kritisieren, auch seine Verkürzung der komplexen Historie, aber wirkungsvoll ist er, keine Frage. Etwas schmerzhafter ist wohl eher der österreichische Akzent, um den sich Brad Pitt und David Thewlis bemühen. Ab dem Zeitpunkt, an dem sie nicht mehr versuchen, auf „Deutsch“ zu parlieren, wird’s besser. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass mit Harrers opportunistischer Einstellung zum NS-Regime etwas zu salopp umgegangen bzw. diese schlicht negiert wird. Und natürlich trieft zeitweise der Kitsch in diesem Film von den Bergwänden herunter. Aber gut, das waren halt die 90er, und damit ist Annaud ausreichend entschuldigt. Unterm Strich bleibt ein Film, der sein zentrales Thema, Freundschaft und Kameradschaft, mit eindrucksvollen Bildern zu untermalen weiß.


6,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Archive Photos/Getty Images – © 2012 Getty Images, Quelle http://www.imdb.com)

Marie Curie – Elemente des Lebens (2019)

Regie: Marjane Satrapi
Original-Titel: Radioactive
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Biopic, Drama, Historienfilm
IMDB-Link: Radioactive


Biopics gehen immer. Man kennt die Namen, vielleicht die grundlegenden Errungenschaften der Person, aber in der Regel nicht den Hintergrund, nicht die private Seite, nicht die Niederlagen und Tiefschläge, die diese Person auf dem Weg zum ewigen Ruhm einstecken musste. Gleichzeitig sind Biopics oft sehr formelhaft angelegt. Junge Jahre, erste Erfolge, gröbere Misserfolge und dann schließlich der Durchbruch, der Sieg, die Anerkennung – das Ganze vielleicht vom Ausgangspunkt des Lebensendes aus erzählt als Reflexion über das gelebte Leben. „Radioactive“, so der eingängigere Originaltitel, von Marjane Satrapi (ein Film, der übrigens auf einer Graphic Novel beruht) ist diesbezüglich keine Ausnahme. Die Formelhaftigkeit des Films über die bedeutende Wissenschaftlerin Marie Curie, die zusammen mit ihrem Mann Pierre unter Anderem die Radioaktivität entdeckte, kann man diesem durchaus anlasten. Gleichzeitig kann Marjane Satrapi auf die Fähigkeiten ihrer beiden Hauptdarsteller vertrauen. Rosamund Pike und Sam Riley spielen das Ehepaar Curie mit Verve und vielschichtig angelegt. Auch zündet (bei mir zumindest) der Regieeinfall, die Konsequenzen der Forschung der Curies, die Errungenschaften, die daraus entstanden sind, in einer Art Vorblende in den Film einzubauen. So verweist das Biopic über das Leben der Hauptfigur hinaus – etwas, was die Formelhaftigkeit des Films dann auch wieder ein wenig durchbricht. Das muss man nicht mögen, und ich kann jegliche Kritik daran nachvollziehen. Aber für mich hat diese Idee gut gepasst und (neben den Leistungen von Pike und Riley) dabei geholfen, den Film über den üblichen Durchschnitt hinwegzuheben. Und liebe Schüler der Zukunft, die diesen Film mit Sicherheit im Unterricht sehen müsst: Ja, der Film ist lang und ja, es gibt hier herzlich wenige Explosionen und blutige Aliens zu sehen, aber das ist doch immer noch besser, als Formeln von der Tafel abzuschreiben, oder?


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Vergiftete Wahrheit (2019)

Regie: Todd Haynes
Original-Titel: Dark Waters
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Drama, Politfilm, Biopic
IMDB-Link: Dark Waters


Einsamer Anwalt kämpft für das Gute gegen böse, gesichtslose Multikonzerne, die alles tun, um eine unbequeme Wahrheit zu verschleiern. Man kann nicht sagen, dass Todd Haynes‘ Justizfilm neue Pfade betritt oder das Genre gar neu erfindet. Aber wozu auch? Der Inhalt ist brisant genug und basiert noch dazu auf wahren Ereignissen. Ein einzelner Anwalt, der vormals für die größten Chemiekonzerne arbeitete, bekämpft nach Bekanntwerden eines massiven Umwelt- und Gesundheitsskandals zwei Jahrzehnte lang den Chemieriesen DuPont und zwingt durch Beharrlichkeit und leidenschaftlicher Arbeit diesen schließlich in die Knie. Diesen Robert Bilott, von Mark Ruffalo ausgezeichnet gespielt, gibt es wirklich, und ihm ist es zu verdanken, dass zigtausende Geschädigte mittlerweile eine Gesamtentschädigung in Höhe von über 600 Millionen US-Dollar von DuPont ausbezahlt bekommen haben. Ausgangspunkt ist ein Farmer in West Virginia, der vermutet, dass die Erkrankung seiner Kühe etwas mit der Abfallentsorgung der Chemiefabrik in der Nachbarschaft zu tun haben könnte. Todd Haynes zeichnet den langen Weg bis zu den ersten Erfolgen im Kampf gegen das Unrecht sehr unaufgeregt und präzise nach. Er kann sich dabei auf einen großartigen Cast verlassen, der von Mark Ruffalo angeführt wird, aber nicht bei diesem endet. Vor allem Tim Robbins als Chef der Anwaltskanzlei von Robert Bilott zeigt eine seiner besten Leistungen überhaupt. Und auch der Rest der Besetzung kann glänzen, wenngleich diese insgesamt etwas zu kurz kommt – vor allem Anne Hathaway als Bilotts Ehefrau, die dafür sorgen muss, dass der Haushalt funktioniert, wenn sich ihr Mann wieder zu sehr in den Fall verbeißt. Unterm Strich ist „Dark Waters“ ein gerader, ehrlicher Film ohne Schnörkel, der eine komplizierte Geschichte einfach verständlich erzählt, ohne Effekthascherei zu betreiben. Und gerade dadurch bekommt das Thema des Films die Dringlichkeit, die es braucht.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle imdb.com)

Durchgeknallt (1999)

Regie: James Mangold
Original-Titel: Girl, Interrupted
Erscheinungsjahr: 1999
Genre: Drama, Biopic
IMDB-Link: Girl, Interrupted


Es ist schon eine Weile her, dass Angelina Jolie den Oscar als beste Nebendarstellerin in Empfang nehmen durfte. Durch besondere schauspielerische Leistungen ist sie seither eher selten aufgefallen, wenngleich ihre Karriere natürlich als stattlich bezeichnet werden muss und sie für viele volle Kinosäle gesorgt hat im Laufe der letzten zwanzig Jahre. Eine solch unverbrauchte, frische, im besten Sinne dreckige Leistung wie die Rolle der Psychiatrie-Insassin und Soziopathin Lisa lässt sich aber auch nur schwer wiederholen. Dagegen wirkt Winona Ryder, obwohl auch mit einer der besten Leistungen ihrer Karriere, in der Hauptrolle der junge Susanna, die nach einem Selbstmordversuch/Unfall eingewiesen wird, fast schon blass. Unterm Strich ist „Durchgeknallt“ von James Mangold eine Two-Women-Show – ein Kampf der Gegensätze, die sich dann doch wieder voneinander angezogen fühlen. Wie es der menschlichen Psyche geht, wird eben auch oder vielleicht zur Gänze bestimmt von den zwischenmenschlichen Begegnungen. Was „Durchgeknallt“ auch ist: Ein Akt der Befreiung – von inneren Dämonen, schlechten äußeren Einflüssen und den starren Konventionen einer Gesellschaft, die noch nicht bereit ist für das Andersartige, aus der Norm Fallende. Einige Kritiken zu diesem Film monieren eine Richtungslosigkeit des Drehbuchs, eine Meinung, der ich mich nicht anschließen kann. Denn was das Drehbuch immer im Blick behält, ist dieser Kampf um Akzeptanz, und dieser rote Faden zieht sich bis zum Ende durch. Dass der Film dadurch manche Länge aufweist und vielleicht das eine oder andere Klischee bedient – geschenkt. Ein sehenswerter Film, nicht nur für Fans von Angelina Jolie und/oder Winona Ryder, die diese beiden am Höhepunkt ihrer Kunst sehen möchten.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: © 1999 – Columbia Pictures, Inc., Quelle: imdb.com)

The King (2019)

Regie: David Michôd
Original-Titel: The King
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Drama, Historienfilm, Biopic
IMDB-Link: The King


Zugegeben, ich war verwirrt. Da dauert ein Film über The King fast zweieinhalb Stunden, und kein einziger Hit wird gesungen. Kein Jailhouse Rock, kein In the Ghetto, kein Always on My Mind, kein Viva Las Vegas. Dabei brächte Timothée Chalamet die nötige verschlapfte Coolness mit, um den Hüften schwingenden Halbgott in Leder und Nieten glaubhaft zu porträtieren. Die Locken hätten halt noch schmalziger gehört, aber vielleicht ist den Friseuren am Set auch einfach die Pomade ausgegangen. Aber gut, Biopics sind ja nicht dafür bekannt, bis ins kleinste Detail akkurat zu sein. Irgendwann klingelte es aber auch bei mir. In „The King“ geht es ja gar nicht um „The King“, sondern um Heinrich V., seinerzeit König von England und dankbare Figur in Good Ole Will Shakespeares Dramen. Der trat die Erbschaft seines Vaters Heinrich IV. an und prügelte sich wirkungsvoll im Verlauf des Hundertjährigen Krieges mit den Franzosen bei Azincourt, denen er eine vernichtende Schlappe zufügen konnte, seinen Bogenschützen war Dank. Ganz genau so wie im Film dargestellt hat sich die Schlacht tatsächlich nicht, wie ich kurioserweise aus intensivem Wikipedia-Studium zufälligerweise gerade mal zwei Wochen vor Sichtung des Films erfahren habe (und Wikipedia ist ja, wie wir alle wissen, die verlässlichste Quelle ever), aber wenn man bedenkt, dass es sich bei David Michôds Film um eine fiktionalisierte Verfilmung eines fiktionalisierten Dramas über einen König, dessen Biographie sowieso immer von dessen Biographen beschönigt (oder von der Nachwelt verrissen) wird, muss man ja schon froh sein, dass im Film die Schlacht von Azincourt nicht mit Laserpistolen ausgefochten wurde. Bis es zu diesem Scharmützel kommt, vergehen allerdings eineinhalb teils sehr lange Stunden, die sich der Film für die Charakterentwicklung des jungen Königs Zeit nimmt. So weit, so gut – ich mag ja gut geschriebene Charaktere. Aber wenn man die nicht sieht, weil’s durchwegs dunkel ist (ja ja, das finstere Mittelalter), ist es auch nur halb so spannend. Timothée Chalamet macht seine Sache (mal wieder) sehr gut, Robert Pattinson gibt einen wundervollen Franzosen ab, aber Joel Edgerton, der den Film auch mitproduziert hat, stiehlt allen die Show. Frauen sind schmuckvolle Begleitung, was schade ist, aber in die Zeit passt (wobei es auch wehrhafte Damen gab, die ihre Heere in die Schlacht führten wie beispielsweise die Schwiegertochter von Heinrich V. – aber das ist eine eigene Geschichte, die man später mal verfilmen könnte). Unterm Strich ist „The King“ gelungen und sehenswert, aber nichts Weltbewegendes und historisch auch nicht allzu genau.

 


6,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle: imdb.com)

Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit (2018)

Regie: Mimi Leder
Original-Titel: On the Basis of Sex
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Biopic, Drama, Politfilm
IMDB-Link: On the Basis of Sex


Vor Ruth Bader Ginsburg, die mit hartnäckiger Arbeit das ganze System ausgehebelt hat, das gesetzlich Frauen in den USA benachteiligt hat, und die es später sogar bis an den Supreme Court geschafft hat, ist fraglos eine eindrucksvolle Frau. Wer sich davon in Live-Bildern überzeugen möchte, dem lege ich sehr die Dokumentation RBG ans Herz. Fast zeitgleich mit dem dokumentarischen Porträt dieser außergewöhnlichen Dame erschien 2018 das Biopic „On the Basis of Sex“ von Mimi Leder mit Felicity Jones in der Hauptrolle. Darin geht es um den bedeutenden Fall aus den 70ern, als Bader Ginsburg einen Mann vor Gericht vertrat, der aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert wurde – als es um den steuerlichen Abzug von Pflegegeld ging. So unscheinbar dieser Fall auch scheint, er war letztlich jener Stein, der die Abschaffung von Diskriminierung nach Geschlechtern ins Rollen gebracht hat. Und natürlich ist ein solcher Stoff ein dankbares Sujet, um ein flammendes Plädoyer für Gleichberechtigung zu halten, das in unserer heutigen Zeit immer noch notwendig erscheint. Insofern kann man dem Film nicht abstreiten, relevant zu sein. Leider ist die Umsetzung nur mäßig gelungen. Zu sehr folgt Mimi Leder den ausgetretenen Pfaden des Biopics und arbeitet brav Kapitel für Kapitel bis zum entscheidenden Punkt, nämlich der Urteilsverkündung, ab und folgt der Blaupause für biographische Filme bis auf den kleinsten Punkt. Das heißt nicht, dass der Film nicht unterhaltsam sein kann – eine mit Herz spielende Felicity Jones, ein gut aufgelegter Armie Hammer als Ehemann und Staranwalt im Steuerrecht sowie die inhaltliche Brisanz des Films an sich reichen aus, um über die volle Spielzeit von 2 Stunden gern dabei zu bleiben, aber leider gehört „On the Basis of Sex“ auch zu jenen Filmen, die man sofort nach dem Ansehen auch wieder vergisst. Dann lieber gleich die Doku ansehen, denn sowohl jener Film auch die echte Ruth Bader Ginsburg geben viel mehr her, als es Mimi Leders Film vermag.


5,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle: imdb.com)

Maria Magdalena (2018)

Regie: Garth Davis
Original-Titel: Mary Magdalene
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Drama, Historienfilm, Biopic
IMDB-Link: Mary Magdalene


Da regen sie sich auf, die rechten Socken: Der Simon Petrus ist ein Neger, das gibt’s ja gar nicht, ab da war der Film mein absoluter Hassfilm, ganz schlimm, so was sollte verboten werden! Dabei könnte man bei Garth Davis‘ Bibelfilm/Biopic „Maria Magdalena“ tatsächlich so einiges kritisieren. Nämlich den zähen Erzählfluss zum Beispiel. Die Geschichte schleppt sich dahin wie Moses durch die Wüste. Oder auch die arg idealisierte Darstellung der Maria Magdalena (Rooney Mara), die einfach so makellos ist, dass selbst Jesus neben ihr wie der ärgste Strizzi wirkt. Oder Jesus selbst, von Joaquin Phoenix arg weinerlich dargestellt. (Das erste Mal, dass ich einer Leistung von Joaquin Phoenix nichts abgewinnen kann, der ist ansonsten für mich eine sichere Bank für Bombenleistungen.) Irgendwie stolpert der Film durch seine zweistündige Laufzeit wie eine angeschossene Milchkuh (Zitat des Biathleten Christoph Sumann nach seinem von Krämpfen geplagten Zieleinlauf beim Olympia-Rennen 2010 in Vancouver). Pflichtbewusst werden die wichtigsten Ereignisses des Neuen Testaments abgeklappert, und man glaubt, es wäre interessant und subversiv, wenn man die Figur der Maria Magdalena als moralisches Gewissen des Fischervereins aufbauen, Judas als Sympathieträger positionieren und Petrus als unsympathischen Nörgler und Zweifler darstellen würde. Nein, es macht einen Film nicht interessant, wenn man Figuren ein klein wenig gegen die bekannten Rollen bürstet, aber ansonsten einfach wie bei Malen nach Zahlen von einem Pflichtfeld zum nächsten hatscht – und das noch in einem wirklich langsamen Tempo. Dafür, dass der schwarze Petrus bei den ganzen FPÖ- und AfD-Jüngern Schnappatmung hervorruft, würde ich dem Film ja gerne noch einen Extrapunkt geben, aber dafür ist er dann doch zu simpel, zäh und schlecht geraten.


4,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle: imdb.com)

Molly’s Game – Alles auf eine Karte (2017)

Regie: Aaron Sorkin
Original-Titel: Molly’s Game
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Krimi, Biopic, Drama
IMDB-Link: Molly’s Game


James Joyce wäre verblüfft, hätte er gesehen, was aus seiner Molly Bloom geworden ist. Nämlich eine abgebrühte Unternehmerin auf der Schattenseite des Wirtschaftslebens, die illegale Pokerspiele für Reich & Schön organisiert, für Hollywood-Stars, aufstrebende Neureiche, Dotcom-Millionäre, und das eine oder andere namhafte Mitglied der Russenmafia taucht auch gelegentlich in diesem illustren Kreis auf. Aber was soll’s – der Rubel rollt, und Molly verdient gutes Geld. Bis eines Tages ein paar uniformierte Herren mit finsterem Blick in ihrer Wohnung stehen. So rasant der Aufstieg, so schnell kann es auch wieder bergab gehen. Aber Molly Bloom ist eine findige junge Dame, und so verarbeitete sie ihre Geschichte ganz einfach in einer Biographie, die zum Bestseller wurde. Und eben jenen Bestseller verfilmte 2017 ein echtes Dreamteam: Aaron Sorkin, mehrfach preisgekrönter Drehbuchautor (u.a. für „The Social Network“ oder „Moneyball“), als Autor und Regisseur sowie Jessica Chastain in der Hauptrolle der Molly Bloom. In ihrem jeweiligen Fach sind beide absolute Ausnahmekönner. Dass Jessica Chastains Karriere bislang noch nicht Oscar-gekrönt ist, kann man nur als schweres Versäumnis werten. Ihnen zur Seite stehen weitere namhafte Kollegen wie beispielsweise Idris Elba als Molly Blooms Anwalt oder Kevin Costner als ihr Vater. Auch Michael Cera macht als notorischer Pokerspieler eine gute Figur. Warum „Molly’s Game“ trotz aller Ingredienzien dennoch nicht zu 100% zündet, liegt an der dann doch etwas zähen Spieldauer von fast 2,5 Stunden. Aaron Sorkins Drehbücher sind immer raffiniert, klug geschrieben, dialogreich und subtil. Auf die Dauer von 2,5 Stunden ausgebreitet können sie aber auch anstrengend werden, da sie ein hohes Maß an Konzentration vom Zuseher erfordern. Genau das erweist sich als einzige kleine Schwachstelle in einem ansonsten sehr guten, sehenswerten und toll gespielten Film.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Michael Gibson – © 2017 – STX Films, Quelle: imdb.com)

Judy (2019)

Regie: Rupert Goold
Original-Titel: Judy
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Biopic, Drama
IMDB-Link: Judy


Judy Garland war Everbody’s Darling. Zu Weltruhm bekommen in ihrer Rolle als Dorothy in Der Zauberer von Oz drehte sie in weiterer Folge etliche Filme für das Filmstudio MGM, zumeist an der Seite von Mickey Rooney. Sie war das Mädchen, das die Träume von Millionen amerikanischer Mädchen verkörperte. Dass solch eine frühe Vergötterung der geistigen Gesundheit eher abträglich ist, erscheint da nicht weiter verwunderlich. 30 Jahre später jedenfalls ist sie so gut wie mittellos, medikamentensüchtig und vierfach geschieden. Während sie ihre Tochter Liza Minelli so gut wie gar nicht sieht, hat sie zumindest noch das Sorgerecht für ihre zwei Kinder mit Sidney Luft. Doch gutes Geld kann sie nur in London bei einer Reihe von Bühnenshows verdienen, während die Kinder in den USA bleiben müssen. Der Kampf gegen die Abhängigkeit, um die Wiederbelebung des Ruhms und um den schnöden Mammon steht im Zentrum von Rupert Goolds Biopic. Die Geschichte folgt dabei ausgetretenen Pfaden und marschiert pflichtbewusst von einem logischen Plot Point zum nächsten. Der Blick in die Vergangenheit ist undifferenziert und allzu sehr um große Dramatik bemüht – zulasten von Authentizität und Glaubwürdigkeit. Es gibt dennoch einen guten Grund, sich den Film anzusehen. Dieser lautet Renée Zellweger, die wohl die beste Leistung ihrer Karriere abliefert. Sie verschwindet völlig in ihrer Rolle – ähnlich wie es Gary Oldman in Die dunkelste Stunde oder Daniel Day-Lewis in „Lincoln“ gelungen ist. Natürlich kann man nun darüber philosophieren, ob reale Persönlichkeiten, von denen so viel Bewegtbildmaterial vorliegt, nicht dankbare Aufgaben für Schauspieler/innen sind, oder ob es nicht die eindrucksvollere Leistung ist, einer fiktiven Figur so viel Leben einzuhauchen, wie es zum Beispiel Scarlett Johansson in Marriage Story gelungen ist, aber angesichts der Qualität von Zellwegers Spiel erübrigt sich diese Frage eigentlich. Sorry, Scarlett, aber auf deinen (verdienten) Oscar musst du wohl noch ein weiteres Jahr warten. Vielleicht gründest du in der Zwischenzeit ja einen Selbsthilfeclub mit Amy Adams und Glenn Close. Oder nimmst einmal eine Rolle an, in der du mit Bären kämpfen und rohes Fleisch essen musst.


5,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle imdb.com)