Regie: Charlie Brooker
Original-Titel: Death to 2020
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Satire, Politfilm
IMDB-Link: Death to 2020
Ein bisserl Masel hatten die Macher von „Black Mirror“ mit ihrem Jahresrückblick „Death to 2020“ ja schon. Veröffentlicht am 27. Dezember auf Netflix gingen sie frech davon aus, dass in den letzten Tagen des Jahres nichts mehr passieren würde, was in ihrem voreilig veröffentlichten Film sonst fehlen würde. Immerhin hielten sich in den USA die Anhänger des orangenen Proud Boy-Knallkopfs an den Zeitplan und stürmten das Kapitol erst im Jänner. Und so greift „Death to 2020“ im Schnelldurchlauf dann doch alle wichtigen Themen des vergangenen Jahres auf. Schon nach den ersten fünf Minuten wird einem noch einmal so richtig bewusst, was für eine absolute Shitshow auf politischer und gesellschaftlicher Ebene 2020 tatsächlich war. Vieles hat man ja zwischenzeitlich schon erfolgreich verdrängt. Danke, Charlie Brooker, dass du uns den ganzen Mist noch mal nach oben spülst! Waldbrände in Kalifornien, Buschbrände in Australien, Brexit-Chaos, Kettengerassel zwischen Iran und den USA nach der Ermordung von Soleimani, nicht erwähnt, aber durch die Nachrecherche zu dieser Kritik wieder ins Bewusstsein geholt: der Großbrand des Affenhauses in Krefeld, der Terroranschlag in Hanau – und das alles, bevor die erste Fledermaussuppe serviert wurde. Und dann eben dieser wunderschöne Rückfall ins Mittelalter: Eine weltweite Seuche, fundamentalistische Verschwörungstheoretiker, die Wissenschaftler als Ketzer und Häretiker mit Mistgabeln aufspießen wollen, und die Gesandten Gottes in Form der ÖVP-Spitze unter Oberapostel Sobotka, die zum gemeinsamen Gebet ins Parlament laden. Und da soll noch mal einer behaupten, Zeitreisen wären heutzutage noch nicht möglich. Letzteres sparen Charlie Brooker und sein Team gnädigerweise aus, aber Österreich ist nicht der Nabel der Welt, und mit der Aufarbeitung der Fehltritte von Johnson, Bolsonaro und Trump sind die Macher des Films eh gut beschäftigt. Dabei bekommt Brooker tatkräftige Unterstützung aus Hollywood: Samuel L. Jackson als Journalist, Hugh Grant als konservativer Historiker, Lisa Kudrow als dauerlügende Pressetante des Weißen Hauses sind da nur die Speerspitze, Grant und Kudrow dabei die parodistischen Highlights, wenn man von Trump absieht, der selbst seine eigene bestmögliche Parodie abgibt. Das Erschreckende an dem Film ist aber, dass all das, was hier humorvoll aufgearbeitet wird, auch wirklich passiert ist. Da bleibt einem so manches Lachen im Hals stecken. Ein wenig mehr Drive hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle gewünscht, auch sind manche Kommentare zum Weltgeschehen noch immer viel zu zahm – mir wären da noch deutlichere Worte eingefallen. Man hätte den Pegel also durchaus noch etwas nach oben drehen können. 2020 hätte es verdient. Hoffen wir mal, dass es keine Fortsetzung „Death to 2021“ braucht, um diese Empfehlung noch umzusetzen.
6,0
von 10 Kürbissen
(Bildzitat: © 2020 Netflix, Inc., Quelle http://www.imdb.com)