Regie: Paloma Baeza, Emma De Swaef, Niki Lindroth von Bahr und Marc James Roels
Original-Titel: The House
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Animation, Fantasy, Episodenfilm
IMDB-Link: The House
Die Stop-Motion-Tricktechnik ist etwas für richtige Masochisten. Jedes einzelne Bild muss von Hand gebaut werden. Das ist nichts, was man schnell mal in zwei Wochen mit dem Handy abdrehen kann. Glücklicherweise finden sich auch heute noch genügend Spinner, die sich diese Arbeit antun. Denn die daraus resultierenden Ergebnisse sind oft von erstaunlicher Kreativität und einem ganz eigenen Charme – siehe Wes Andersons Meisterwerk Isle of Dogs oder das komplett irre The Old Man Movie aus Estland. „The House“, ein britischer Episodenfilm mit Beteiligung aus Belgien und Schweden, ist ein weiteres Beispiel dafür, dass diese Sisyphosarbeit, die mit einem Stop-Motion-Film einhergeht, oft ungeahnte Kreativität freisetzt, als würde die repetitive Arbeit, die Figuren Bild für Bild in minimalsten Bewegungsfortschritten in Szene zu setzen, einen Ausgleich in Originalität brauchen. Allein schon das Hauptperson der drei Episoden rund um ein herrschaftliches Prunkhaus ist so angelegt, wie man es heutzutage nur selten sieht. Hier bewohnen neben einer vierköpfigen Familie in der ersten Episode in weiterer Folge Ratten und Katzen in Menschengestalt das alte Haus. Erinnerungen an Kinderbücher von früher werden wach. Alle drei Episoden vereint, dass sie vom Niedergang erzählen. Niemand wird in dem Haus glücklich, und es ist Einfaches, in den Geschichten eine subtile Kritik am Drang nach Besitztum und Betongold zu sehen. Es wäre aber falsch, den Film nur darauf zu reduzieren. Denn es gibt so viel mehr zu entdecken. Da wären die unterschiedlichen stilistischen Ausrichtungen, die von viktorianischem Schauersetting in der ersten Episode über eine kühl-nüchterne, zeitgemäße Stilistik in Episode zwei bis zu einer dystopischen, am Ende auch an Steampunk erinnernde Ästhetik reicht – alles aber in den Gesamtkontext eingewoben, sodass das Werk wie aus einem Guss wirkt. Es gibt zwar einige Längen zu bemängeln, und nicht alles erschließt sich sofort beim ersten Ansehen – es bleiben Fragen offen, über die sich dann wunderbar diskutieren lässt – aber insgesamt ist „The House“ ein großer, mit viel Liebe für Details umgesetzter Wurf.

8,0 Kürbisse
(Bildzitat: © 2021 Netflix, Inc., Quelle http://www.imdb.com)