Regie: Feo Aladag
Original-Titel: Die Fremde
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Drama
IMDB-Link: Die Fremde
Die liebe Familie. Während in unserer Gesellschaft Familie zwar wichtig, aber in der Regel nicht das eigene Leben völlig bestimmend ist, richtet sich in anderen Kulturkreisen noch immer alles am Wunsch und den Zielen der Familie aus. So auch in der türkischen Kultur, wie Feo Aladag in ihrem bedrückenden Drama „Die Fremde“ zeigt. Sibel Kekilli spielt darin die junge Deutsch-Türkin Umay, die mit ihrem Sohn ihren gewalttätigen Mann in der Türkei verlässt und wieder zu ihren Eltern nach Deutschland zieht. Damit beschwört sie eine Familienkrise herauf, die sich gewaschen hat. Denn innerhalb der türkischen Community hat durch Umays Handeln die Familie nun ihr Gesicht verloren und Schande auf sich gebracht. Darunter leidet Umays jüngere Schwester, deren Verlobung zu platzen droht, darunter leiden Umays Brüder, die sich nun in Lokalen blöd anpöbeln lassen müssen, darunter leidet der Vater, der so sehr auf die Familienehre bedacht ist. Und natürlich leidet vor allem Umay darunter, die zerrissen ist zwischen dem Wunsch, es ihrer Familie recht zu machen, und ihrer Angst davor, ihren Sohn an den ungeliebten Ehemann zu verlieren. Also wird sie mehr und mehr zur Außenseiterin, bis die Situation auf drastische Weise eskaliert. Nein, „Die Fremde“ ist definitiv kein Wohlfühlkino, sondern schwere Kost und auch sehr bedrückend. Sibel Kekilli macht einen ausgezeichneten Job, und als Zuseher leidet man mit ihrer Umay, die eine ganze Bandbreite von Emotionen durchläuft. Völlig zurecht wurde Kekilli für ihre Darstellung mit einigen renommierten Preisen überhäuft wie beim Deutschen Filmpreis oder dem Tribeca Film Festival. Allerdings hat der Film auch seine Schwächen – nämlich eine teils sehr zähe Dramaturgie und einige Längen. Auch wünschte man sich, dass einige der interessanten Nebenfiguren wie beispielsweise der potentielle Love Interest eine stärkere Profilierung bekommen hätten. Diese Figuren bleiben blass und nichtssagend – im Gegensatz zu Umay, der Hauptfigur, und ihrem Vater (überzeugend gespielt von Settar Tanrıöğen). Die beiden tragen mit ihrem Konflikt den Film, der dann doch wiederum über die ganze Laufzeit interessant bleibt. Und das Ende hallt ohnehin lange nach.
6,5
von 10 Kürbissen