Georges Méliès

Eine schreckliche Nacht (1896)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Une nuit terrible
Erscheinungsjahr: 1896
Genre: Kurzfilm, Komödie, Horror
IMDB-Link: Une nuit terrible


Das ist der Albtraum aller Insektenphobiker: Man legt sich gemütlich zur Nachtruhe und da krabbelt plötzlich etwas die Decke entlang. Dieses Etwas entpuppt sich als überdimensionaler Käfer. Wenn ich an meine Freundin denke, dann wäre in einem solchen Fall ein Schrei zu erwarten, der die Katzen an die Zimmerdecke fliegen und in ganz Simmering die Lichter angehen lässt. Ob der im Schlaf Gestörte in diesem Frühwerk Georges Méliès‘ ebenfalls panisch aufschreit, lässt sich nicht sagen – der Tonfilm kam erst Jahrzehnte später. Jedenfalls geht der Mann aber energisch auf Insektenjagd und schlägt den ungebetenen Bettgenossen platt. „Eine schreckliche Nacht“ aus dem Jahr 1896 ist einer der frühesten Filme von Georges Méliès. Filmhistorisch damit hochgradig interessant und auch relevant. Der krabbelnde Käfer stellt eine Meisterleistung dar – Méliès nutzte den von ihm entwickelten Stopptrick, um ihn lebensecht krabbeln zu lassen. Klar, es gibt spannendere und auch bessere Filme von Méliès, aber für einen solch frühen Film ist „Eine schreckliche Nacht“ schon erstaunlich.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der höllische Kessel (1903)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Le chaudron infernal
Erscheinungsjahr: 1903
Genre: Kurzfilm, Horror
IMDB-Link: Le chaudron infernal


Der heutige Georges Méliès-Film, der auf diesem Blog vorgestellt wird, ist ein handkolorierter Horrorfilm aus dem Jahr 1903. Ein wohliger Schauer war immer schon Bestandteil der Unterhaltung, ob in Literatur, im Theater oder eben dann im Medium Film. Und wenn man solche Tricks im Ärmel hat wie Georges Méliès, der gelernte Zauberkünstler, kann man das frühe, noch nicht an das Kino gewöhnte Publikum ordentlich erschrecken. In diesem Kurzfilm treiben zwei Teufel ihr Unwesen. Arme, unschuldige Menschen werden in einen Kessel gestopft und bei lebendigem Leibe verbrannt. Doch damit nicht genug – nach einem dämonischen Spruch steigen die Seelen der Verstorbenen empor, ehe auch diese von den böswilligen Teufeln endgültig verbrannt werden. Ja, das alles ist natürlich herrlich naiv und unschuldig. Aber man kann sich schon vorstellen, welchen Schrecken die Bilder vor fast 120 Jahren beim Publikum erzeugt haben. Das große Plus dieses Werks von Méliès ist die aufwendige und bunte Handkoloration. Eindrucksvoll stechen die beiden Teufelsköpfe in tiefstem Rot aus dem Hintergrund hervor. Die Teufel selbst tanzen in Türkis – ein sehr frühes Foreshadowing auf die Lage in der österreichischen Politik mehr als ein Jahrhundert später? Aber ich schweife ab. „Der höllische Kessel“ kann auch heute noch gut unterhalten, und mit einer Laufzeit von unter 2 Minuten ist er eigentlich der perfekte Film für unsere ADHS-geschädigte Gesellschaft. So etwas geht sich auch schnell mal auf dem Handy aus.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Aschenputtel oder der wundersame Pantoffel (1912)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Cendrillon ou la pantoufle merveilleuse
Erscheinungsjahr: 1912
Genre: Kurzfilm, Fantasy
IMDB-Link: Cendrillon ou la pantoufle merveilleuse


Warum das Märchen von Aschenputtel zu Ostern passt: Zu Ostern kommt der Osterhase und bringt den braven Kindern bunte Eier und Schokolade. Bei Aschenputtel kommt die gute Fee und bringt dem braven Mädel ein Paar neue Schuhe und den Märchenprinzen. Man kann also festhalten: Die gute Fee und der Osterhase sind im Grunde das gleiche Konzept. Die Existenz von beiden darf im Übrigen bezweifelt werden. Aber das nur als einleitende Gedanken, die einem kommen, wenn einem fad im Schädel ist. Jetzt zum eigentlichen Film, den wir hier besprechen wollen. 1912, nach nur etwas mehr als einer Dekade, in der das Filmschaffen maßgeblich geprägt hatte, war der Stern von Georges Méliès bereits am Sinken. Die Welt verlangte nach realistischeren Darstellungen, nach fiktionalem Erzählen, das sich nur schwer mit dem theatralischen Stil von Méliès vereinbaren ließ. Seine Neuauflage des Märchens Aschenputtel stieß daher nicht mehr auf allzu großes Interesse. Filmhistorisch gesehen ist das höchst unfair, denn diese Neuverfilmung ist ausgereifter und in sich runder und stimmiger als die erste Verfilmung. Ein Jahrzehnt mehr an Erfahrung macht sich klar bemerkbar. Mit einer Laufzeit von 23 Minuten ist dieser Film auch einer der längeren von Méliés. Aber es zahlt sich aus, diese 23 Minuten zu investieren. Das dauert auch nicht länger als die jährliche Suche nach Ostereiern. Womit wir wieder die Brücke zurück zur Einleitung gespannt hätten, auch wenn das, ehrlich gesagt, nicht notwendig war. Aber egal, irgendwie will man eine solche Rezension ja auch mal zu Ende bringen. Und jetzt klickt’s auf den Youtube-Link da unten, ihr Gfraster. Frohe Ostern!


8,0 Kürbisse

Aschenputtel (1899)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Cendrillon
Erscheinungsjahr: 1899
Genre: Kurzfilm, Fantasy
IMDB-Link: Cendrillon


Macht euch doch mal den Spaß, und zählt auf IMDB die Filme mit „Cinderella“ als Titel. Man könnte damit ein ganzes Filmfestival-Programm füllen, ohne auch nur einen einzigen Film mit anderem Titel aufnehmen zu müssen. Kaum ein anderes Märchen hat die Fantasie von Kunst- und Filmschaffenden so sehr befeuert wie jenes des armen Waisenmädchens, das von einer gutherzigen Fee die einmalige Chance bekommt, aus dem Elend auszubrechen. Oder wie es die EAV zusammenfasste: „Es lebte einst ein armes Mädel / Cinderella war sein Nam‘ / und es wartete vergebens / auf den Prinz‘, der niemals kam. / Sie schlief im Kohlenkeller / trotzdem war sie bettelarm / weil sie von der vielen Kohle / die da lag, zu wenig nahm.“ Ob Klaus Eberhartinger jemals den ersten Cinderella-Film überhaupt, eben jenen aus 1899 von Georges Méliès, sichtete, ist nicht überliefert. Man kann es nur vermuten. Was allerdings überliefert ist, ist der Ideenreichtum dieser allerersten Verfilmung. Und dieser Ideenreichtum beschränkt sich nicht ausschließlich auf die für Méliès üblichen gewitzten Spezialeffekte, sondern auch auf die Ausstattung und die Fantasie, mit der er die Szenerie gestaltet und das Märchen erzählt. Wenn sich um Mitternacht die Gehilfinnen der Feen in Uhren verwandeln, die daraufhin zu tanzen beginnen, dann geht das weit über die praktische Anwendung von Spezialeffekten hinaus. Hier erzählen die Effekte selbst die Geschichte. Ein frühes Meisterwerk – und witzigerweise übertraf Méliès einige Jahre später mit einem Remake noch einmal selbst die Qualität dieser ersten Aschenputtel-Verfilmung. Der Mann stand eben nie still.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von A7A09064_005.JPG – © Archives du 7e Art/DR, Quelle http://www.imdb.com)

Das Pech eines Fotografen (1908)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Les malheurs d’un photographe
Erscheinungsjahr: 1908
Genre: Kurzfilm
IMDB-Link: Les malheurs d’un photographe


Gutes Personal ist schwer zu finden. Diese Erfahrung muss auch der Fotograf machen, der eine Gesellschaft in lustiger Gewandung fotografieren möchte. Alle sind gut drauf, die Vorbereitungen und Kostümproben laufen, doch dem Gehilfen im Hintergrund sieht man schon an: Der ist auf Schabernack aus. Und so nimmt das Unheil seinen Lauf. Für einen kurzen Moment beschäftigt sich der gewissenhafte Fotograf zu sehr mit seinen Gästen und lässt die Kamera aus den Augen, und schon hat sich der Gehilfe mit dem eigenartigen Sinn für Humor daran zu schaffen gemacht. Diese Kurzrezension des Films von Georges Méliès kommt ein wenig zu spät – die wäre am 1. April angebrachter gewesen. Aber sei’s drum, trauern wir nicht verpassten Gelegenheiten nach, sondern lieber, dass so wenige die Filme von Georges Méliès kennen. Das zu ändern ist auch ein wenig meine Mission hier auf diesem Blog. Zwar ist „Das Pech eines Fotografen“ nicht unbedingt zu Méliès‘ Meisterwerken zu zählen, sondern eher ein eher lauer Sketch, der nicht einmal sonderlich gut andeutet, wie viel Witz und Genie Méliès in seine Filme gesteckt hat, aber nicht jeder Gag kann zünden, nicht jeder Film kann unterhalten. Wir sind hier immer noch in den Pionierjahren des Kinos unterwegs, und natürlich muss man solche Filme auch mit den Augen jener Zeit betrachten, um zu einem fairen Urteil zu kommen. (Aber fair enough: Der Film ist dennoch einer der schlechteren von Méliès.).


5,0 Kürbisse

Unterwasserbesuch der Maine (1898)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Visit sous-marine du „Maine“
Erscheinungsjahr: 1898
Genre: Kurzfilm
IMDB-Link: Visit sous-marine du „Maine“


Wieder einmal Georges Méliès. Ihr wisst ja mittlerweile, ich mag diesen französischen Pionier der Filmkunst sehr gerne. Er fand für viele filmische Probleme, die allesamt neu waren in einer Zeit, als das Medium erst gerade erfunden worden war, kreative Lösungen. Im Fall des etwa einminütigen Films „Unterwasserbesuch der Maine“, in dem drei Taucher zu einem Schiffswrack abtauchen und von dort einen Leichnam bergen, galt es die Frage zu beantworten, wie man eine Unterwasserwelt darstellen kann. Von wasserdichten Kameras war man ja logischerweise noch ein paar Jahrzehnte entfernt. Méliès löste das Problem, in dem er einfach ein Aquarium zwischen Set und Kamera aufstellte. Der Film ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr Méliès die Anfangszeit des Kinos geprägt hat, indem er auch vor „unfilmbaren“ Ideen nicht zurückschreckte, sondern diese Ideen mit etwas Hirnschmalz doch auf die Leinwand bringen konnte. Der Film selbst ist nur mäßig spannend, um es höflich zu formulieren. Aber die Kreativität bleibt.


5,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Seegefecht in Griechenland (1897)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Combat naval en Grèce
Erscheinungsjahr: 1897
Genre: Kurzfilm, Kriegsfilm
IMDB-Link: Combat naval en Grèce


Meine Damen und Herren, Mesdames et Messieurs, ich präsentiere euch hiermit den ersten Kriegsfilm der Filmgeschichte. Und wer könnte für diese historische Pionierarbeit verantwortlich sein? Natürlich Georges Méliès, der regelmäßigen Lesern dieses Blogs mittlerweile ein Begriff sein dürfte. In diesem etwa einminütigem Film stellt Méliès mit einfachsten Mitteln ein Seegefecht dar. Man sieht das Kriegsschiff, auf ihr einige Besatzungsmitglieder sowie den Kommandanten (gespielt von Méliès persönlich), die eine Kanone laden und abfeuern, doch dann getroffen werden, woraufhin ein Matrose zusammenbricht und verwundet liegenbleibt. Interessant an diesem Film ist vor allem die bewegliche Bühne, auf der das Schiff schwankt, als herrsche reger Seegang. Dieses kleine Detail, das man fast übersehen könnte, beweist einmal mehr den Erfindungsreichtum von Méliès und sein Verständnis für das Medium Film. Denn erst das Schwanken des Schiffs macht diesen Film glaubwürdig und lässt die Bedrohung spürbar werden. Aus heutiger Sicht mag dieser kleine Spezialeffekt unscheinbar wirken, doch unter dem Publikum der damaligen Zeit muss das ein Raunen und Staunen hervorgebracht haben.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Ein Sturz aus der fünften Etage (1906)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Une chute de cinq étages
Erscheinungsjahr: 1906
Genre: Kurzfilm, Komödie
IMDB-Link: Une chute de cinq étages


Georges Méliès war einer der ersten Filmemacher, zumindest in Frankreich, dem Mutterland des Films, war er der Allererste, der sich ein professionelles Filmstudio einrichtete. Der Pionier des Films drehte hier einen Großteil seiner insgesamt etwa 500 Werke, darunter auch „Ein Sturz aus der fünften Etage“ aus dem Jahr 1906, den man als klassischen Slapstick-/Klamaukfilm bezeichnen kann. Ein vornehmes Paar kommt zu einem Fotografen in dessen Studio, um sich ablichten zu lassen, doch der schusselige Assistent löst das pure Chaos aus, im Zuge dessen der Fotograf nicht nur sein teures Equipment verliert, sondern auch noch die Straße unter dem Studio ins Desaster gestürzt wird. Die zweite Hälfe des etwa 2,5 Minuten langen Kurzfilms ist die reinste Anarchie und großes Gaudium. Man kommt nicht umhin, Vergleiche mit dem späteren Genie der Slapstick-Komödie, Charlie Chaplin, zu ziehen. Es ist durchaus möglich, ja, sogar wahrscheinlich, dass Chaplin bei den Filmen Méliès‘ gut hingeschaut hat. Noch deutlicher zeigt sich das im Film „Die Matratzen-Wollkämmerinnen“ aus dem gleichen Jahr, der hier ebenfalls noch besprochen werden wird. Jedenfalls war Méliès stilbildend für viele cineastische Elemente, die uns in den folgenden 120 Jahren so viel Freude beschert haben.


6,5 Kürbisse

Das geheimnisvolle Porträt (1899)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Le portrait mystérieux
Erscheinungsjahr: 1899
Genre: Kurzfilm, Fantasy
IMDB-Link: Le portrait mystérieux


Als Film, rein in der Frage nach dem Unterhaltungswert beurteilt, ist „Das geheimnisvolle Porträt“ von Georges Méliès eine recht durchschnittliche Angelegenheit. Der Kurzfilm, der nur 1,5 Minuten dauert, zeigt Méliès, wie er einen Bilderrahmen aufstellt, der durch Magie zum Leben erweckt wird. Künstler und Porträt sitzen plötzlich von Angesicht zu Angesicht. Viel mehr passiert hier nicht. Aber schaut mal auf das Jahr, aus dem der Film stammt. Wir schreiben noch nicht einmal das zwanzigste Jahrhundert, das Medium Film steckt noch nicht mal in den Kinderschuhen, sondern hängt noch an der Brust ihrer Mütter (der Brüder Lumière und eben Georges Méliès), und doch zeigt Méliès in diesem frühen Werk fast schon Perfektion in der Ausübung der (teils von ihm entwickelten) Spezialeffekte, die ihn schließlich weltberühmt machen sollten. Er war ein früher Meister des Stopptricks und der Doppelbelichtung – das zeigt dieser Beitrag aus dem Jahr 1899 sehr deutlich. Andere frühe Regisseure und Regisseurinnen mögen das narrative Erzählen des Films stärker vorangetrieben haben, aber Méliès, der Zauberkünstler, der zum Film fand, war derjenige, der die Magie des Kinos als erster begriffen hat.


5,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Die Brandstifter (1906)

Regie: Georges Méliès
Original-Titel: Les incendiaires
Erscheinungsjahr: 1906
Genre: Kurzfilm, Krimi, Drama
IMDB-Link: Les incendiaires


Ein paar Taugenichtse zündeln herum und fackeln einen Schuppen ab. Das bringt natürlich sofort die Polizei auf dem Plan und nach einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd wird schließlich einer der Strolche geschnappt. Nach einer nicht so schönen Zeit im Gefängnis, in der er schon von der Guillotine fantasiert, wird ihm dann tatsächlich der Prozess gemacht. Der fulminante Höhepunkt dieses frühen Krimidramas ist die Exekution des Verbrechers durch die schon angesprochene Guillotine. Die Gerechtigkeit obsiegt, der Schurke ist einen Kopf kürzer. Filmpionier Georges Méliès bewegte sich mit „Die Brandstifter“ mal auf anderem Terrain als den üblichen fantastischen Tollereien oder spaßigen Zaubertricks. „Die Brandstifter“ ist eine durchaus ernste Angelegenheit und erzählt in etwas weniger als acht Minuten eine ganze Geschichte. Natürlich nutzt Méliès hier wieder stark seine Fähigkeiten als Magier, um mit frühen Special Effects filmische Illusionen zu erzeugen. Ich kann mir vorstellen, dass die Enthauptung des Bösewichts zu damaligen Zeiten für einigen Schrecken in den Vorführungen gesorgt hat. Abgesehen vom fehlenden Blut (das wäre wohl wirklich too much gewesen) wirkt die Darstellung der Exekution recht realistisch. „Die Brandstifter“ sind ein gutes Beispiel dafür, wie rasch sich Méliès in den wenigen Jahren, in denen er aktiv Filme dreht, weiterentwickelte und das neue Medium Film auf vielfältige Weise für sich nutzen konnte.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von A7A09064_017.JPG – © Archives du 7e Art/DR – Bild mit freundlicher Genehmigung photo12.com, Quelle http://www.imdb.com)