Guillermo del Toro

Nightmare Alley (2021)

Regie: Guillermo del Toro
Original-Titel: Nightmare Alley
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Drama, Krimi, Thriller
IMDB-Link: Nightmare Alley


Wer diesen Blog in den vergangenen Monaten etwas intensiver verfolgt hat, dem ist vielleicht aufgefallen, dass ich einige Film Noirs aus den 40ern besprochen habe. „Nightmare Alley“, der neueste Film von Guillermo del Toro, würde gut in diese Reihe passen – wenig überraschend, wenn man bedenkt, dass es bereits eine Verfilmung aus dem Jahr 1947 gibt unter dem Titel „Der Scharlatan“, ein Film Noir, der auf dem gleichnamigen Roman von William Lindsay Gresham beruht. Nun, ich kenne weder den Roman noch die Originalverfilmung, aber ich kann mir die Vibes des Films aus den 40ern sehr gut vorstellen, denn del Toros „Nightmare Alley“ ist eine Zeitreise in die Blütezeit des Film Noirs. Und wenn wir schon bei Zeitreisen sein: Cate Blanchett stammt ebenfalls eindeutig aus dieser Zeit. Ihre Femme Fatale, die das selbsternannte Medium Stanton Carlisle straucheln lässt, wirkt wie aus der Zeit gefallen. Überhaupt gibt sich del Toro jede Mühe, einen Film zu machen, der nicht nur Hommage an eine frühere Dekade des Kinos ist, sondern diese Zeit wieder auferstehen lässt. Die Detailversessenheit, an der man bei wohl jeder Einstellung die Handschrift des Regisseurs erkennt, zeitigt zwar ein visuell eindrucksvolles Ergebnis, führt aber auch zu erzählerischen Längen. Vielleicht ist del Toro selbst ein bisschen zu verliebt in seinen Film. Und so geht man die Reise zwar gerne mit, aber am Ende macht sich schon das Steißbein bemerkbar und ohne Proviant, sprich: einer großen Portion Popcorn, kommt man kaum gut durch. Dabei stimmt schon jedes Detail – die Darsteller:innen, allen voran Bradley Cooper, machen ihre Sache ausgezeichnet (da fällt mir ein: warum zum Teufel hat David Strathairn noch keinen Oscar?), Kostüme, Ausstattung und Score sind exzellent, die Geschichte diabolisch und spannend – aber für einen richtig großen Film ist von allem halt ein bisschen zu viel da. Klotzen, nicht kleckern, kann gut gehen, aber führt nicht immer zum bestmöglichen Ergebnis. So ist „Nightmare Alley“ ein unbestritten guter Film, aber nicht das Ereignis, das er selbst gerne wäre.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Kerry Hayes, Quelle http://www.imdb.com)

Pacific Rim (2013)

Regie: Guillermo del Toro
Original-Titel: Pacific Rim
Erscheinungsjahr: 2013
Genre: Science Fiction, Action
IMDB-Link: Pacific Rim


Ja, manchmal möchte man als Filmemacher eben einfach nur Aliens vermöbeln. Am besten gigantische Aliens aus einer anderen Dimension, die über den Pazifik in unsere Welt kommen. Und am besten mit überdimensionierten, vom Militär entwickelten Robotern. Man kann sich gut vorstellen, wie der kleine Guillermo del Toro so lange auf sein Transformers-Spielzeug gestarrt hat, während im Hintergrund ein Godzilla-Film gelaufen ist, bis sich allmählich die Idee zu „Pacific Rim“ (nicht zu verwechseln mit „Pacific Rimming“ – das ist ein anderes Genre) aus seinen sehnsüchtigen Blicken geformt hat. 2013 brachte er dann die Geschichte seines inneren Kindes auf die große Leinwand. Gigantische Wasseraliens. Ebenso gigantische Roboter. Und dann immer fest drauf! Mittendrin ein Charlie Hunnam, der der ganzen Film über so läuft, als müsste er dringend aufs Klo, dazu das Charisma von Idris Elba und Rinko Kikuchi, die 2006 für ihre Rolle in „Babel“, dem Film von del Toros Buddy Alejandro González Iñárritu, immerhin für einen Oscar nominiert wurde – was für ihren Auftritt in „Pacific Rim“ allerdings eine vermessene Erwartungshaltung gewesen wäre. Dazu gibt es zwei amüsante bis nervige, weil komplett überzeichnete Wissenschaftler (Charlie Day und Burn Gorman), und für die Edeloptik sorgt das Gesicht von Ron Perlman, der immer dort zu finden ist, wo es finstere Blicke zu erben gibt. Das alles hat man schon auch schlechter gesehen. Und wenn man „Pacific Rim“ als das nimmt, was es ist, nämlich einfach völlig hirnrissige Monster-Roboter-Action ohne große Story, dann ist der Film sehr unterhaltsam und sorgt für zwei kurzweilige Stunden. Dass es Guillermo del Toro besser und vor allem subtiler kann, hat er in anderen Filmen längst bewiesen. Hier wollte er halt einfach mal klotzen, und es sei ihm vergönnt.


6,0 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Courtesy of Warner Bros. Picture – © 2013 Warner Bros. Entertainment Inc. and Legendary Pictures Funding, LLC, Quelle http://www.imdb.com)

Crimson Peak (2015)

Regie: Guillermo del Toro
Original-Titel: Crimson Peak
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Horror, Fantasy
IMDB-Link: Crimson Peak


Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bess’res findet. Die fantasiebegabte junge Schriftstellerin Edith Cushing (Mia Wasikowska) hätte das lieber mal beherzigen sollen. Denn sonst hätte sie sich vielleicht nicht Hals über Kopf in den schottischen Adeligen und Pleitegeier Thomas Sharpe (Tom Hiddleston) verguckt. Na ja, verguckt vielleicht schon, aber dann gleich beim ersten Heiratsantrag schwach werden und ihm in ein baufälliges Haus in die Einöde folgen, das zumindest hätte sie sich ersparen können. Denn in diesem Haus gehen die Probleme erst so richtig an. Auch fällt die stete Gegenwart von Thomas‘ Schwester Lucille (Jessica Chastain) eher unter Erschwerniszulage, aber so ist es halt: Die Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, auch nicht, wenn sie angeheiratet ist. Also mal lieber schnell auf Mami hören, die zwar schon seit einiger Zeit tot ist, aber trotzdem noch viel zu sagen hat, und auf der Hut sein! „Crimson Peak“ trägt ganz klar die Handschrift von Guillermo del Toro, der ein Faible hat für das Übernatürliche und Monströse, verbunden mit großen Emotionen. Mit The Shape of Water hat er es damit sogar bis zu Oscar-Würden gebracht. „Crimson Peak“ stelle ich etwa auf eine Stufe mit seinem vielbejubelten Oscarfilm – was jetzt nicht heißt, dass ich „Crimson Peak“ als absolutes Meisterwerk erachte, dann dafür halte ich „The Shape of Water“ auch nicht. Beide Filme bieten aber sehr gute, spannende und atmosphärisch dichte Unterhaltung, wie sie typisch ist für del Toro-Filme. „Crimson Peak“ ist da eindeutig auf der düsteren Seite, insgesamt erwachsener und verhält sich zu „The Shape of Water“ ein wenig wie Tom Hiddleston zu Charlie Hunnam, der in „Crimson Peak“ den etwas naiven, unbedarften zweiten Love Interest geben darf. Wen von den beiden Schauspielern und Filmen man nun ansprechender findet, das sei jedem selbst überlassen, aber ich denke, ihr wisst, worauf ich hinaus will.


7,0
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Photo by Kerry Hayes – © Universal Pictures, Quelle http://www.imdb.com)

Shape of Water – Das Flüstern des Wassers (2017)

Regie: Guillermo del Toro
Original-Titel: The Shape of Water
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Fantasy, Liebesfilm
IMDB-Link: The Shape of Water


„I come from the water / That weren’t no easy thing / It’s more like nature / It’s like my destiny“. Das sangen die Toadies 1994. Das Reptilienwesen aus Guillermo del Toros Oscar-Favoriten „The Shape of Water“ hätte den Song vielleicht auch gemocht. Vielleicht aber auch nicht. Schwer einzuschätzen, wie überhaupt alles, was dieses Wesen betrifft: dessen Herkunft (irgendwo aus dem Amazonas), dessen Fähigkeiten (auch wenn manche davon im Laufe des Films offenbart werden und sich als recht nützlich erweisen), dessen Ziele. Vorerst scheint es glücklich damit zu sein, nicht vom sadistischen Regierungsbeamten Strickland (Michael Shannon) malträtiert zu werden. Die stumme Reinigungskraft Elisa (Sally Hawkins) rennt da mit ihrer zärtlichen Fürsorge offene Türen ein. Sie erkennt eine verwandte Seele in diesem Wesen, und als sie hört, dass Ungemach droht, beschließt sie, mit Hilfe ihres Nachbars Giles (Richard Jenkins), ihrer Kollegin Zelda (Octavia Spencer, beide mit Oscarnominierungen bedacht) und des spionierenden russischen Wissenschaftlers Dr. Hoffstetler (Michael Stuhlbarg) das Schicksal in die Hand bzw. Flosse zu nehmen. „The Shape of Water“ ist ein Film, der offenbar entweder restlos begeistert oder völlig ratlos zurücklässt, wenn man die bisherigen Kritiken dazu liest – wobei die begeisterten Stimmen allerdings ganz klar in der Überzahl sind. Das moderne Märchen, denn das wäre tatsächlich die passendste Genrebeschreibung, ist vor allem handwerklich überaus gelungen. Die Ausstattung, die Musik (die ein wenig an „Die fabelhafte Welt der Amélie“ erinnert), die Kamera und natürlich das herausragende Spiel von Sally Hawkins (völlig zurecht für den Oscar nominiert und wäre da nicht die ebenfalls grandiose Frances McDormand, es wäre wohl ein sicherer Gewinn) sind die ganz großen Pluspunkte des Films in meinen Augen. „The Shape of Water“ ist ein wirklich schöner Film, dem man die Liebe zum Detail anmerkt, die Guillermo del Toro in allen Belangen aufgebracht hat. (Der Oscar-Gewinn für die beste Regie ist wohl nur noch Formsache.) Allerdings hat mich die Geschichte selbst leider nicht berührt. Die Gründe für die Handlungen der Figuren haben sich mir kaum erschlossen, auch die große Liebesromanze ist zwar schön anzusehen, wird aber im Grunde nur behauptet. Was mich allerdings richtig gestört hat: Dass das Böse (in Person von Strickland) völlig eindimensional ist – selbst die eine oder andere Andeutung einer häuslichen Szene bestärkt die Widerlichkeit von Strickland eher noch, als dass sie der Figur neue Facetten hinzufügen könnte. Das führt dazu, dass ich „The Shape of Water“ zwar gern gesehen habe, aber dem großen Lobgesang kann ich mich nur bedingt anschließen. Auf der handwerklichen Ebene: Ja, unbedingt. Die Story allerdings hat mich nicht zur Gänze überzeugt.


7,0
von 10 Kürbissen