Joseph L. Mankiewicz

Plötzlich im letzten Sommer (1959)

Regie: Joseph L. Mankiewicz
Original-Titel: Suddenly, Last Summer
Erscheinungsjahr: 1959
Genre: Drama, Thriller
IMDB-Link: Suddenly, Last Summer


Katherine Hepburn konnte sogar ein Vogelnest auf dem Kopf tragen, und dennoch wirkte ihr Schauspiel graziös und messerscharf. Das ist Talent! Und dennoch spielt sie in „Plötzlich im letzten Sommer“ nach einem Stück von Tennessee Williams trotz erneuter Oscarnominierung nur die zweite Geige, denn die Primadonna des Thrillers, mit einem Golden Globe ausgezeichnet und ebenfalls für den Oscar nominiert, ist natürlich La Taylor, die schöne Elizabeth, die in der filmhistorischen Wahrnehmung so sehr mit ihrer späteren Rolle der Cleopatra verwachsen ist, dass man gerne vergisst, dass sie nicht nur unwahrscheinlich viel Lidstrich trug, sondern auch eine wirklich famose Schauspielerin war. Montgomery Clift als Chirurg, der emotional geschädigten Damen das Hirn lobotomiert, um sie zur Vernunft zu bringen (nein, es war nicht alles gut an der Goldenen Ära von Hollywood), hat zwar so viel Screentime wie sonst niemand, ist aber für die Geschichte irgendwie wurscht. Ein klassisches Indiana Jones-Schicksal also. Die Geschichte selbst: Die Witwe Violet Venable bittet den Arzt Dr. Cukrowicz zu Hilfe, da im letzten Sommer ihr geliebter Sohn Sebastian (Vorschlag für ein Trinkspiel: bei jeder Erwähnung des Namens einen Shot, und man ist hinüber, ehe Elizabeth Taylor das erste Mal auf der Leinwand aufgetaucht ist) auf einer Europareise mit seiner Cousine Catherine überraschend verstorben ist und Catherine selbst unter Amnesie leidet. Der Arzt soll doch bitte mal an ihren Frontallappen schnippeln. Der jedoch geht eigene, moderatere Wege und bringt so eine erschreckende Geschichte ins Licht. „Plötzlich im letzten Sommer“ ist großes Schauspielkino, ohne großes Kino zu sein. Denn dafür ist der Film einerseits etwas zu zäh geraten (man merkt ihm die Wurzeln als Bühnenstück an), andererseits zielt er am Ende zu sehr auf den Schockmoment ab, ohne diesen wirklich vorzubereiten. Aber das ist fast egal, wenn man zwei Meisterinnen, nämlich Hepburn und Taylor, bei ihrer Arbeit zusehen kann.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Cleopatra (1963)

Regie: Joseph L. Mankiewicz
Original-Titel: Cleopatra
Erscheinungsjahr: 1963
Genre: Historienfilm
IMDB-Link: Cleopatra


Vier Stunden. Darauf muss man sich einstellen, wenn man die DVD oder Blu-Ray von „Cleopatra“ einwirft oder auf sonstigen dubiosen Kanälen diesen Historienschinken startet. Man hat wahrlich nicht gekleckert – weder bei den farbenprächtigen Kostümen noch bei den imposanten Bauten noch eben bei der Laufzeit. Als cineastische Zwischenjause ist das Werk von Joseph L. Mankiewicz, zum Zeitpunkt des Entstehens der teuerste Film aller Zeiten, nicht geeignet. Die Geschichte sollte bekannt sein, wenn nicht in der Schule jede Geschichtsstunde den schülerautonom freien Tagen zum Opfer gefallen ist. Für alle, die eine Auffrischung brauchen: Cäsar (der Julius, wie man aus den Asterix-Comics weiß) bandelt mit Cleopatra an (die mit der schönen Nase, ebendort), Julius wird gemeuchelt, Cleopatra bandelt mit Marcus Antonius an, der sucht Zoff mit Cäsars Nachfolger Octavian, doch seine Schiffe werden im Meer versenkt, er stürzt sich ins Schwert, Cleopatra spielt mit ihrem Haustier, Ende gut, alle tot. Gleich mal ein erster Hinweis auf die Filmabendtauglichkeit des Historienschinkens: Ich habe keine vier Stunden gebraucht, um diese Geschichte zu erzählen. Sprich: Was „Cleopatra“ vor allen Dingen ist, das ist lang. Um historische Genauigkeit bemüht, erzählt der Film die Handlungen seiner Figuren wirklich sehr exakt nach, bis zur Ermüdung teilweise. Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass die handelnden Figuren eben nur handeln, aber sie lassen Tiefe, innere Motivation und wahre Konflikte vermissen. So ist „Cleopatra“ bei allen Bemühungen um monumentale Unterhaltung im Grunde nur eine Nacherzählung der historischen Ereignisse. Allein Rex Harrison als Cäsar kann hin und wieder so etwas wie Tiefe erkennen lassen. Liz Taylor ist zwar eine Augenweide, aber ihre Cleopatra ist (charakterlich) so flach wie ein Papyrus, und was Richard Burton dazu befähigen soll, einen interessanten Marcus Antonius darzustellen, darüber wird wohl heute noch in Fachkreisen gerätselt. Und habe ich schon einmal erwähnt, dass der Film lang ist? Also so richtig, richtig lang? Unterm Strich ist „Cleopatra“ zwar ein beachtlicher Versuch, etwas Großes auf die Beine zu stellen, und man merkt dem Film in vielen Aspekten wie eben der Ausstattung an, dass da richtig viel Kohle hineingesteckt wurde, und diese Aspekte unterhalten auch, aber man darf halt nicht auf das Wichtigste vergessen – interessante Charaktere. Und so wird sich wohl kaum jemand diese vier Stunden noch einmal gönnen, wenn er erst einmal durch ist. Dann also doch lieber Asterix.


5,5
von 10 Kürbissen