Josephine Decker

Shirley (2020)

Regie: Josephine Decker
Original-Titel: Shirley
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Krimi, Thriller
IMDB-Link: Shirley


Shirley (Elisabeth Moss) ist eine renommierte Schriftstellerin, die an einer Schreibblockade und einer Depression leidet. Ihr Ehemann Stanley (Michael Stuhlbarg), Dozent an der Uni, bringt seinen neuen Assistenten Fred (Logan Lerman) und Rose (Odessa Young) ins Haus. Rose soll Shirley im Haushalt unter die Arme greifen, dafür bekommt das junge Paar Kost und Logis. Zwischen den beiden Frauen entspinnt sich eine zarte Freundschaft, und über den realen Fall einer verschwundenen Studentin, die Shirley fiktional aufarbeitet, findet sie auch wieder zum Schreiben. Doch wie sehr greifen Realität und Fiktion ineinander, und was macht das mit den Betroffenen? „Shirley“ von Josephine Decker spielt diese Frage auf mehrere Ebenen durch. Vordergründig ist der Film eine Biographie der Horror- und Mystery-Autorin Shirley Jackson, doch werden reale Kernelemente des Biographischen ausgespart und durch Inhalte ersetzt, die eher an Jacksons fiktive Geschichten erinnern. Gleichzeitig verschmelzen Rose und die verschwundene Studentin Paula, die junge Rose wird zum Inhalt von Shirleys Geschichte. Und auch die Beziehung zwischen Shirley und Stanley wirkt oft dramatisch überhöht und inszeniert. Ein Fest für großartige Schauspieler/innen wie eben Michael Stuhlbarg und Elisabeth Moss, die zur Hochform auflaufen. Beide spielen sich damit in den Vordergrund für die großen Schauspielpreise der kommenden Monate. Und dieser Aspekt macht den Film auch wirklich sehenswert, während die Story selbst dann doch recht beliebig und ziellos bleibt. 


6,0
von 10 Kürbissen

(Foto: (c) Viennale)

Madeline’s Madeline (2018)

Regie: Josephine Decker
Original-Titel: Madeline’s Madeline
Erscheinungsjahr: 2018
Genre: Drama
IMDB-Link: Madeline’s Madeline


Ich muss zugeben: Die erste halbe Stunde von „Madeline’s Madeline“ fand ich einfach nur furchtbar nervig. Ich dachte, ich hätte mein Berlinale-Lowlight mit dem letzten gesichteten Film nun tatsächlich gefunden bzw. noch einmal unterboten. Dann jedoch begriff ich etwas: In „Madeline’s Madeline“ sind ausnahmslos alle Protagonistinnen und Protagonisten völlig irre. Nicht nur die 16jährige Titelfigur Madeline, die Schauspielerin sein möchte, dabei aber in ihrer geistigen bzw. seelischen Erkrankung immer wieder getriggert wird, sondern wirklich alle. Ohne Ausnahme. Alle gaga. Die überfürsorgliche Mutter, die Madeline nicht unter Kontrolle hat und auf sie reagiert wie ein verletztes, trotziges Kind. Die schwangere Projektleiterin am Theater, die ihre fehlende Autorität durch anbiederndes, unpassendes Verhalten kompensieren möchte. Die Schauspielkolleginnen und -kollegen, die merken, dass etwas total aus dem Ruder läuft, aber nichts dagegen tun – im Gegenteil, die Situation noch einmal verschärfen. Alle haben einen veritablen Dachschaden, und so schaukelt sich das Ganze zu einem wahnsinnigen emotionalen Chaos hoch, bei dem Madeline in ihrem Verhalten noch mal bestärkt wird. Am Ende wird die ganze Geschichte zu einem surrealistischen Machtkampf, und man weiß gar nicht, was man sich dafür als Ergebnis wünschen sollte. Aber sobald man begriffen hat, dass „Madeline’s Madeline“ ein eineinhalbstündiges Ausleben sämtlicher denkbarer und undenkbarer Neurosen auf allen Ebenen ist, kann man richtig Spaß haben mit dem Film. Denn dann sieht man Egos, die ungebremst aufeinander knallen, und man hört Worte, die messerscharf durch Seelen schneiden. Ein wirklich interessanter Film, der aber auch richtig nerven kann.


6,5
von 10 Kürbissen

(Foto: (c) Ashley Connor)