Musical / Musikfilm

Verwünscht nochmal (2022)

Regie: Adam Shankman
Original-Titel: Disenchanted
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Fantasy, Komödie, Musical
IMDB-Link: Disenchanted


Was passiert nach dem Happy End im Märchen? Nun, im Fall von Giselle und Robert (Amy Adams und Patrick Dempsey) aus Verwünscht nimmt das Leben seinen erwartbaren Verlauf: Kinder, Pubertät, der Umzug in den Vorort mitsamt beruflichem Pendeln und der Erkenntnis, dass solch große Veränderungen nicht immer nur reibungslos verlaufen. Vor allem Morgan (Gabriella Baldacchino), die grumpy Teenager-Tochter, nimmt die neue Situation, die ihr ihre Stiefmutter eingebrockt hat, nicht sonderlich gut auf. So weiß sich die desillusionierte Giselle bald nur noch mittels Magie zu helfen, doch der Zauberstab nimmt ihren Wunsch, ein Leben wie im Märchen zu führen, etwas zu wörtlich, was zu ungeahnten Komplikationen führt. Ich muss an dieser Stelle (nochmal) eine Lanze für „Verwünscht“ brechen. Das fantasievolle Abenteuer rund um eine Disney-Prinzessin, die es in das New York der Realität verschlägt, glänzt durch unerwartete Selbstironie des Mäusekonzerns, absurden Humor und eingängigen Songs. Die Fortsetzung „Verwünscht nochmal“ hat von alldem so gut wie nichts mehr. Stattdessen wird eine breiige Geschichte aufgetischt, die nicht weiß, wohin sie möchte; alles fühlt sich aufgewärmt wie ein Gulasch an, nur dass aufgewärmtes Gulasch schmackhaft ist. Die Songs sind langweilig und stören in den schlimmsten Fällen sogar den Film (Idina Menzel, ich schaue dich an!), der dadurch noch länger wird. Amy Adams ist bemüht, aber auch ihr gelingt es nicht, den Zauber des ersten Films wieder greifbar zu machen. Patrick Dempsey spielt auch nur mit, weil er sichtlich Geld brauchte – seine Figur trägt zur Story etwa gleich viel bei wie ein Kugelfisch zum Weltfrieden. Ob er dabei ist oder nicht, ist genaugenommen wurscht. Der Fokus auf die Stieftochter Morgan ist eine dadurch unausweichliche Notwendigkeit, auch wenn Gabriella Baldacchino ihre Sache gut macht. Aber nichts hilft gegen die gähnende Langeweile und die dümmliche, allzu vorhersehbare Story. Wenn man genau die wichtigsten Zutaten des ersten Films, nämlich die augenzwinkernde Selbstironie, das flotte Erzähltempo und die tollen Songs, aus dem Rezept entfernt, bleibt halt nur eine wässrige Suppe übrig, die man runterwürgt, weil man vergessen hat, einkaufen zu gehen und der Kühlschrank nicht mehr hergibt.


3,5 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Courtesy of Disney/Courtesy of Disney – © 2022 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved, Quelle http://www.imdb.com)

Kafka for Kids (2022)

Regie: Roee Rosen
Original-Titel: Kafka for Kids
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Musical, Komödie, Experimentalfilm
IMDB-Link: Kafka for Kids


Franz Kafka war schon ein lustiges Kerlchen. Ihm verdanken wir erbauliche und quietschfidele Geschichten wie „Der Prozess“, „Das Schloss“ oder natürlich die vielleicht berühmteste Metamorphose der Literaturgeschichte, „Die Verwandlung“. Man hat sich eigentlich schon all die Jahrzehnte lang gefragt, warum es noch keine illustrierten Kinderbuchausgaben dieser wundervollen Werke gibt. Der israelische Filmemacher Roee Rosen hat sich nun des Problems angenommen und mit „Kafka for Kids“ endlich eine kindgerechte Adaption der „Verwandlung“ auf die Leinwand gebracht, aufgebaut als Pilotepisode für eine neue Kindershow. Ein seriöser Erzähler liest einem dreiundvierzigjährigen Kind aus der Geschichte vor, während im Hintergrund das Mobiliar fröhliche Lieder dazu singt. (Man fühlt sich zeitweise ein wenig an „Die Schöne und das Biest“ erinnert, aber auf eine eher ungute, leicht pädophile Weise.) Farbenfrohe Animationen begleiten Gregor Samsas Verwandlung zum Insekt. Warum man trotz des Titels und dieser Beschreibung allerdings auf keinen Fall Kinder in die Vorstellung mitnehmen soll, wenn man nicht gewillt ist, für die nächsten zwei Jahrzehnte teure Therapiestunden zu bezahlen, erklärt sich meiner Meinung nach aus dem Drogentrip, auf dem Rosen gewesen sein muss, als er „Kafka for Kids“ entsann. Denn das Wort, das den Film am ehesten beschreibt, ist „trippy“. Da singt ein unvermutet auftretender „Bearer of Bad News“ von wachsenden Tumoren, zwischendurch werden Werbeclips für Delikatessen eingespielt, die nahrhaftes Essen möglichst eklig darstellen, komplett unzusammenhängende Songs werden geträllert, die mit der Story nichts zu tun haben, und am Ende darf man sich noch den Vortrag einer Rechtswissenschaftlerin (das dreiundvierzigjährige Kind) anhören, das über Kinderrechte in Israel und Palästina doziert, während sie an den eigenen Achseln schnüffelt und immer wieder abgleitet in Ausdrücke sexuellen Verlangens. Das mag alles eine unheimlich intelligente Metaebene haben, die mir aber verschlossen bleibt. Ja, es geht darum, wann ein Kind ein Kind ist, wo wir da die Grenzen ziehen zwischen Kindheit und Adoleszenz, aber das ist dermaßen wirr erzählt und von ständigen Ablenkungen durchbrochen, dass man den Eindruck gewinnt, der Regisseur hätte einfach nur versucht, einen zweistündigen Egotrip auszuleben. Es gibt mit Sicherheit Publikum für diese Art von Film, aber der Kürbis gehört nicht dazu.


2,5 Kürbisse

(Foto: (c) Viennale)

Encanto (2021)

Regie: Jared Bush und Byron Howard
Original-Titel: Encanto
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Animation, Musical
IMDB-Link: Encanto


Disney hat, wie es aussieht, ganz gut bei Pixar hingeschaut. Pixar-Filme erfreuen sich unter anderem deshalb so großer Beliebtheit, weil sie neben herausragenden Animationen auch immer hochemotionale Geschichten erzählen, in denen Werte wie Familie, das Aufwachsen und Freundschaft wundervoll zelebriert werden, ohne dass diese durch billige Gags torpediert werden. „Encanto“ ist so etwas wie Disneys Pixar-Film. Dass man sich heutzutage durchaus ethnisch öffnen kann und Helden mit anderen Hautfarben und aus anderen Kulturkreisen in den Vordergrund rücken darf, hat Pixar mit Coco oder Soul ja schon mehrfach bewiesen. Und auch Disney selbst unternahm mit Vaiana schon erste Schritte in die richtige Richtung. In „Encanto“ wird der Zuseher nun in ein magisches Dorf in Kolumbien geführt, in dem alle Familienmitglieder der Madrigals besondere Fähigkeiten haben, nur die aufgeweckte und mit Locken und Brille wundervoll antiprinzessenhafte Mirabel ging bei der Vergabe der magischen Talente leer aus – sehr zum Missfallen der Matriarchin Abuela. Doch man kann sich darauf verlassen, dass es gerade die unscheinbare Mirabel ist, auf die es ankommt, als sich eine dunkle Bedrohung am Horizont zusammenbraut. „Encanto“ ist ein animiertes Musical und eine entzückende Familiengeschichte. Für die Songs zeichnet Lin-Manuel Miranda verantwortlich, der seit einigen Jahren einen Lauf hat. In diesem Fall sind aber gerade die Songs (und da darf man durchaus geteilter Meinung sein) der für mich größte Schwachpunkt des Films. Man versucht, modern und peppig zu sein, aber leider bleibt kaum ein Song im Ohr. Immerhin sind die Songs nicht nervig, das kann man schon mal auf der Habenseite verbuchen, aber es klingt halt alles recht belanglos. Dafür funktioniert die Kerngeschichte, die einen sehr emotionalen Höhepunkt findet. Man hätte das Ende sogar noch etwas konsequenter ausfallen lassen können, aber gut, das verbietet wohl die Disney-DNA. Dennoch: Smells like Oscars. Und auch wenn ich mich freuen würde, wenn molto simpatico Luca aus der Schwesterfabrik Pixar den Goldjungen mit nach Hause an den Meeresgrund nehmen könnte, wäre „Encanto“ definitiv eine gute Wahl.


7,5 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by Disney/DISNEY – © 2021 Disney, Quelle http://www.imdb.com)

tick, tick … BOOM! (2021)

Regie: Lin-Manuel Miranda
Original-Titel: tick, tick … BOOM!
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Musical, Drama, Biopic
IMDB-Link: tick, tick … BOOM!


Dass ich kein großer Fan von Musicals und Musicalfilmen bin, ist, glaube ich, kein großes Geheimnis. Was für eine große Sache „Rent“ war, habe ich tatsächlich erst der im November auf Netflix angelaufenen Musical-Biografie „tick, tick … BOOM!“ von Lin-Manuel Miranda entnommen. Diese zeichnet den steinigen Weg eines jungen, talentierten Künstlers in New York nach. Denn nur selten fällt der Erfolg vom Himmel. Meistens liegen viele Jahre der Frustration und der Niederlagen vor dem Durchbruch. Im Fall von Jonathan Larson, der später mit „Rent“ Broadway-Geschichte schreiben soll, sind es über acht Jahre, die er sich mit seinem ersten Musical abquält. Andrew Garfield wirft sich mit einer couragierten und auch gesanglich überzeugenden Darstellung mitten hinein in die Award Season und hat gute Chancen, auch den einen oder anderen Preis mitzunehmen. Er spielt den begabten Pleitegeier, der sich nur so halb mit einem Kellnerjob über Wasser hält, während er nachts an seinen Songs tüftelt, mit Leib und Seele. Generell hat der Film unglaublich viel Energie und kann dadurch selbst Musical-Muffel wie mich mit etlichen seiner Up-Tempo-Songs mitreißen. Die Balladen hingegen … darf ich was Ketzerisches sagen? Musical-Balladen klingen alle gleich. Und anstatt sich auf den Song zu konzentrieren, grübele ich dabei immer ständig darüber nach, wo ich den Song schon mal gehört habe. Aber egal, die Balladen dominieren in „tick, tick … BOOM!“ ohnehin nicht. Vielmehr ist der Film ein Plädoyer dafür, an seine Träume zu glauben und nicht aufzugeben, auch wenn’s schwierig erscheint. Und dieses Plädoyer wird mit viel Schwung und Enthusiasmus vorgetragen. Dabei ist der Film beileibe kein simpel gestricktes Feelgood-Movie – auch ernste Themen wie Aids, das Anfang der 90er wie eine Seuche unter den jungen Menschen wütete, oder auch die Schwierigkeit, sich der Beziehung mit der gleichen Hingabe wie der Kunst zuzuwenden, werden thematisiert. „tick, tick … BOOM!“ ist ein Musical, das auch dem breiten Publikum genug bietet, um zwei Stunden lang interessant zu sein. Den einen oder anderen Leerlauf oder Song, mit dem man gar nichts anfangen kann, nimmt man dafür dann auch gerne in Kauf.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Photo by MACALL POLAY/NETFLIX © 2021/MACALL POLAY/NETFLIX © 2021 – © 2021 Netflix, Inc., Quelle http://www.imdb.com)

Nightmare Before Christmas (1993)

Regie: Henry Selick
Original-Titel: The Nightmare Before Christmas
Erscheinungsjahr: 1993
Genre: Animation, Weihnachtsfilm, Musical
IMDB-Link: The Nightmare Before Christmas


„The Nightmare Before Christmas“ ist der Tim Burton-Film, der nicht von Tim Burton ist. Gut, ganz korrekt ist das nicht, denn immerhin hat Tim Burton die Geschichte dazu geschrieben und die Produktion übernommen, aber auf dem Regiestuhl nahm Henry Selick Platz, was aber nichts daran ändert, dass das makaber-lustige Stop-Motion-Weihnachtsmusical so burtonesque wirkt, dass sich das bei den meisten so in die Hirnrinde gebrannt hat. Und ja, mehr Tim Burton bringt selbst Tim Burton nicht zustande. „The Nightmare Before Christmas“ ist liebevoll verrückt gestaltet, mit einer großen Liebe zum Schaurigen und für die Außenseiter, die im Schatten leben, und passt damit ganz ausgezeichnet in die Filmografie des Meisterregisseurs, dessen Stil man wohl entweder mag oder komplett ablehnt. Die Story ist dabei fast schon fröhlich und kindlich: Der König von Halloween Town, das Skelett Jack, stößt durch Zufall auf Weihnachten und beschließt, sich das zu Eigen zu machen und an Santa Claus‘ statt die Kinder zu beschenken. Dass das vielleicht nicht die glanzvollste Idee in der Geschichte der Ideen ist, liegt auf der Hand. Doch wird Weihnachten tatsächlich ins Chaos gestürzt, oder gibt es ein Happy End? Es sei an der Stelle nicht zu viel verraten, wenn ich sage, dass „The Nightmare Before Christmas“ trotz seines originellen, makabren Ansatzes im Grunde seines Herzens ein recht traditioneller Weihnachtsfilm ist und somit keine Grenzen überschreiten mag, sondern sich damit zufriedengibt, an diesen Grenzen schaurig-lustige Tänzchen aufzuführen. Aber das ist auch gut so, das Subversive bietet nicht immer Mehrwert. Vor allem, wenn wir alle im Grunde kleine Kinder geblieben sind, die sich jedes Jahr zu einer bestimmten Zeit über glanzvoll geschmückte Christbäume und leuchtende Lichterketten freuen und das bisschen Magie in unserem Leben einfach brauchen wie einen Bissen Brot. (Bis wir das 50. Mal „Last Christmas“ im Radio gehört haben und uns vom Glühwein schlecht ist.)


8,0 Kürbisse

(Bildzitat: Foto von Getty Images/Getty Images – © 1993 Disney Enterprises, Inc., Quelle http://www.imdb.com)

Sweeney Todd – Der teuflische Barbier aus der Fleet Street (2007)

Regie: Tim Burton
Original-Titel: Sweeney Todd: The Demon Barber of Fleet Street
Erscheinungsjahr: 2007
Genre: Musical, Horror
IMDB-Link: Sweeney Todd: The Demon Barber of Fleet Street


Gleich mal die Warnung vorweg: Ja, sie singen! Sowohl Johnny Depp als auch Helena Bonham Carter. Und das klingt gar nicht mal so übel, auch wenn sie natürlich auf dem zweiten Bildungsweg keine Opernhäuser füllen werden. Aber dafür können beide ganz ausgezeichnet schauspielern, und das ist ein Asset, das Tim Burton sehr zu schätzen weiß – ist doch ein Tim Burton-Film ohne Johnny Depp und/oder Helena Bonham Carter kaum vorstellbar. „Sweeney Todd – Der teuflische Barbier aus der Fleet Street“ ist so sehr Tim Burton, wie Tim Burton Tim Burton sein kann, und weist gleichzeitig eine pure Dosis Johnny Depp auf, wie nur Johnny Depp Johnny Depp sein kann, ergänzt durch eine Helena Bonham Carter, die so sehr Helena Bonham Carter ist, dass sie selbst beim Anblick dieses Films vor Neid erblassen würde. Apropos Blässe: Diese haben alsbald die Kundschaft des rachsüchtigen Barbiers, allerdings handelt es sich dabei weniger um die noble Blässe der Aristokratie, sondern schlicht und ergreifend um Blutarmut. Im Kern ist „Sweeney Todd“ eine Liebes-Rache-Geschichte im viktorianischen Setting. Aber Tim Burton wäre nicht Tim Burton, zelebrierte er nicht die Grauslichkeiten mit einer Hingabe, die jede gute Halloween-Party in ein Tollhaus verwandeln würde. Dass in dem Film viel gesungen wird, daran muss man sich halt gewöhnen. Aber auch darin unterscheidet sich „Sweeney Todd“ kaum von den besagten Halloween-Feiern. Wer’s mag, wird hier exzellent bedient.


6,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Rocketman (2019)

Regie: Dexter Fletcher
Original-Titel: Rocketman
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Musical, Drama, Biopic
IMDB-Link: Rocketman


Obacht, der Kürbis ist heute auf Krawall gebürstet! Denn er ist im Begriff, dem allseits beliebten Musiker-Biopic „Rocketman“ von Dexter Fletcher ans Bein zu pinkeln. Auf IMDB erfreut sich dieser Film einer guten Bewertung von 7,7, auf Moviepilot schlägt der Durchschnitt der User-Bewertungen immerhin noch mit 7,3 durch – nur der Kürbis ist grantig und gesteht dem Film nicht mehr als 4,5 Punkte zu. Was ist passiert? Schlägt der Schlüsselbeinbruch vielleicht doch aufs Gemüt, ist der Kürbis generell in eine misogyne Phase gerutscht, mag er vielleicht Elton John so gar nicht? Zumindest Letzteres kann ausgeschlossen werden. Dank „Tiny Dancer“ und dessen Einsatz in Almost Famous hat der als Reginald Kenneth Dwight geborene Sänger einen Stein im Kürbisbrett. Da werden dann auch lahmarschige Nummern wie „Candle in the Wind“ verziehen. (Prinzessin Diana war trotzdem eine coole Socke.) Aber warum der Film in meinen Augen dann doch nicht funktioniert, liegt an mehreren Faktoren, die man tatsächlich hätte besser machen können und einem, der wohl unvermeidbar war. Unvermeidbar: Dass der Aufbau dieses Musiker-Biopics halt so ausfällt, wie der Aufbau eines Musiker-Biopics ausfallen muss: Kindheit, das Talent wird erkannt, Tingeln durch diverse Spelunken, der raketenhafte Aufstieg, Ruhm, Drogen, Absturz, Comeback. Die Blaupause für so gut wie alle Filme dieses Genres. Und wenn man mich fragt, welches Musikerleben ich als nächstes verfilmt sehen möchte, dann antworte ich: Keines. Da ich nicht ständig den gleichen Film sehen möchte. Soweit aber zum Unvermeidbaren. Vermeidbar hingegen wäre gewesen, die tollen Nummern, die Elton John geschrieben hat, als qualitativ mäßig dargebotene Karaoke-Nummern einzubauen, die dann auch oft nur kurz angeschnitten werden, ehe man zur nächsten Nummer übergeht. Das hat Bohemian Rhapsody ganz anders und viel überzeugender gelöst. Ich erinnere an den kompletten, sich organisch einordnenden Einbau des Live Aid-Konzerts in den Film. Vermeidbar wäre auch gewesen, Taron Egerton selbst singen zu lassen. Er macht das gar nicht übel – aber von der Stimme Elton Johns ist er dann doch meilenweit entfernt. Und vermeidbar wäre gewesen, Egerton überhaupt zu besetzen. Denn bei allem Respekt – und ich mag den Kerl wirklich gern – aber sein Elton John passt einfach nicht, gerät trotz allen Bemühens zur schlechten Imitation. Und so kommen dann eben nicht mehr als diese 4,5 Kürbisse heraus. Nächster Film, bitte. (Solange es kein Musiker-Biopic ist.)


4,5
von 10 Kürbissen

Aladdin (2019)

Regie: Guy Ritchie
Original-Titel: Aladdin
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Fantasy, Abenteuerfilm, Musical
IMDB-Link: Aladdin


Eigentlich ist Guy Ritchie ja für den Coolness-Faktor seiner Filme bekannt. In „Aladdin“, der Realverfilmung des Disney-Trickfilmklassikers von 1992, erleben wir mal eine andere Seite von ihm: Jene des Buben, der sich mit leuchtenden Augen an quietschbunter Magie erfreut. Zur Seite steht ihm dabei ein bestens aufgelegter Cast: Mena Massoud ist ein durch und durch sympathischer Aladdin, Naomi Scott eine starke und bezaubernde Prinzessin Jasmin und Will Smith, gegen dessen Besetzung im Vorfeld wohl die lautesten Bedenken zu hören waren, hat in der Rolle des Flaschengeists so viel Spaß wie wohl selten zuvor. Jedenfalls ist seine Performance großartig, und man merkt ihm zu jeder Sekunde die Freude am kindischen Toben an. Allerdings vertraut Guy Ritchie mit seinem Film nicht allein darauf, dass der Cast die Sache im Griff hat – er selbst legt sich auch ordentlich ins Zeug und schafft mit Production Design, den Kostümen und der Kamera eine märchenhafte Welt, wie man sie selten zuvor gesehen hat. Selbst die CGI-Tiere, allen voran Aladdins treuer äffischer Begleiter Abu, sind perfekt ausgearbeitet und ergeben so vollwertige Charaktere, die einem ans Herz wachsen. Natürlich ist „Aladdin“ ein Stück Eskapismus in Reinform, und in keinem Moment muss man sich Sorgen um die Hauptfiguren machen – dazu ist der von Marwan Kenzari gespielte Schurke Jafar auch zu blass und uninteressant. Auch die Musical-Nummern waren nicht so der Brüller und bleiben kaum hängen, zu schematisch sind sie eingesetzt. Aber ein buntes, vergnügliches Spektakel, das zwei Stunden lang gut unterhält, bietet der Film allemal. Durchaus eine positive Überraschung für mich.


7,0
von 10 Kürbissen

Laika (2017)

Regie: Aurel Klimt
Original-Titel: Lajka
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Animation, Musical
IMDB-Link: Lajka


Aurel Klimts „Laika“ ist der Film, auf den ich mich im Vorfeld des Crossing Europe Festivals am meisten gefreut habe: Ein Stop-Motion-Musicalfilm über die Hündin Laika, das erste Lebewesen im Weltall. Traurigerweise ist die reale Laika wenige Stunden nach dem Start der Rakete, die sie ins Weltall geschossen hat, verstorben – vermutlich aufgrund des Stresses. Aurel Klimt erzählt die Geschichte ein wenig anders. Denn in seinem Film wird Laika durch ein schwarzes Loch in eine fremde Galaxie gesogen, wo sie auf einem fantastisch anmutenden Planeten neue Freunde trifft – und sich alten Widersachern stellen muss. Aurel Klimt ist mit diesem Film ein kleines Wunderwerk gelungen. Ich habe ja ein Herz für Stop-Motion-Animationsfilme. Die sind so eine gewaltige Fitzelarbeit, und nur wenige Filmemacher tun sich das wirklich an. Im Ergebnis sieht man das Herzblut, das da hineingesteckt wurde, jedoch immer, ob nun in Wes Anderson großartigen Tier-Abenteuern oder bei Charlie Kaufmans „Anomalisa“, um nur zwei Regisseure zu nennen, die auf diesem Gebiet Meisterwerke geschaffen haben. Aurel Klimt muss sich dahinter aber nicht im geringsten verstecken. So bunt, so ideenreich, so herzerfrischend anders und mit so viel lakonischem Humor erzählt ist sein „Laika“, dass jede Minute Freude macht. Ich wünschte nur, ich wäre nicht in der Spätvorstellung um 23 Uhr gesessen, denn ausgeschlafen und fit hätte ich den Film noch mehr genießen können. Aber das wird hoffentlich noch nachgeholt. In der Zwischenzeit singe ich den Titelsong vor mich hin und schunkele dazu mit: „Lai lai lai lai lai Laika, lai lai Laika!“


8,0
von 10 Kürbissen

(Foto: CROSSING EUROPE Filmfestival)

Greatest Showman (2017)

Regie: Michael Gracey
Original-Titel: The Greatest Showman
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Musical, Biopic, Drama
IMDB-Link: The Greatest Showman


Hollywood liebt Geschichten über das Showbusiness. Und wenn diese auch noch in Form eines Musicals erzählt werden, haben Produzenten feuchte Augen vor Freude. „The Greatest Showman“, der lose auf der Biographie von P.T. Barnum, einem Pionier des Zirkus, basiert, war auch ein großer Erfolg. Hugh Jackman darf mal wieder singen (und das tut er ja sehr gerne), Zac Efron darf zeigen, dass er nicht nur gelangweilt aussehen kann, Michelle Williams darf hingegen ausnahmsweise mal gelangweilt sein (und mit Handkuss den wohl beträchtlichen Scheck für ihre Nebenrolle, in der sie hoffnungslos unterfordert ist, einstreifen), und die Sängerin Keala Settle singt mit „This Is Me“ eine der großen Hymnen der vergangenen Filmjahre. Auch ist die Geschichte des Zirkus der Außenseiter unterhaltsam erzählt, und die Showeinlagen wissen durchaus zu überzeugen. So weit, so gut. Allerdings kümmert sich der Film nicht um historische Exaktheit, sondern trampelt sogar mit großen Elefantenfüßen (und das ist wortwörtlich gemeint) auf den historischen Begebenheiten herum. Das ist wahnsinnig schade und unnötig, denn so verkommt der Film zu einer Feelgood-Kitsch-Orgie, das viele ernste und gut gemeinte Themen mit einem Zuckerguss überstreut, der eine eingehendere Beschäftigung fast unmöglich macht. Es fehlen die leisen Zwischentöne. Für einen unterhaltsamen Filmabend reicht es allemal – dafür sorgen allein schon die Schauwerte des Films – aber richtig berühren konnte mich „The Greatest Showman“ nur selten, da er nur zu offensichtlich darauf abzielt, auf die Tränendrüsen zu drücken. Wer dafür empfänglich ist (und das ist völlig wertfrei gemeint), wird seine große Freude an diesem handwerklich gut gemachten und von den Darstellern mit viel Enthusiasmus gespieltem Film haben. Wer es allerdings etwas subtiler mag, wird wohl erschlagen vom Bombast.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 44 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)

 


5,5
von 10 Kürbissen