Rory Kennedy

Absturz: Der Fall gegen Boeing (2022)

Regie: Rory Kennedy
Original-Titel: Downfall: The Case Against Boeing
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Dokumentation
IMDB-Link: Downfall: The Case Against Boeing


Wenn Netflix neue Dokus braucht, rufen sie wohl bei Rory Kennedy an. Die umtriebige Dokumentarfilmerin ist den großen Geschichten des Versagens auf der Spur, jener Art von Versagen, das tragische Konsequenzen zeitigt. Es ist noch nicht so lange her, da sind zwei brandneue Boeing 737 MAX kurz nach dem Start vom Himmel gefallen. In einer Zeit, in der Flugreisen so sicher wie noch nie zuvor scheinen, ein schwerer Schlag gegen den US-Konzern, der sich immer besonderer Qualitäts- und Sicherheitsstandards gerühmt hat. Wie konnte das passieren? Allmählich zeigt sich, dass – wie hinter vielen Tragödien der jüngeren Geschichte – Profitgier, Fehleinschätzungen und mangelnde Kommunikation die Dreifaltigkeit des Desasters ergeben. Gleichzeitig beleuchtet Rory Kennedy die Geschichte von Boeing – von den Jahrzehnten des Erfolgs über die Herausforderungen, die sich durch den immer mächtiger werdenden Konkurrenten Airbus ergeben haben. An dieser Stelle sei gesagt, dass man für Dokumentationen über komplexe Vorgänge und Strukturen zwar immer mit Vereinfachungen arbeiten muss, es sich Kennedy aber vielleicht an der einen oder anderen Stelle zu einfach gemacht hat. Die Erzählung in „Absturz: Der Fall gegen Boeing“ lässt den Schluss zu, dass angesichts des Konkurrenzdrucks die Führungsetage bei Boeing einfach irgendwann beschlossen hätte: „Pfeif auf die Qualität. Billig muss es sein, und ob der Flieger vom Himmel fällt, ist egal.“ Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Simplifikation den wichtigsten Entscheidungen eines Konzerns mit über 140.000 Mitarbeiter:innen gerecht wird. Keine Frage, die Geschichte der beiden Boeing-Abstürze ist eine Geschichte des Versagens. Doch gerade deshalb hätte ich mir gewünscht, dass mehr und vielfältigere Stimmen in der Doku zu hören gewesen wären (vielleicht auch von Mitarbeiter:innen, die direkt am Bau der Flugzeuge beteiligt waren), um das Bild zu schärfen, auch wenn es dadurch komplexer wird.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Der Vulkan: Rettung von Whakaari (2022)

Regie: Rory Kennedy
Original-Titel: The Volcano: Rescue from Whakaari
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Dokumentation
IMDB-Link: The Volcano: Rescue from Whakaari


Werbung wirkt. „Besichtigen Sie ein einzigartiges und spektakuläres Naturwunder ganz aus der Nähe“ liest sich doch besser als „Lassen Sie sich von einem Vulkan die Haut wegbrennen, und sterben Sie einen langsamen, qualvollen Tod“. Zweitere Beschreibung ist wohl akkurater als die erste, doch die stand nicht auf den Broschüren der Kreuzfahrtschiffe und Ausflugsanbieter. Und so stiefeln ein paar abenteuerlustige Touristen mit ihren Guides auf Whakaari Island, der sogenannten „White Island“ herum, um dem aktivsten Vulkan Neuseelands ins Auge, vulgo den Krater, zu schauen, doch bekommen sie mehr für ihr Geld geboten, als sie je erwartet hätten. Denn – welch Überraschung! – der aktive Vulkan bricht aus. Etliche Menschen müssen an diesem Tag ihr Leben lassen, und die, die überleben, wissen selbst nicht so genau, wie sie dem Tod entkommen sind. Nur die Narben von den fürchterlichen Verbrennungen zeugen von diesem Tag. „Der Vulkan: Rettung von Whakaari“ zeigt genau das, was der Titel aussagt: Wie Menschen mitten in eine vulkanische Eruption gerieten und wie dann einige Mutige versuchten, die Überlebenden von der Insel und ins Krankenhaus zu schaffen. In diesem Sinne ist der Dokumentarfilm von Rory Kennedy eine Geschichte über den Überlebenswillen und über Zivilcourage und Mut. Was der Film völlig ausklammert: Die ethischen Fragen über das Vorgehen der Touranbieter, die möglicherweise auch Warnungen von Geologen und Vulkanologen vorab aus dem Wind geschlagen haben, jedenfalls aber bewusst ihre Kunden einem großen Risiko ausgesetzt haben. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht, wie es so schön heißt. Durch aber eindrückliche Berichte der Überlebenden und spektakuläre Naturaufnahmen, die so schön wie bedrohlich wirken, bleibt das Fazit über den Film allerdings sehr positiv.


7,0 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)