Sportfilm

King Richard (2021)

Regie: Reinaldo Marcus Green
Original-Titel: King Richard
Erscheinungsjahr: 2021
Genre: Biopic, Sportfilm, Drama
IMDB-Link: King Richard


Man hat es nicht leicht mit den Geschwistern, vor allem, wenn diese älter sind und damit zu Würden kommen, die man selbst gerne für sich beansprucht hätte. Richard von Gloucester, in William Shakespeares Drama „Richard III.“ verewigt, kann ein Lied davon singen, ist er doch in der Thronfolge hinter seinem älteren Bruder gereiht, der als König Edward IV. über England herrscht. Missgunst herrscht über sein Denken, und so schmiedet er böse Ränke, um seinen Bruder vom Thron zu stoßen. Allein: Es geht nicht gut für ihn aus. Aber Moment – es geht in Reinaldo Marcus Greens‘ Film gar nicht um diesen historischen Bruderzwist? Es handelt sich nicht um eine Adaption des Shakespeare-Stücks? Was ist da los? Noch dazu, wenn von zwei Geschwistern die Rede ist, auch wenn es sich hier um Schwestern handelt? Verwirrend, verwirrend. Und dann betoniert Will Smith auch noch vor Millionen Zusehern dem verdatterten Chris Rock eine nach einem missglückten Scherz? Doch, das ist doch Stoff shakespeare’schen Ausmaßes! Trotzdem führt der Filmtitel ein wenig in die Irre, denn King Richard ist hier Richard Williams (gespielt vom Watschenmann), seines Zeichens Vater von zwei begnadeten Nachwuchstennisspielerinnen namens Venus und Serena (wer sich für Sport interessiert, hat diese Namen möglicherweise schon einmal gehört), und der Mann hat einen Plan, an dem er stur wie ein Esel festhält: Die beiden werden Profispielerinnen und sie werden die besten Spielerinnen der Welt. Basta! Immerhin lächeln und nicken sie gnädig zu diesem Spiel und dreschen auf die Filzkugeln ein, was die muskulösen Oberarme hergeben. Und so unbeirrt, wie sie die Bälle schlagen, geht der schon bald als schwieriger Charakter berüchtigte Vater den Weg, den er für seine Tochter auf dem Reißbrett entworfen hat. Da kann kommen, wer will, und möge es der Trainer von Tennislegende Pete Sampras sein – wer nicht mitzieht, dem furzt King Richard ins Gesicht. „King Richard“ ist ein Biopic der eher ungewöhnlichen Sorte, denn es stehen nicht die künftigen Stars und ihr Werdegang im Vordergrund, sondern der fanatische Vater, der alles seinem Plan unterordnet. Der Erfolg soll ihm am Ende recht geben, doch wie schmal der Grat ist zwischen Sieg und vernichtender Niederlage, nach der man nicht mehr aufsteht, deutet der Film mehr als einmal an. Dennoch bleibt der Film auf ausgetretenen Pfaden und damit recht zahm. Die Eckpunkte jedes Biopics (Traum, Schwierigkeiten, Aufstieg, weitere und noch größere Schwierigkeiten, beinahe der Fall und schließlich doch noch der Triumph über alle Widrigkeiten) werden routiniert abgearbeitet. Unter den besten Filmen des Jahres 2021 sehe ich „King Richard“ – anders als die Oscar Academy – nicht. Dass man Will Smith für seine seriöse Darstellung für einen Oscar nominieren kann, schon eher. Am Ende wäre es wohl besser gewesen, hätte ein anderer diesen gewonnen, auch für Will Smith selbst. Es hätte jedenfalls ausreichend starke Konkurrenz gegeben.


6,5 Kürbisse

(Bildzitat: Quelle http://www.imdb.com)

Die Farbe des Geldes (1986)

Regie: Martin Scorsese
Original-Titel: The Color of Money
Erscheinungsjahr: 1986
Genre: Drama, Sportfilm
IMDB-Link: The Color of Money


Den Auftakt in meine Viennale 2016 (was auch schon wieder ein paar Donnerstage her ist, Mannomann, wie die Zeit vergeht – das muss sich im Übrigen auch Tom Cruise beim Rewatch dieses Films denken …) machte „The Color of Money“ von Martin Scorsese im Rahmen der Retrospektive im Filmmuseum. Bevor es losging, verkündete der Vorführer: „Sie sehen eine analoge Vorführung in 35 mm“ und sah dabei so traurig aus, dass ich kurz versucht war, nach vorne zu laufen und ihn in die Arme zu nehmen. Glücklicherweise war der Film dann besser, als es die Ankündigung erwarten ließ. Paul Newman (Oscar für diese Leistung) ist großartig als alternder Billard-Fuzzi, der eine zweite Chance wittert, Mary Elizabeth Mastrantonio ist eine Augenweide (und mittlerweile auch schon über 60 Lenze alt – Herrschaftszeiten!) und Tom Cruise gefühlt 14 Jahre alt und spielt sich mit hinreißendem Overacting die Seele aus dem Leib. Man sieht dem Film seine 30 Jahre schon an (es fehlte eigentlich nur noch die Jukebox, aus der ein alter Joe Cocker-Hadern dudelt), aber die Story ist immer noch interessant genug, um den geneigten Zuseher bei der Stange zu halten, wenngleich sie auch ihre Längen hat, die Charaktere sind vielschichtig, die Dialoge geschliffen, und irgendwann hüpft auch noch ein junger Forest Whitaker durchs Bild und stiehlt allen die Show. Gemessen am weiteren Output von Scorsese vielleicht nicht der ganz große Wurf, aber man kann ihn sich auch heute noch gut ansehen. In die Filmgeschichtsbücher hat sich der Altmeister eh schon längst mit anderen Werken geschrieben, da kann man diesen von vielen vergessenen Klassiker dann auch mal wieder ausbuddeln.

 


6,5
von 10 Kürbissen

(Bildzitat: Quelle imdb.com)

Diego Maradona (2019)

Regie: Asif Kapadia
Original-Titel: Diego Maradona
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Dokumentation, Sportfilm
IMDB-Link: Diego Maradona


Sitzt du in einer Runde von Fußballfans und möchtest dich mal für ein, zwei Stunden aus der Diskussion zurückziehen oder aber auch einfach ein bisschen Spaß haben, stelle ganz unschuldig die Frage: „Und wer war jetzt eigentlich besser? Maradona oder Pelé?“ Die Fußballfans werden dann mal eine ganze Weile lang beschäftigt sein, sich Argumente und Gegenargumente an den Kopf zu werfen, und wenn du das in Südamerika machst, artet das vielleicht noch in eine handfeste Schlägerei aus. Unbestritten ist aber, dass Diego Maradona ein fußballerisches Genie war und eine äußerst ambivalente Persönlichkeit ist. Der bereits mit einem Oscar für „Amy“ ausgezeichnete Regisseur Asif Kapadia wühlte sich durch mehr als 500 Stunden Archivmaterial zum Leben von Maradona und konnte neben fünf persönlichen Interviewterminen mit dem Star auf eine sehr außergewöhnliche Quelle zugreifen: Maradona beschäftigte nämlich während seiner aktiven Zeit zwei Kameramänner, die ihn Schritt für Schritt begleiteten. Das allein sagt schon einiges über die Persönlichkeitsstruktur des zunächst als Halbgott (bis Gott) verehrten Fußballers, der dann so tief fiel. Jedenfalls konnte Kapadia somit auf sehr intime, unglaublich nahe Aufnahmen zugreifen, die unter Anderem auch das Privatleben von Maradona beleuchten. Aus dem Off kommen dazu die Stimmen von Weggefährten und Angehörigen – seiner Schwester, seiner Frau, seinem Fitnesstrainer, Journalisten und ehemalige Mitspieler. Bei einem solchen Vorhaben besteht natürlich die Gefahr, sich zu verzetteln, alles zu wollen und damit nichts zu erreichen. Kapadia umschifft diese Klippe routiniert, indem er sich einzig auf die prägenden Jahre zwischen 1984 und 1990, seiner erfolgreichen Zeit bei Napoli konzentriert. Diese eher mittelmäßige Mannschaft führte er quasi im Alleingang zu zwei italienischen Meistertiteln, und auch mit der argentinischen Nationalmannschaft bestritt er zwei WM-Endspiele, wovon er eines gewann. In diese sportlich so erfolgreiche Phase liegt aber auch die Wurzel für den Untergang. Sein Kokainkonsum liegt darin begründet, die Beziehungen zur Camorra, in die er blauäugig geschlittert ist, sind auch damit in Zusammenhang zu bringen. Das alles erzählt Kapadia anhand der Archivaufnahmen, ohne anzuklagen. Vielmehr ist er daran interessiert, zu zeigen, wie Erfolg und falsche Freunde, die man mit diesem Erfolg unweigerlich anzieht, die Persönlichkeit verändern können. Nach einem solch rasanten Aufstieg bis zur Vergötterung scheint der Fall fast unausweichlich zu sein, wenn man nicht mit einer sehr starken Persönlichkeit und einer Menge Selbstdisziplin gesegnet ist. Das legt Kapadia mit seinem Film offen, der weit über sein fußballerisches Topos hinausreicht und universell umlegbar ist. Ein guter, kluger Beitrag im diesjährigen Wettbewerb von Locarno.


8,0
von 10 Kürbissen

Le Mans (1971)

Regie: Lee H. Katzin
Original-Titel: Le Mans
Erscheinungsjahr: 1971
Genre: Sportfilm
IMDB-Link: Le Mans


Steve McQueen – der alte Bleifuß. Eigentlich wollte er nur ein paar Runden in Le Mans beim legendären 24-Stunden-Rennen drehen und seine bübische Freude dokumentarisch festhalten. Weil das aber dann doch etwas schwer zu vermarkten war, bastelte er einfach eine rudimentäre Geschichte drumherum um einen Rennfahrer, der nach einem schlimmen Unfall zurückkehrt auf die Rennstrecke, und die Witwe eines Freundes, der bei einem weiteren Rennunfall ums Leben gekommen ist. „Racing is life. Everything in between is just waiting“, heißt einer der wenigen Sätze, die in diesem Film gesprochen werden. Und genau das ist Programm hier. Das erste Wort eines Schauspielers wird nach 38 Minuten gestoppt. Ansonsten hört man nur das Publikum, die Kommentatoren aus Fernsehen und Radio – und natürlich die Motoren der Rennwagen. Diese sind hier die Hauptprotagonisten. Porsche gegen Ferrari, das ist Brutalität! Der Mensch hinter dem Steuer: eine Nebenfigur. Der Film interessiert sich genau Nüsse für die Rennfahrer. Steve McQueen fasst diese Grundeinstellung ja eh im oben zitierten Satz zusammen. Am Ende ist es sogar egal, ob man gewinnt oder verliert. Hauptsache, man hat seine Runden gedreht und den Tod, der ständig auf der Schulter mitfährt, ein weiteres Mal bezwungen. Denn natürlich waren die Rennfahrer in den 70er-Jahren wilde Hunde, die genau wussten, dass nicht alle von ihnen das Karriereende erleben. Das spiegelt sich in ihren stoischen Bewegungen, den kargen Worten, den ausdruckslosen Blicken. Jeder kleinste Fehler kann tödlich sein. Dies vermittelt „Le Mans“ in seinem dokumentarischen Stil durchaus gekonnt. Auch die Rennszenen sehen extrem realistisch aus und sind auch nach heutigem Maßstab atemberaubend spannend inszeniert. Das Problem, das der Film hat, ist ein hausgemachtes: Dadurch, dass er eben den Aufbau einer Bindung mit den Protagonisten konsequent verweigert, ist das Ergebnis dann eigentlich auch egal. Und wenn sich nicht gerade packende Rad-an-Rad-Duelle auf der Rennstrecke ereignen, läuft er oftmals einfach ins Leere und ist schlicht fad. Wie gesagt: „Racing is life. Everything in between is just waiting.“ Das haben Lee H. Katzian und Steve McQueen ein bisschen zu wörtlich genommen.

(Dieser Film ist als Reiseetappe # 31 Teil meiner Filmreisechallenge 2018. Mehr darüber hier.)


6,0
von 10 Kürbissen

Creed – Rocky’s Legacy (2015)

Regie: Ryan Coogler
Original-Titel: Creed
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Sportfilm, Drama
IMDB-Link: Creed


Der Junior blickt aufs Filmprogramm: „Bäm, Oida, da spühn’s CREED – ROCKY’S LEGACY. Is sicha voi leiwand mit Schwertan und Kung Fu und so. Wia ASSASSIN’S CREED!“
Der Senior studiert mit verkniffenem Blick das Plakat. „Wos steht do? ROCKY’S LEGASTHENIE? Jo, der Rocky, so a helle Kerzn is er echt net, des waaß i no vom erstn Füm. Oba doss des so schreibm …“
Junior (ungeduldig): „Heast, du vastehst nix! Da geht’s um so Mörda und so. De hupfn voi von aam Haus zum onderen.“
Der Senior schaut seinen Sprössling verdutzt an. „Wos redst du fia an Blech? Des is da Rocky, denn muasst ja kennan! Da Süvesta Stailon. A Boxa! Da beste wos gibt!“
Und wenn der Junior und der Senior dann im Kinosaal sitzen, werden wohl beide ein bisschen überrascht sein, denn weder hüpft Sylvester Stallone als Rocky Balboa von Dach zu Dach, noch wird seine Leseschwäche über Gebühr strapaziert (nur einmal kurz, aber darüber kann man ja hinweg sehen). Wahrscheinlich wäre es für Junior und Senior auch einfacher gewesen, wenn man den Titel beim einfachen „Creed“ belassen hätte, denn das englische Anhängsel im deutschen Verleihtitel ist tatsächlich unnötig. Aber sei’s drum – für die Qualität des Films spielt das keine Rolle. Und die ist überraschend gut. Im Grunde ist „Creed“ fast eine Art Remake von „Rocky“, nur dass sich nun Michael B. Jordan (der Schauspieler, nicht der Basketballer) als Underdog Adonis Creed gegen den Weltmeister prügeln darf und dass sein Problem nicht das ist, ein unbekannter Niemand zu sein, der aus dem Armenviertel kommt (wie einst Rocky), sondern einen berühmten Namen zu tragen, nämlich jenen seines Vaters Apollo Creed, und aus einem privilegierten Umfeld zu kommen, wodurch er zu sehr auf seinen Nachnamen reduziert wird. Diese Inversion der Milieus ist durchaus reizvoll – denn ob arm oder reich: Sowohl Adonis als auch Rocky kämpften um das gleiche Ziel, nämlich sich selbst einen Namen zu machen. Adonis engagiert dafür das große Vorbild als Trainer. Und während er den Kampf gegen den langen Schatten seines früh verstorbenen Vaters antritt, muss Rocky einen anderen Kampf bestehen – und zwar gegen jenen Feind, der ihm auch schon seine geliebte Adrian genommen hat. Etwas überraschend, aber nicht unverdient wurde Sylvester Stallone für seine erneute Darstellung des Italian Stallion mit dem Golden Globe ausgezeichnet und einer Oscarnominierung bedacht. Nicht unverdient deshalb, weil er dem eigentlich schon durch die sechs vorherigen Filme bestens bekannten Rocky eine neue, verletzliche Seite hinzufügen kann und diese mit großer Sensibilität ausfüllt. „Creed“ zeigt, dass man auch im siebten Film zu einer Figur noch Neues an dieser entdecken kann, sofern diese vielschichtig und interessant und eben menschlich ausgestaltet ist. Vielleicht ist der Film ein bisschen zu lang ausgefallen und zu sehr auf die Wiederholung der ursprünglichen Rocky-Geschichte bedacht (wohl um sich in künftigen Filmen dann von dieser auch emanzipieren zu können), aber nach „Rocky Balboa“ ist auch „Creed“ ein überraschend guter Beitrag zu der legendären Boxer-Saga.


6,5
von 10 Kürbissen

Rocky Balboa (2006)

Regie: Sylvester Stallone
Original-Titel: Rocky Balboa
Erscheinungsjahr: 2006
Genre: Sportfilm, Drama
IMDB-Link: Rocky Balboa


Es ist schon erstaunlich. Nach den wirklich miserablen Rocky-Filmen III-V dachte man, die Filmreihe wäre nun endgültig zu Grabe getragen worden. Doch da taucht plötzlich 2006 ein gealterter Sylvester Stallone auf, wirft sich noch mal in die glitzernden Unterhosen und zieht in Personalunion Hauptdarsteller/Regie/Drehbuch erneut in den Ring. Was hätte das für ein Desaster werden können! Doch plötzlich ist die Reihe wieder interessant. Als hätte Stallone die 16 Jahre zwischen „Rocky V“ und „Rocky Balboa“ gebraucht, um sich wieder darüber klar zu werden, wer Rocky ist. In „Rocky Balboa“ ein Restaurantbesitzer, der sich schwer tut, loszulassen. Ein Has-Been, wie es im Englischen heißt. Immer noch glänzt sein Name – zu sehr im Übrigen für seinen Sohn Robert (Milo Ventimiglia), dem es nicht gelingt, aus Rockys großem Schatten herauszutreten. Aber eigentlich lebt Rocky in der Vergangenheit – und zwar in der Vergangenheit, in der er ein großer Champion ist und in der vor allem seine geliebte Adrian noch lebt. Nur Paulie ist noch da, und der trägt seine eigenen Dämonen mit sich. Die Szene, in der Rocky in Adrians Gedenken zusammen mit Paulie all die Plätze besucht, die für ihn und Adrian eine wichtige Rolle gespielt haben (und die zum Teil nur noch Schutt und Asche sind), ist einfach verdammt gut und rührt zu Tränen. Man sieht einen Mann, der nicht begreifen kann und will, dass das Leben vorwärts und nicht rückwärts läuft. Doch plötzlich tut sich eine Chance auf, noch einmal im Rampenlicht zu stehen und den Geistern der Vergangenheit vielleicht einen entscheidenden Kinnhaken zu verpassen, als er das Angebot bekommt, in einem Exhibition-Fight gegen den amtierenden und ungeschlagenen Weltmeister Mason „The Line“ Dixon (Antonio Carver) anzutreten. In diesen legt Rocky noch einmal alles hinein, was er zu geben imstande ist. „Rocky Balboa“ ist wirklich ein gelungenes Drama über das Altern, über die Verluste, die wir in unserem Leben hinnehmen müssen – und zeitweise blitzt auch ein subtiler, ironischer Humor durch, wenn beispielsweise Rocky (Paulie sei Dank) zu „High Hopes“ von Frank Sinatra in den Ring steigt. Auch die Leistungen der Darsteller sind wieder auf dem Punkt und schließen (endlich!) an das Niveau der ersten beiden Rocky-Filme an. Ein überraschendes, da sehr gelungenes Comeback.


7,0
von 10 Kürbissen

Rocky V (1990)

Regie: John G. Avildsen
Original-Titel: Rocky V
Erscheinungsjahr: 1990
Genre: Sportfilm, Drama
IMDB-Link: Rocky V


Wenn selbst Stallone selbst zugibt, den fünften Teil der Rocky-Saga nur aus Gier gemacht zu haben und den Film nicht zu mögen, so lässt das nichts Gutes für den neugierigen Zuseher erwarten. Und ja, „Rocky V“ ist ein missglücktes, völlig verhatschtes Zwischending aus Sportfilm und Familiendrama. Wobei – und das ist für einen Film der Rocky-Reihe eigentlich ein vernichtendes Urteil – das Familiendrama noch den interessanteren Part ausmacht. Rocky ist in diesem fünften Teil gesundheitlich angeschlagen und darf/soll nicht mehr boxen. Weil sein Steuerberater ein windiger Hund ist und Rocky selbst in finanziellen Belangen ja nicht durch besondere Genialität auffällt, wie wir aus dem zweiten Teil der Reihe wissen, steht die Familie Balboa mal wieder mit leeren Händen da. So muss man zurück ins alte Elendsviertel von Philadelphia ziehen, sehr zum Missfallen des Juniors (Sylvester Stallones Sohn Sage Stallone in seiner ersten Filmrolle). Statt teuren Privatschulen gibt es nun den knallharten Überlebenskampf gegen missgünstige Bullies. Was dem Sohnemann aber am meisten aufstößt: Dass Paps das Vater-Sohn-Gespann links liegen lässt, als er auf den aufstrebenden jungen Boxer Tommy Gunn stößt und ihn zu trainieren beginnt. So weit ist es also nicht her mit dem Familiensinn des Italian Stallion. Und das gibt Reibereien. Zunächst mal innerhalb der eigenen Familie und dann auch noch gegen den Schützling selbst, als sich dieser von seinem Idol abwendet, um mit Hilfe eines aalglatten Promoters die große Kohle zu scheffeln. Diese Unstimmigkeiten werden am Ende – wie es sich für einen Rocky-Film gehört – mit den Fäusten zu Ende diskutiert. Allerdings nicht im Ring, sondern auf der Straße. Irgendwie hat man bei „Rocky V“ ständig das Gefühl, eine lange Episode einer Soap Opera zu sehen. Wenn man sich dann noch mal vor Augen hält, mit welcher Klasse die Saga 1976 begonnen hat, kommen einem die Tränen. Aber wenigstens hat es Stallones Bankkonto gut getan. Und ein weiterer positiver Nebeneffekt: „Rocky V“ war ein solches cineastisches Desaster, dass Stallone erst mal 16 Jahre lang die Griffel von seinem Titelhelden gelassen hat. Die Zeit bis zum nächsten Rocky-Film, „Rocky Balboa“, wurde offenbar gut genutzt, denn diesem gelang es tatsächlich, der Filmreihe neues Leben einzuhauchen und die Figur wieder zurück zu ihren Wurzeln finden zu lassen.


3,5
von 10 Kürbissen

Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts (1985)

Regie: Sylvester Stallone
Original-Titel: Rocky IV
Erscheinungsjahr: 1985
Genre: Sportfilm, Action
IMDB-Link: Rocky IV


Wir schreiben das Jahr 1985. Noch haben sich Ost und West nicht wirklich lieb und bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Weiße Haus vom Kreml aus besetzt wird, sollen noch ein paar Jährchen vergehen. Also eignet sich der Russ‘ aus amerikanischer Sicht noch sehr gut als Feindbild, vor allem, wenn er so muskeltrotzend, blond und schweigsam daherkommt wie Dolph Lundgrens Ivan Drago, Vorzeigeathlet des Sowjetreichs, ein Mann wie ein Panzer. Lustige leistungsfördernde Substanzen tragen das Ihre dazu bei, dass er dreimal so hart zuschlagen kann wie ein gewöhnlicher Boxer, aber seien wir ehrlich: Diese Muckis kommen doch vom Ringen mit sibirischen Bären, deren Jungen er zum Frühstück verspeist. Und schon sind wir mittendrin im fröhlichen Klischeetheater von Gut gegen Böse, a.k.a. „Rocky IV – Der K(r)ampf des Jahrhunderts“. Das Niveau der Geschichte fliegt so knapp über dem Boden, dass es sich das mangels höher wachsender Vegetation nur in der Tundra erlauben kann. Darum geht’s: Der wortkarge Hüne aus dem Osten hat Rockys ehemaligen Kontrahenten und nunmehrigen Kumpanen Apollo Creed auf dem Gewissen, als er diesem im Ring eine derartige Betonwatschen verpasst, dass er nicht mehr aufsteht. Rocky ist sauer, und wenn Rocky sauer ist, dann muss er in die Sowjetunion fliegen, um den Russen persönlich zu zeigen, wo der Hammer hängt. Bis zum Showdown wird brav trainiert, wobei die Back-to-the-Roots-Methode mit Baumstammheben und Gipfelerklimmen im tiefsten sibirischen Winter arg lächerlich anmutet. Da wohl auch Stallone selbst bewusst war, was für einen Käse er zeigt, wird das Ganze zumindest mit knackiger Musik begleitet. Der Soundtrack klingt wie eine Best-Of-Compilation der 80er. Und weil wir ja wissen müssen, dass Rocky nicht nur wütend, sondern auch traurig ist, gibt es jede Menge Rückblenden, die die großen Verluste seines Lebens aufgreifen. Nun gut, würde man die alle herausschneiden, bliebe wohl nur ein Kurzfilm übrig, und den Vorwurf, dass er zu wenig für sein Geld arbeitet, wollte sich Stallone wohl auch nicht gefallen lassen. Warum dieser Film das höchste Einspielergebnis der ganzen Rocky-Reihe erzielte? Weil in den 80er Jahren einfach seltsame Dinge passiert sind.


3,0
von 10 Kürbissen

Rocky III – Das Auge des Tigers (1982)

Regie: Sylvester Stallone
Original-Titel: Rocky III
Erscheinungsjahr: 1982
Genre: Sportfilm
IMDB-Link: Rocky III


Ladies and gentlemen – fasten your seat belts! It’s gonna be a bumpy ride! Denn ab nun begeben wir uns in die Niederungen von Rocky III, IV und V. Rocky ist schwach und träge geworden – und das gilt nicht nur für die Hauptfigur, die nach dem Erringen des Weltmeistertitels gegen Apollo Creed nun recht mühelos die Herausforderer zu Boden schickt, ehe sie Bekanntschaft mit Mr. T macht, der als aufstrebender Boxer Clubber Lang das A-Team mal kurz verlassen hat, um the Italian Stallion drei Meter tief in die Erde zu stampfen. Und so kommt es, wie es kommen muss: Rocky, der mehr mit Blingbling  und Showkämpfen gegen Wrestler beschäftigt ist und seinen Biss verloren hat, erlebt eine Lektion in Sachen Demut, als er von seinem Herausforderer ausgeknockt wird. Noch dazu verliert er mit Mickey seinen langjährigen Trainer und Mentor. Alles dumm gelaufen. Wie gut, dass sein alter Rivale Apollo Creed auftaucht und den laschen Hutträger bei sich zuhause in L.A. mal wieder ein bisschen aufpoliert. „Rocky III“ hat im Gegensatz zu den beiden Vorgängern zwei schwerwiegende Probleme: Zum Einen verliert Stallone das Gespür für seine Hauptfigur. Rocky ist hier zu einer Karikatur seiner selbst geworden. Ja, wir wissen, dass er etwas unbedarft ist, und genau das trägt sehr zum Charme der ersten beiden Filme bei, denn mit diesem tumben, aber herzensguten Underdog kann man mitfiebern. Die Szene in „Rocky III“ aber, in der er in einer Art Merchandising- und Unterhaltungstempel lustlos seine Trainingseinheiten abspult und mit den Fans posiert, passt einfach nicht mehr zu dem etablierten Charakter, dessen Merkmal auch eine fast schüchterne Bescheidenheit war. Ja, man will natürlich die Fallhöhe etablieren, aber das wäre mit subtileren Mitteln auch gegangen. Das zweite Grundproblem des Films ist der Antagonist. Mr. T als Clubber Lang ist physisch beeindruckend. Nur leider kommt auch seine Figur über die einer Karikatur nicht hinaus. Man erfährt nichts über seine Motivation, seinen Hintergrund, und warum er zu diesem dümmlich grunzenden Ungetüm geworden ist. Manche Kritiker haben dem Film vorgeworfen, unverhohlen rassistisch zu sein – und bei dieser (pun intended) Schwarz-Weiß-Zeichnung der beiden Hauptfiguren fallen mir kaum Argumente ein, dem zu widersprechen. Technisch ist der Film gut gemacht, die Prügeleien sind wieder fein anzusehen, aber leider hat Rocky über den Infight im Ring hinaus nicht mehr viel zu bieten.


4,5
von 10 Kürbissen

Rocky II (1979)

Regie: Sylvester Stallone
Original-Titel: Rocky II
Erscheinungsjahr: 1979
Genre: Sportfilm, Drama
IMDB-Link: Rocky II


„Rocky II“ führt die Geschichte des ersten Films nahtlos fort. Er setzt ein, als die beiden schwer ramponierten Gegner Rocky Balboa und Apollo Creed im Krankenhaus gefahren werden. Das Adrenalin vom Kampf pulsiert noch rot blinkend im Körper, also zettelt Creed gleich mal einen kleinen Beef mit Rocky an, denn dass ihn dieser Amateur vor den Augen der Welt so vermöbelt hat (auch wenn Creed als Punktesieger Weltmeister blieb), kratzt am Ego. Rocky selbst will eigentlich nur seine Ruhe haben. Immerhin weiß er nun, dass er mithalten kann. Aber jetzt zählen erst einmal die Spaziergänge mit Adrian, die in einen Heiratsantrag münden (mit einem Tiger als Zeugen und ersten geladenen Gast) und schließlich in eine Hochzeit und Schwangerschaft. Das Familienglück wäre komplett, wenn nicht Rocky, der gutherzige Straßenproll, irgendwann einmal im Leben gelernt hätte, mit Geld anders umzugehen, als es für dubiose Halbkriminelle aus armen Schuldnern herauszuprügeln. Aber er macht halt den Fehler, den viele machen, die unverhofft zu etwas Kohle kommen: Er lebt nach dem George Best-Motto. „Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.“ Gut, Alkohol ist nicht Rockys Problem, aber er ist trotzdem schon bald pleite und muss wieder kleinere Brötchen backen. Kurzfristig findet er eine Anstellung im Schlachthaus, in dem auch sein Schwager Paulie arbeitet. In der Zwischenzeit plant der immer noch geladene Apollo Creed einen Rückkampf – und Rocky, der Kämpfer in Geldnöten, kann eigentlich gar nicht ausschlagen, auch wenn Adrian damit gar nicht einverstanden ist. Zudem kommt es kurz vor dem entscheidenden Kampf bei der Geburt des Nachwuchses noch zu Komplikationen. Auch wenn „Rocky II“ einiges richtig macht, in dem der Film vor allem seinem Hauptcharakter treu bleibt, der einfach keinen Dunst vom Leben der Reichen und Schönen hat, aber hier wäre etwas weniger Drama, Baby, Drama besser gewesen. Die Handlung ist teils schon sehr klischeehaft und vorhersehbar. Immerhin findet der Film auch immer wieder ruhigere Zwischentöne – immer dann, wenn er sich auf die unbeholfenen Versuche Rockys, seiner Adrian ein schönes Leben zu ermöglichen, konzentriert. Insofern hat auch die Fortsetzung ihre guten Momente. Der Endkampf ist dramatisch und visuell ansprechend inszeniert, auch wenn mir persönlich das Ende dann doch etwas zu viel des Guten war.


6,0
von 10 Kürbissen