Regie: Aki Kaurismäki
Original-Titel: Rikos ja Rangaistus
Erscheinungsjahr: 1983
Genre: Krimi, Drama
IMDB-Link: Rikos ja Rangaistus
Sich als Debütfilm die Verfilmung des bekanntesten Dostojewski-Wälzers „Schuld und Sühne“ vorzunehmen, erfordert schon eine gewisse Selbstsicherheit. Kaurismäki scheint diese jedenfalls zu haben. Schon sein erster Langfilm weist die für Kaurismäki typische Lakonie auf. Raskolnikow, der Russe, wird in der modernen Adaption zum Finnen Rahikainen, die Pfandleiherin, in der Raskolnikow die „Laus“ sieht, die man beseitigen darf, zum Industriellen Honkanen, die Motive verlagern sich ein wenig von der Rechtfertigung eines Mordes aus „Übermenschen-Sicht“ zu persönlicheren Hintergründen, die zufällig hinzugestoßene Augenzeugin (im Roman die Schwester des Mordopfers, im Film die Mitarbeiterin eines Catering-Service) wird bei Kaurismäki verschont – die Interpretation des Romans ist sehr frei, was Kaurismäki erlaubt, seinen eigenen, ganz persönlichen Blick auf die Frage nach Moral, Verbrechen und Strafe zu werfen. Wie auch Dostojewskis Raskolnikow plagt den „zufälligen“ Mörder Rahikainen (sehr eindringlich gespielt von Markku Toikka) bald schon das Gewissen. So kaltblütig wie in der Theorie ist der Mensch nun doch nicht. Und auch das Katz-und-Maus-Spiel mit den Ermittlern rückt immer mehr in das Zentrum der Handlung. Dabei bleibt Kaurismäkis Blick aber – wie für ihn üblich – distanziert. Was im Gegensatz zu seinen späteren Werken noch fehlt, ist der für ihn typische lakonische Humor. Allein der grandiose Matti Pellonpää in einer Nebenrolle sorgt für gelegentliche Auflockerung. Ansonsten ist „Crime and Punishment“ eine sehr ernsthafte Angelegenheit, die stellenweise auch etwas mühsam wird mit ihrem langsamen Tempo und der Distanz, die sich zwischen Protagonisten und Zusehern aufbaut. Es ist eben doch nicht so einfach, eines der psychologisch ausgefeiltesten Werke der Literaturgeschichte auf 1,5 Stunden Filmrolle zu packen. Aber allein schon für das mutige Unterfangen, den respektvollen, aber sehr eigenen und selbstsicheren Umgang mit dem Stoff und der Tatsache, dass Kaurismäki daran zumindest nicht gescheitert ist, gebührt dem Mann Applaus.
6,0
von 10 Kürbissen